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14.09.2020 - 19:05 Uhr

Von Jungs für Jungs – "Fußball findet auch im Kopf statt"

Neuerscheinung rund ums NLZ des FSV: "Fußball findet auch im Kopf statt" erscheint im Ullstein Verlag

Ridle Baku gelang beim Bundesliga-Debüt gegen RB Leipzig (3:0) 2018 gleich sein erster Bundesliga-Treffer.

Zahlreiche persönliche Anekdoten rund um das Geschehen hinter den Kulissen des Nachwuchsleistungszentrums am Bruchweg zeichnen die Geschichten aus. Zu Wort kommen neben 05-Aushängeschild Ridle Baku auch potenzielle Nachfolger, für die der Profifußball noch ein ferner Traum ist. Das Gemeinschaftsprojekt richtet sich aber nicht nur an Fußballbegeisterte, sondern ist Teil diverser Projekte der Nele-Neuhaus-Stiftung zur Lese-, Schreib- und Sprachförderung.

Wie kann man mehr Jungen fürs Lesen begeistern? Mit Fußball natürlich! So der Gedankengang von Matthias Knöß, dem Vorstandsvorsitzenden der Nele-Neuhaus-Stiftung. Die Organisation unterstützt schon seit vielen Jahren Projekte zur Lese-, Schreib- und Sprachförderung bei Kindern und Jugendlichen. Doch bisher sind es eher die Mädchen, die an den Veranstaltungen und Schreib-Wettbewerben teilnehmen.

Mit „Fußball findet auch im Kopf statt“ soll sich das nun ändern. Das Buch ist ein Gemeinschaftsprojekt des 1. FSV Mainz 05, Hauptsponsor Kömmerling sowie der Nele-Neuhaus-Stiftung. Die Idee dahinter: nicht die großen Stars zu Wort kommen lassen, sondern die, die in ihre Fußstapfen treten und eines Tages Fußballprofi werden wollen. Jungs schreiben für Jungs, sozusagen. Ein Jahr lang wurden elf Spieler aus dem Mainzer Nachwuchsleistungszentrum begleitet. Sie berichten aus ihrem Alltag, von Schule, Training und Wettkampf, aber manchmal auch davon, wie es ist, fern von Familie, Freunden und Heimat für den großen persönlichen Traum zu arbeiten.

Erhältlich in den 05-Fanshops

Dabei erzählen sie unterhaltsame Anekdoten, so wie beispielsweise der 16-jährige Leon Hoffmann, der im Tor spielt, und sagt, dass es schon nervig ist, wenn man als Torwart wenig zu tun bekommt, besonders im Winter, denn dann wird es schnell kalt. Oder wie Niklas Dossmann, der aus einem Vorort von San Francisco kommt, und sich in Mainz erst einmal daran gewöhnen musste, dass es in Deutschland für die Mannschaften Kabinen gibt, in denen man sich umziehen und duschen kann und man dafür nicht erst nach Hause fahren muss. Und der aus diesem Grund zu Beginn immer wieder vergessen hat, Handtücher mit zum Training zu bringen.

In kurzen Steckbriefen verraten die Spieler zudem, wer ihr großes fußballerisches Vorbild ist, aber auch, welche Serie oder welchen Film sie am liebsten schauen.

Auch ernste Themen kommen zur Sprache. So berichtet der 15-Jährige Armend Qenaj davon, dass er zwar unglaublich stolz darauf ist, dass er sowohl von der deutschen als auch von der kosovarischen Nationalmannschaft eingeladen wurde und in den Jugendmannschaften spielen durfte. Doch er fürchtet den Tag, an dem er sich für eine der Mannschaften wird entscheiden müssen. „Ich fühle mich deutsch und kosovarisch, wie soll ich mich für oder gegen ein Land entscheiden, wenn doch beide meine Heimatländer sind? Leider komme ich irgendwann um eine Entscheidung nicht herum. Das wird dann ein schwerer Tag für mich werden“, schreibt der Nachwuchskicker.

Tristan Mohn, Torhüter in der U19, erzählt offen darüber, wie wichtig es sein kann mit einem Sportpsychologen zusammenzuarbeiten, wenn man eine schwierige sportliche oder persönliche Phase durchlebt. „Es wäre schön, wenn mit diesem Thema etwas offener umgegangen würde. Gleichzeitig kann ich die Sorgen der Spieler verstehen, die nicht möchten, dass es jeder mitbekommt, denn viele haben Angst, dass man dies direkt mit Schwäche gleichsetzen würde. Für mich ist es allerdings ein Zeichen von Stärke, wenn man darüber sprechen kann und dazu steht und vor allem über sich selbst reden kann“, schreibt der 18-Jährige.

Solche Momente machen das Buch besonders und laden die kleinen (und großen) Leser ein, nicht nur über den geliebten Fußball, sondern auch über Aspekte nachzudenken, die mit dem Sport verknüpft, aber vielleicht auf den ersten Blick nicht so ersichtlich sind.

Auch Ridle Baku, ein weiterer waschechter 05ER, kommt zu Wort. Er hat in der U10 von Mainz 05 angefangen und inzwischen 48 Bundesliga-Spiele absolviert. Baku steht für den Weg, den die anderen Nachwuchskicker ebenfalls gehen wollen. „Ich bin das, was man ein ‚Mainzer Eigengewächs‘ nennt“, schreibt der 22-Jährige humorvoll in seinem Beitrag. Er erzählt davon, wie er sich zunächst an die Regeln gewöhnen musste, die den Fußball im Verein vom kicken auf der Straße unterscheiden, wie es ab der U15 so langsam ernst und der Konkurrenzkampf zunehmend härter wurde. Und natürlich davon, wie er die ersten Male mit den Profis trainieren durfte. Aber er erinnert auch daran, wie lang und beschwerlich dieser Weg war: „Hier im Buch sind das nur ein paar Sätze, in der Realität waren es Jahre! Man muss also nicht nur fleißig sein, sondern auch sehr ausdauernd“, betont Baku und versucht sich an der Formel für den Weg zum Bundesligaprofi: „Ich würde als Formel siebzig Prozent harte Arbeit, zwanzig Prozent Talent und zehn Prozent Glück festlegen“, sagt er und verrät auch gleich, dass er aus diesem Grund eher ein Fan von Cristiano Ronaldo als Lionel Messi ist. „Messi hat eine Gabe, die man nicht erlernen kann. Man kann so viel arbeiten, wie man möchte, und würde es trotzdem nicht so hinbekommen wie er. Bei Ronaldo ist es in meinen Augen Talent und harte Arbeit, wobei die harte Arbeit überwiegt.“

Weil die jungen Spieler offen und ehrlich ihre Geschichten erzählen, ist mit „Fußball findet auch im Kopf statt“ ein spannender Einblick in die Welt des Nachwuchsleistungssports entstanden, der von den Höhen und Tiefen, den Erfolgen und Niederlagen auf dem Weg zum Profifußballer erzählt.

Und wer noch einen Tipp für den nächsten Filmabend braucht: der Lieblingsfilm von Ridle Baku ist „Das Streben nach Glück“. Er hat es bei seinem Heimatverein gefunden.

"Fußball findet auch im Kopf statt" (Herausgegeben von Matthias Knöß) ist seit Montag im Ullstein Verlag erhältlich. 

Dieser Text erschien zuerst im "Nullfünfer", der Monatsbeilage des FSV im Mainzer Wochenblatt. Zur Ausgabe steht hier als PDF-Download zur Verfügung.