Profis 22.05.2024 - 10:30 Uhr
"Verrückte drei Monate" einer besonderen Saison
In einer Medienrunde blickten Sportvorstand Christian Heidel, Sportdirektor Martin Schmidt und Cheftrainer Bo Henriksen auf die am letzten Spieltag mit dem Klassenerhalt beendete Spielzeit und ihre zahlreichen Facetten zurück
Kurz vor Beginn der Medienrunde zum Abschluss der gerade zu Ende gegangenen Saison 2023/24 hatten Christian Heidel und Martin Schmidt noch eine wichtige Personalie mit Blick auf die 16. Saison in Folge für Mainz 05 in der Fußball-Bundesliga besiegelt. Nadiem Amiri, eine der Mainzer Schlüsselfiguren in der erfolgreichen Jagd auf den Klassenerhalt, hat seinen Vertrag vorzeitig bis 2028 verlängert. "Die vergangene Saison gehört zu den emotionalsten meiner Karriere", hatte Amiri erklärt und auch Heidel, Schmidt, sowie Cheftrainer Bo Henriksen stimmten in der Retroperspektive dem Mittelfeldspieler klar zu, dass eine ganz besondere Spielzeit hinter den Rheinhessen liegt. "Eine, die ich nie vergessen werde ", so der Sportvorstand.
Und das in vielerlei Hinsicht: Erst am letzten Spieltag in Wolfsburg machte der FSV mit dem ersten Auswärtssieg der Saison nach einer sensationellen Aufholjagd unter Henriksen den Klassenerhalt klar. Mit Bo Svensson, Jan Siewert und Henriksen standen drei Cheftrainer an der Seitenlinie. Und im Endspurt mit neun Spielen ohne Niederlage stemmte der FSV nicht nur den sportlichen Teil. Unter dem Motto "Niemals Aufgeben" gelang gleichzeitig der für die besondere Stimmung nötige Schulterschluss zwischen Fans und der Mannschaft, Verein und der ganzen Stadt. "Diese Atmosphäre hat eine elementar wichtige Rolle gespielt", so Heidel. "Wir alle haben unheimlich viel gelernt aus dieser Rückrunde. Diese Stadt ist auf einmal wieder zusammengewachsen. Das hat am Ende richtig Spaß gemacht. So ein Spiel wie in Wolfsburg könnte ich öfter erleben. Diese Atmosphäre war sehr besonders, diese Saison war besonders. Es ist wieder etwas entstanden."
Eine ganze Stadt aufgeweckt
Nach dem 1:3 beim VfB Stuttgart sah es tabellarisch und stimmungstechnisch mit 12 Punkten nach 21 Spieltagen gar nicht gut aus. Nach dem Aus von Svensson, dem mehr und mehr die Power gefehlt hatte, das Team wieder in die Erfolgsspur zu bringen, stabilisierte Siewert die 05ER zwar vor allem defensiv, doch die Erfolgserlebnisse blieben größtenteils aus. Das Spielglück fehlte und großes Verletzungspech machte die Aufgabe nicht leichter. In dem ersten Halbjahr sei er schon ein bisschen gealtert, gab der Mainzer Sportvorstand zu.
Doch dann kam Henriksen an den Bruchweg. Der Däne zog nicht nur Heidel, sondern auch die Mannschaft, die Fans und gleich eine ganze Stadt direkt in seinen Bann, mit seiner ansteckenden Art voll positiver Energie, Mut und Optimismus. "Der Kader war Ende Januar komplett, als alle Verletzten zurückkamen und wir Amiri verpflichtet haben. Dann brauchten wir noch einen von außen, einen Impuls, eine Energiequelle, jemand, der die Köpfe wieder aufrichtet und unbeschwert reingehen konnte." Heidel und Schmidt fanden den Dänen beim FC Zürich in der Schweiz und lotsten ihn nach Mainz. Ab dem Heimspiel gegen Augsburg hatten die 05ER das Momentum auf ihrer Seite, verloren nur noch zwei Spiele in München und Leverkusen.
"Auf dieser Kultur müssen wir weiter aufbauen"
Was Henriksen aufgrund seiner schier unerschöpflichen Energie fast einfach aussehen ließ, war das Ergebnis harter Arbeit in jeder Sekunde, jeder Trainingseinheit und jeder Spielminute auf dem Platz. "Es war hart", gab der Däne zu. "Wir waren so lange unter Druck. Aber Teil einer Gruppe zu sein, die zusammen den Klassenerhalt geschafft hat, mit dem Team, Staff und der ganzen Stadt, hat Spaß gemacht. aber es hat auch viel Energie gekostet. Das waren verrückte drei Monate. Aber wir haben viel entwickelt in den 13 Spielen. Es ist ein andauernder Prozess", sieht Henriksen noch jede Menge Potenzial. "Am wichtigsten ist unsere DNA, die hier seit vielen Jahren besteht, dieser Power-Fußball. Auf dieser Kultur müssen wir weiter aufbauen, denn sie gehört zum Klub. Wir sind auf einem guten Weg."
Kaderplanung läuft, Vorfreude ist da
In rund drei Monaten geht es wieder von vorne los. "So ist das als Fußballtrainer. Diese Gefühle und Emotionen, die man zusammen erlebt. So bekommt man die Energie wieder zurück", zeigte sich Henriksen schon drei Tage nach Saisonende wieder voller Tatendrang für die Vorbereitung und die neue Spielzeit. Gemeinsam haben die sportlich Verantwortlichen bei den Rheinhessen schon die Köpfe zusammengesteckt, um den Kader für die kommende Saison weiter zu planen. Er soll auch weiterhin maximal 23 Feldspieler und drei Torhüter umfassen. Neben der bereits geklärten Personalie Nadiem Amiri stehen in der kommenden Zeit weitere Gespräche an. Zum Beispiel mit Sepp van den Berg, der zum unumstrittenen Abwehrchef avancierte und den die 05ER gerne weiterverpflichten möchten. "Natürlich wird es Veränderungen geben, das ist normal im Fußball", so Henriksen, der bereits jetzt großes Vertrauen in seinen Kader hat. "Wir könnten morgen Bundesliga spielen und sind jetzt schon sehr weit", ergänzte Heidel. Das Spielerprofil von Leo Barreiro, der den Verein nach acht Jahren verlässt, zu ersetzen, werde aber herausfordernd.
Dieser Aufgabe stellt man sich, so wie auch allen anderen Herausforderungen, die man in Mainz schon immer gemeinsam gemeistert hat. "Alle Mainzer können stolz darauf sein. Wir wollen das Gefühl in die neue Saison transportieren", so Heidel.