Profis 01.12.2016 - 17:59 Uhr
"Vom Standby- in den Hochspannungsmodus"
Stephan Kuhnert & Toni Tapalovic über ihre Schützlinge Jonas Lössl & Manuel Neuer
Wenn die 05er am Freitagabend auf den FC Bayern München treffen, wird das Duell nicht nur auf dem Platz ausgetragen, wo sowohl Jonas Lössl als auch Manuel Neuer dafür sorgen wollen, dass ihr Team über 90 Minuten eine weiße Weste wahrt. Auf den Trainerbänken kommt es zum Wiedersehen zweier alter Bekannter, deren Wege sich einst am Bruchweg kreuzten. Vor der Saison 2010/2011 verpflichtete der 1. FSV Mainz 05 den damals 29-jährigen Toni Tapalovic als Ersatztorhüter. Unter seine Fittiche nahm ihn Stephan Kuhnert, seit 1998 und bis heute Torwarttrainer beim FSV. Zwar kam Tapalovic leidglich auf fünf Einsätze für die zweite Mannschaft in der Regionalliga - auch weil er sich im Oktober 2010 in einem Testspiel einen Innen- und Kreuzbandriss zuzog – und blieb nur ein Jahr am Bruchweg. Dennoch hält der Kontakt zwischen Kuhnert und dem Torwarttrainer des FC Bayern München bis heute. Während Kuhnert in den vergangenen Jahren Loris Karius zum gestandenen Bundesliga-Torwart machte, der seit diesem Sommer für den FC Liverpool zwischen den Pfosten steht, trainiert Tapalovic seit 2011 den inzwischen dreimaligen Welttorhüter Manuel Neuer.
Vor dem Duell der Klubs hat mainz05.de mit den beiden Torwarttrainern über die gemeinsame Zeit, ihre Schützlinge und die Veränderung hinsichtlich der Anforderungen an das moderne Torwartspiel gesprochen.
Toni Tapalovic über Stephan Kuhnert
Ein super Typ, zu dem ich heute noch regelmäßig Kontakt habe. Wir telefonieren oft und tauschen uns aus. Ich habe von Kuhnert viel gelernt und es ist immer wieder schön, ihn rund um unsere Spiele zu treffen. Und die Karriere von Loris Karius bis hin zur Nummer eins von Liverpool und die vielen anderen Talente wie Lössl und Huth zeigen, dass er ein sehr gutes Händchen für Torhüter hat.
Stephan Kuhnert über Toni Tapalovic
Niko Bungert hat ihn damals zum Probetraining hier am Bruchweg gebracht. Es hat Riesenspaß gemacht, Toni zu trainieren. Ich musste ihn richtig quälen, damit er mal zufrieden war. Leider hat er sich dann schwer verletzt und wenig spielen können. Das Angebot von Bayern München konnte er natürlich nicht ablehnen und hat dort bereits einige tolle Trainer kennenlernen dürfen. Trotz der kurzen Zeit, die er in Mainz verbracht hat, stehen wir bis heute regelmäßig im Austausch.
Toni Tapalovic über sein Jahr in Mainz
Ich hatte 2010 die Chance, in Mainz dritter Torhüter zu werden, Trainer Tuchel und Manager Heidel hatten mit mir geplant, mir das Vertrauen geschenkt. Als ich mich damals schwer am Knie verletzt habe, ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Danach war ich während der mehrere Monate andauernden Reha zum Zuschauen verurteilt. Nach der Saison kam dann das Angebot aus München, Manuel Neuer zu trainieren. Ihn kannte ich aus gemeinsamen Schalker Zeiten.
Toni Tapalovic über über Jonas Lössl
Dafür, dass es seine erste Bundesliga-Saison ist, macht er seine Sache ganz gut und hat sich durchgesetzt. Jetzt muss er dranbleiben und dem Druck der Konkurrenz auch standhalten.
Stephan Kuhnert über Manuel Neuer
Sicherlich musste er auch erst lernen, was es bedeutet, bei Bayern München im Tor zu stehen. Er ist jemand, der immer eingreifen will und extrem agil ist. In München musste er auch erstmal lernen, die Füße still zu halten, weil er oft wenige Bälle zu halten hat. Aber natürlich hat er alles, was ein kompletter Torwart braucht, ist stark in eins-gegen-eins-Situationen, bei Flanken oder auch in der Spieleröffnung. Zudem ist er einzigartig in seiner Art, auch in kritischen Momenten Ruhe zu bewahren und hat eine super Ausstrahlung. Er hat sich ein Standing erarbeitet, was extrem wichtig für einen Torwart ist. Ich hoffe dennoch, dass er sich vielleicht an seine letzte Niederlage in Mainz im Jahr 2011 erinnert, als Marco Caligiuri ihm ein richtiges Ei reingelegt hat.
Toni Tapalovic über das moderne Torwartspiel
Es hat schon eine Entwicklung stattgefunden, keine Frage. Die modernen Torhüter spielen mehr mit, werden mehr mit einbezogen. Sie müssen sich dem Team anpassen, egal, ob es hoch oder tief verteidigt.
Stephan Kuhnert über das moderne Torwartspiel
Die größte Veränderung für das Torwartspiel war die Einführung der Rückpassregel. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, dürfte der Torwart den Ball noch in die Hand nehmen. Zudem ist das Spiel ist viel schneller geworden, dadurch das mehr Bälle um das Spielfeld herum vorhanden sind. Man darf zu keinem Zeitpunkt abschalten. Selbst wenn man 80 Minuten nicht gefordert wird, muss man hellwach sein, um vielleicht den einen entscheidenden Ball zu halten. Da geht es auch darum, aus dem Standby- in den Hochspannungsmodus schalten zu können. Darüber hinaus müssen Torleute heutzutage viel für die Spieleröffnung tun und auch mit dem Fuß gut am Ball sein.
Stephan Kuhnert über Jonas Lössl
Er ist sehr ehrgeizig und will sich täglich verbessern. Er geht in jedes Spiel mit viel Mut und verarbeitet auch Fehler schnell. In der Trainingsarbeit sehe ich bei ihm eine gute Entwicklung. Er hat bereits einige gute Spieler gemacht und auch mal Fehler wie gegen Freiburg. Aber das gehört dazu, sie gilt es schnell zu verarbeiten. Jonas hat nach dem Patzer den Kopf oben behalten und in der Nachspielzeit den Sieg gerettet. Sein Standing muss er sich noch ein Stück weit erarbeiten, aber die Fans haben da ein gutes Gespür, so dass er auch immer selbstbewusster auftritt. Wir werden ihn gegen die Bayern über 90 Minuten in Topform brauchen, um die Punkte hierbehalten zu können.