Profis 30.01.2021 - 15:30 Uhr
Selbstkritik & lange Mängelliste
Nach einer ordentlichen Anfangsphase zieht der VfB dem FSV in Durchgang zwei den Zahn: Svensson kündigt "knallharten" Umgang mit dem Auftritt seiner Elf an
Der Auftritt der 05-Profis beim VfB Stuttgart ließ am späten Freitagabend einen enttäuschten Cheftrainer zurück: "Ich finde, dass die Leistung ein Rückschlag ist", gab Bo Svensson zu Protokoll. "In Teilen des Spiels fand ich, dass wir uns so nicht präsentieren können. Da müssen wir knallhart mit umgehen den Jungs gegenüber und ihnen zeigen, was hier gefordert wird." In zu vielen Schlüsselmomenten hatten Ungenauigkeiten oder fehlende Konsequenz in der Zweikampfführung das Pendel zugunsten der Gastgeber ausschlagen lassen.
Die Anfangsphase des Auftakts zum 19. Spieltag war aus Sicht des FSV noch halbwegs nach Plan verlaufen. Die Mainzer hatten den Gegner hoch angelaufen, immer wieder in der eigenen Hälfte beschäftigt und so nur selten einen strukturierten Spielaufbau der Schwaben zugelassen, wie auch der Chefcoach beobachtet hatte. In der ersten Halbzeit sei es ein "enges Spiel" gewesen. "Da haben wir es versäumt, aus guten Balleroberungen und Umschaltaktionen Torchancen zu kreieren, weil wir zu unsauber gespielt haben", analysierte der Däne.
14 Ballgewinnen der 05ER in des Gegners Hälfte standen nach 90 Minuten nur deren sechs der Gastgeber gegenüber. Ein ordentlicher Wert, der jedoch keine Früchte getragen hatte, weil Torchancen aus dem Spiel heraus Mangelware geblieben waren bei den Gästen. Nur zwei Schüsse aufs Tor beziehungsweise vier Versuche im Strafraum der Stuttgarter belegen, dass die Rheinhessen viel zu selten Kapital hatten schlagen können aus dem aggressiven Anlaufverhalten und Ballgewinnen tief in der gegnerischen Hälfte. "Wir haben oft die falschen Lösungen gewählt oder die Technik hat gefehlt", so Svensson. "Diese Momente sind ein Schlüssel für unser Spiel. Wenn wir dadurch nicht mehr Gefahr entwickeln, ist klar, dass wir uns schwer tun." Insgesamt zu harmlos habe seine Elf agiert im letzten Drittel des Spielfelds. Kein Zufall, dass der besten Gelegenheit eine Standarsituation vorausgegangen war, als Karim Onisiwo einen Freistoß von Danny Latza an den Querbalken gesetzt hatte (61.).
Selbstkritische Profis
Doch nicht nur der Trainer, auch die tief enttäuschten Profis selbst unterfütterten die Analyse der Niederlage mit reichlich Selbstkritik. Neben der mangelnden Durchschlagskraft an vorderster Front, thematisierten sie auch fehlende Cleverness im Defensivverhalten:"Wir haben trotz guter Ballgewinne keine klaren Torchancen herausgespielt, schaffen es dann aber auch nicht, in solchen Spielen mal die Null zu halten. Das ist extrem enttäuschend und hat uns das Genick gebrochen", sagte Robin Zentner am Samstagvormittag gegenüber 05ER.tv. Eine gute Viertelstunde nach dem schwer zu verteidigenden und gleichzeitig sehenswerten Kopfballtreffer von Sasa Kalajdzic (55.) hatte der VfB die 05ER eiskalt und spielentscheidend ausgekontert. Stefan Bell (in seinem 200. Pflichtspiel-Einsatz für die 05-Profis) und Levin Öztunali hatten sich am gegnerischen Sechzehner gegenseitig behindert, der Ball war vor den Füßen von Silas Wamangituka gelandet, der sein 80-Meter-Solo wenig später mit dem 2:0-Endstand krönte. Mit der Entstehung dieses Treffers war Zentner allerdings überhaupt nicht einverstanden gewesen. "In dieser Situation müssen wir erkennen, dass es gefährlich werden kann und vielleicht frühzeitig foulen", so der Torhüter. Das taktische Foulspiel hätte auf Höhe der Mittellinie in der Tat Kevin Stöger ziehen können, ließ Wamangituka jedoch ziehen. Weil auch Jeremiah St. Juste in der Rückwärtsbewegung wohl einen Tick zu spät rausstach, um Druck aufzubauen, hatte der Top-Torjäger des VfB leichtes Spiel gehabt, die Nummer eins des FSV aus zwölf Metern zu überwinden. "Da müssen wir cleverer werden", fordert Zentner, gerade die entscheidenden Defensiv-Zweikämpfe wieder häufiger zugunsten des FSV zu entscheiden.
Auch Phillipp Mwene, der an seinem 27. Geburtstag zum vierten Mal in Folge in der Startelf gestanden hatte, kritisierte, dass es nicht gelungen sei, den Schwung aus den ordentlichen Auftritten der Vorwoche mitzunehmen und nachzulegen. Zwar hätten "Aggressivität, Intensität und Laufbereitschaft" gestimmt. "Aber ganz klar: Wir müssen uns mit Ball offensiv verbessern, müssen genauer werden, die Qualität im Passspiel muss besser werden, um zu Chancen zu kommen." Zentner befand in diesem Zusammenhang, dass sich die Kollegen in der Offensive "oft ein bisschen verdaddelt" hätten, statt zielstrebig den Abschluss zu suchen. Der Trainer ging anschließend noch auf ein, auch mit Blick auf die Spieldaten, offensichtliches weiteres Manko ein: Wenn man die Zweikampfquote (nur 40,5 Prozent hatte sein Team für sich entscheiden können) betrachte, so der 41-Jährige, sei das "in unserer Situation schon sehr dünn". So wartet auf die 05ER nach der 13. Saisonniederlage reichlich Arbeit. Es gilt, vor dem Duell mit Union Berlin am kommenden Samstagnachmittag, die richtigen Schlüsse zu ziehen aus dem "Rückschlag" von Stuttgart. Glücklicherweise gehört ein gelungener Umgang mit Nackenschlägen seit jeher zur Mainzer-Fußball-DNA. Und wer wüsste das besser als der Cheftrainer, der einst selbst sieben Jahre im 05-Trikot aufgelaufen war und dabei reichlich Höhen wie auch Tiefen miterlebt hatte?