Profis 29.12.2022 - 17:10 Uhr
Wetklo: "Immer geglaubt, im richtigen Verein zu sein"
Der langjährige FSV-Schlussmann blickt auf seine Karriere zurück
Christian Wetklo wechselte im Jahr 2000 als 20-Jähriger von Rot-Weiß Essen zu den Amateuren des 1. FSV Mainz 05. In seinen ersten fünf Jahren gewann der Schlussmann jeweils den Südwestpokal und stieg 2003 mit dem Oberligateam in die seinerzeit noch drittklassige Regionalliga auf. Insgesamt gehörte "Wetti", wie er am Bruchweg stets genannt wurde, 360-mal zum Pflichtspielkader der 05ER und kam zu 114 Bundesliga-Einsätzen für die FSV-Profis, mit denen er zweimal in die Fußball-Bundesliga aufstieg. "Es kann immer nur ein Torwart spielen. Ich glaube, ich war bei 300 Mainzer Pflichtspielen dabei", unterschätzt Wetklo seine 05-Bilanz rückblickend sogar leicht und betont: "Das sehe ich immer noch als Erfolg an." Heute ist der gebürtige Gelsenkirchener als Torwarttrainer der U23 des FC Schalke 04 tätig, wo er seine Karriere 2017 beendet hatte.
Pokalspiel gegen Gladbach als Bewerbungsschreiben
Erstmals richtig aufgefallen war Wetklo in seinem ersten DFB-Pokalspiel für die 05-Amateure gegen Borussia Mönchengladbach im August 2001. Zwar mussten sich die Rheinhessen im Elfmeterschießen mit 2:4 geschlagen geben, über 120 Minuten hatte Wetklo jedoch die Null gehalten und war der beste Mann auf dem Platz. Ziemlich genau ein Jahr später durfte der FSV-Keeper dann erstmals für die Profis ran, als er im Pokalduell mit der SpVgg Unterhaching zwischen den Pfosten stand.
Auf sein Ligadebüt musste der Schlussmann allerdings noch mehr als zwei Jahre warten. Erst als Stammkeeper Dimo Wache im Februar 2005 beim Spiel gegen Arminia Bielefeld zur Halbzeit ausgewechselt werden musste, kam Wetklo erstmals in der Bundesliga zum Einsatz - und hielt das 0:0 fest. Gegen Ende der Saison 2004/05 vertrat er Wache noch einmal für einige Wochen und stand in sechs Partien in der Startelf.
Königsklasse in Gelsenkirchen & Aufstieg mit 05
Später lieferte sich Wetklo einen Zweikampf mit Herausforderer Heinz Müller, der eine herausragende erste Saison spielte, dieses Niveau aber anschließend nicht halten konnte. 84 Einsätze konnte Wetklo nach dem Wiederaufstieg in der Bundesliga 2009 verzeichnen, Müller kam auf 64. Zur Saison 2014/15 wechselte der damals dienstälteste 05-Spieler dann zu Schalke 04 - und erlebte dort noch einige Höhepunkte. "Man rechnet eigentlich nicht damit, wenn man mit 34 zu Schalke wechselt, dass man nochmal in der Champions League im Achtelfinale steht und im Santiago Bernabeu gegen Cristiano Ronaldo und Co. mit 4:3 gewinnt, auch wenn es nur auf der Bank war", schwärmt der Ex-Torhüter von den letzten Jahren seiner aktiven Karriere.
"Die größten Highlights waren ansonsten natürlich die beiden Aufstiege mit Mainz 05. Aber auch die Erfolge mit der U23 waren Höhepunkte für mich, die ich nicht vergessen werde und an die ich immer wieder denke", sagt er. Insgesamt sei die erste Zeit in Rheinhessen bei der FSV-U23 eine besondere gewesen und speziell an jenes Pokalspiel gegen Gladbach erinnert sich der Ex-Keeper gerne. "Wir sind als Oberligist bis ins Elfmeterschießen gekommen und ich habe vielleicht das Spiel meines Lebens gemacht. Vielleicht habe ich damals einigen gezeigt, dass ich doch mehr kann, als viele gedacht haben."
Gute Erinnerungen an die Bruchweg-Zeit
Die Zeit am Bruchweg lässt Wetklo gerne Revue passieren: "Mit ein paar Jahren Abstand sage ich, dass manches sicher gerecht war, anderes nicht. Ich bin heute selbst Trainer und weiß, dass es nicht immer einfach ist, wenn man entscheiden muss, welche Spieler man aufstellt. Ich glaube, dass ich in den ersten Jahren als junger Spieler unter Jürgen Klopp mehr Spielzeit verdient gehabt hätte, als ich bekommen habe. Trotzdem habe ich immer geglaubt, dass ich im richtigen Verein bin", erläutert der Ex-Keeper.
"Im Nachhinein hat die Zeit mir rechtgegeben. Mein Opa hat immer gesagt: `Junge, du weißt, was du hast, aber nie was du bekommst.` Ich wusste immer, was ich bei Mainz 05 habe. Ich hatte mit Stephan Kuhnert immer einen Befürworter und guten Trainer, der mir das Gefühl gegeben hat, dass ich erwünscht bin, dass ich gebraucht werde. Auch deshalb habe ich mich in der Mainz-05-Familie immer gut aufgehoben gefühlt", blickt der 42-Jährige zurück.
Fußballromantiker Wetklo und Kuhnert
Wetklo ist sich bewusst, dass er mit seiner Art polarisiert hat. "Entweder haben die Leute mich gemocht oder gehasst. Wenn es schlecht lief bei uns, haben die Leute oft gesagt. `Wir brauchen einen, wie den Wetklo.` Wenn es gut lief, waren es dann weniger. Letztendlich ist es so, dass ich morgens in den Spiegel gucken und sagen kann: `Junge, so viel hast du nicht falsch gemacht in deinem Leben`", berichtet der Ex-05ER.
Mainz 05 habe er "alles zu verdanken", wie er im jüngsten Interview vor dem FSV-Gastspiel bei seinem aktuellen Arbeitgeber Schalke 04 zu Protokoll gab. Im Rahmen dieses Spiels, welches die Mainzer mit 0:1 verloren, hat sich der ehemalige FSV-Keeper auch mit seinem einstigen Lehrmeister und Vertrauten Kuhnert ausgetauscht, der auch heute noch als Torwart-Trainer beim FSV tätig ist, wie Wetklo einst im Mainzer Tor stand und mit 242 Zweitligaspielen zur 05-Legende wurde.
"Wir haben über die alten Zeiten geredet und waren uns einig, dass wir beide noch immer Fußball-Romantiker sind", berichtet Wetklo. "Wir sind noch auf der Straße großgeworden und sind seit ewigen Zeiten dabei. Ich war 16 oder 17 Jahre lang in dem Geschäft, 14 Jahre bei Mainz 05. Wir haben Bundesliga gespielt, aber waren doch keine Stars. Bei mir hat sich das angefühlt, als wenn ich immer Amateur-Spieler gewesen wäre. Es war nie so wie bei anderen Vereinen, wo alles nochmal viel größer ist", schaut der frühere 05-Profi auf seine Karriere zurück.