Profis 09.11.2022 - 15:00 Uhr
Wetklo: Mainz 05 alles zu verdanken
Der Ex-05-Keeper arbeitet heute im Schalker NLZ, nimmt sich Zeit für die Familie und prognostiziert ein enges Spiel zwischen seinen beiden Herzensvereinen
Christian Wetklo ist privat mit dem Auto unterwegs als das Telefon klingelt. Der Torwart-Trainer der U23 des FC Schalke 04 wirkt entspannt, wie man ihn kennt, hat Zeit und Lust zu reden. Und das, so weiß jeder, der mit dem früheren Mainzer Bundesliga-Torwart zu tun hatte, sind dann keine Gespräche, die ruckzuck zu Ende sind. Der Mann aus dem Ruhrgebiet erzählt gerne und ausgiebig, ist nie um einen Spruch oder ein Bonmot verlegen. Wetklo, der in über 140 Pflichtspielen für den FSV zwischen den Pfosten stand und auf insgesamt rund 360 Kader-Nominierungen in 05-Pflichtspielen kommt, freut sich natürlich auf das Aufeinandertreffen seiner beiden Herzensvereine am Mittwochabend (20:30 Uhr, live aus SKY & 05ER.fm) in der Veltins Arena im vorletzten Bundesligaspiel des Jahres, bevor es in die lange Winterpause geht.
Geballte Kompetenz im Trainerstab
Wetklos eigene Mannschaft, das Schalker U23-Team, hat am Wochenende in der Regionalliga West einen 8:2-Erfolg beim 1. FC Bocholt eingefahren und sich mit 24 Punkten auf Platz sechs der Tabelle gesetzt. Entsprechend gut ist die Laune des Torwart-Trainers, der seit 2015 als Coach in der "Knappenschmiede", wie das Schalker Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) genannt wird, arbeitet.
Sieht man sich Kader und Mannschaftsbild der S04-U23 einmal genauer an, stellt sich dem Betrachter aufgrund der Zusammensetzung des Trainerstabes sofort die Frage, wie ein Spiel des Trainerstabs gegen die aktuelle Mannschaft enden würde. "Von der Fitness her haben wir absolut keine Chance. Die Jungs sind alle viel zu schnell für uns", erklärt Wetklo. "Ich glaube aber, dass sie enorm von unserer Erfahrung profitieren. Das ist schon Wahnsinn, wen wir da alles aufbieten. Ich denke, das ist einmalig in Deutschland, wir haben die Torhüter-Position sogar doppelt abgedeckt", erzählt der Ex-Profi, der mit seinem ehemaligen Keeper-Kollegen Mathias Schober nicht nur einen weiteren Torhüter-Trainer an seiner Seite hat, sondern auch den Direktor Knappenschmiede und Entwicklung. "Mit Thomasz Waldoch haben wir den Abwehrchef als Co-Trainer, mit Willi Landgraf einen Mittelfeld-Fachmann und ganz vorne den Angriffstrainer Martin Max", zählt Wetklo auf.
Die geballte Kompetenz der Ehemaligen im Stab von Trainer Jakob Fimpel scheint sich zu lohnen. "Die Entwicklung ist sehr positiv, wir haben nur zu wenig Punkte dafür, wie wir gespielt haben", sagt Wetklo. "Wir könnten locker mit Preußen Münster um den Aufstieg mitspielen, waren aber mit unseren jungen Spielern anfangs nicht effektiv genug, haben Lehrgeld bezahlt, weil wir nicht schlau genug agiert haben. Jetzt sind wir aber auf einem richtig guten Weg und spielen eine gute Rolle", zeigt sich der ehemalige 05ER zufrieden mit der Entwicklung seiner Mannschaft.
"Tolle Aufgabe" in der Knappenschmiede
Wetklo wirkt zufrieden mit sich und seiner Aufgabe im Klub. "Ich kann mich nicht beklagen", sagt er. "Neben Mainz 05 war Schalke für mich der einzige Verein, der in Frage kam. Und das Gefühl hat sich auch bewahrheitet. Mainz 05 und Schalke 04 sind meine beiden Vereine. Ich bin in Gelsenkirchen aufgewachsen, meine ganze Familie und mein komplettes Umfeld wohnt hier. Ich habe in der Jugend bei Schalke gespielt und es war immer mein Traum, zurückzukehren. Das habe ich 2014 geschafft und noch ein Jahr als Profi gespielt. So, wie ich es mir erträumt hatte", so der langjährige Mainzer.
"Nach der Karriere im Nachwuchsbereich zu arbeiten, in der Knappenschmiede, das war immer mein Ziel, weil ich mich im Profibereich nicht sehe", erläutert Wetklo weiter. Der ganze Aufwand, der betrieben werden müsse, sei nicht so seins. "Ich war lange genug Profi, um das zu wissen. Das ganze Pensum, auch als Trainer, ist ja nochmal viel mehr geworden als zu meiner Zeit. Ich habe nicht die Sehnsucht, im Profibereich als Trainer zu arbeiten. Da wo ich jetzt bin, fühle ich mich pudelwohl. Das ist genau das, was ich mir vorgestellt hatte", so der Schalker Torwart-Trainer. Mit dem Nachwuchs zu arbeiten, mit der U23, Talente zu sichten und auf das nächste Level zu heben, sei eine "tolle Aufgabe". Das heißt nicht, dass Wetklo nicht ausgiebig verzahnt wäre im Klub und nicht häufig mit den Schalke-Profis zu tun hätte. Er sei permanent im Austausch mit dem Torwart-Trainer der Profis, Simon Henzler.
Zwei Herzen in der Brust
Er genieße es jedoch als Coach in der Regionalliga, auch weil er am Wochenende dadurch öfter zu Hause sei. "Es ist schön hier im Westen in der Regionalliga, wir liegen örtlich sehr gut. In Bocholt haben wir gleich um die Ecke gespielt, haben nur mit Aachen und Rödinghausen zwei Fahrten, die etwas länger sind. Ansonsten ist es immer unter einer Stunde Fahrzeit. Mein Großer ist mittlerweile 18, um den brauche ich mich nicht mehr so zu kümmern, aber Levano ist jetzt 14 geworden, da macht es Spaß, am Wochenende mal etwas gemeinsam zu unternehmen", erläutert Wetklo die Vorzüge der Arbeit im Nachwuchsbereich. Romano, der ältere Sohn, sei Torwart und spiele in der U19 vom SV Schermbeck, gehöre aber auch schon zum Kader des Westfalen-Oberligisten. "Ich habe mich dazu bereit erklärt, so wie es meine Zeit zulässt, Torwart-Training mit dem Oberliga-Team zu machen. Auch da bin ich absolut mit Herzblut dabei. Was habe ich mein Leben lang gemacht? Fußball gespielt. Nichts anderes. Von daher kann ich meine Erfahrung weitergeben und gehe in dieser Aufgabe auf", bleibt der Ex-Torwart dem Sport auch nach dem Karriereende weiter verbunden.
Beim Spiel seiner beiden Ex-Klubs am heutigen Mittwochabend glaubt Wetklo indes an die Königsblauen. "Die letzten Auftritte stimmen mich positiv", erklärt er. "Man muss ganz klar sagen, dass zuletzt in Bremen mehr drin war, sie hätten mindestens einen Punkt verdient gehabt. Man sieht die positive Entwicklung unter Thomas Reis und ich glaube, dass es heute ein Spiel auf Augenhöhe wird. Ich habe ein gutes Gefühl, dass unsere Profis einen Tick vorne sind, und traue uns zu, Mainz zu schlagen", prognostiziert Wetklo den ersten Schalker Sieg unter Reis.
Es würden dennoch zwei Herzen in seiner Brust schlagen, denn Wetklo hängt auch an seinem Ex-Verein aus Rheinhessen. "Alles, was ich erreicht habe und wie ich mich als Mensch entwickeln konnte, habe ich Mainz 05 zu verdanken, Stephan Kuhnert, den Trainern, die ich hatte, den ganzen Leuten drumherum, den Mitarbeitern. Mainz wird immer in meinem Herzen bleiben. Meine Frau und ich haben schon beschlossen, dass es unser Ziel ist, nach Mainz zurückzukehren, wenn die Kinder auf eigenen Beinen stehen, und uns dort sesshaft zu machen. Meine Frau vermisst Mainz immer noch, wäre am liebsten nie weggegangen. Und wenn nicht gerade Schalke gekommen wäre, wäre ich von allein auch nicht gegangen“, fühlt sich die Familie Wetklo noch immer mit ihrer alten und möglicherweise zukünftigen Heimat verbunden.