Profis 22.07.2021 - 12:10 Uhr
Widmers atypischer Karriereweg
Der Schweizer Neuzugang spricht nach den ersten Trainingstagen über seinen neuen Verein, die EM und taktische Flexibilität
Fast zwei Wochen ist es nun her, dass Silvan Widmer beim 1. FSV Mainz 05 einen Vertrag bis 2024 unterschrieben hat. Nach dem zweiten Tag im Sommertrainingslager im österreichischen Bad Häring ließ der Rechtsverteidiger seine ersten Eindrücke Revue passieren und zog einen Vergleich zur Schweizer Nationalmannschaft, mit der der 28-Jährige nach überzeugenden Leistungen bei der zurückliegenden Europameisterschaft erst im Viertelfinale gegen Spanien die Segel streichen musste.
Schon während des Turniers sei der Kontakt zu den Rheinhessen intensiviert worden, erzählt der Landsmann von Sportdirektor Martin Schmidt: "Martin und Bo haben mir von Anfang an das Gefühl vermittelt, dass sie mich hier haben möchten, was mir sehr wichtig war. Das habe ich bei anderen Vereinen weniger gespürt", erläutert Widmer, dessen Entscheidung zugunsten der 05ER bewusst gewählt worden sei. "Ich bin ein Stück weit einen atypischen Karriereweg gegangen, mit 20 Jahren nach Italien, wo ich mich habe durchsetzen können. Mit 25 kam ich dann zurück in die Schweiz. Einige haben sich dann gefragt: 'Was macht er da bloß?' Im Nachhinein war es aber ein super Schritt. Ich habe mich weiterentwickeln und europäisch spielen können, bin gereift und war jetzt definitiv bereit, den Schritt in eine große Liga zu gehen."
Intensität & Spaß an Tag 2 des Trainingslagers
Taktische Variabilität
Nach drei Trainingstagen sei der Unterschied zur schweizerischen Super League, in der Widmer drei Jahre lang für den FC Basel die Fußballschuhe schnürte, bereits deutlich geworden. "Man merkt schon den qualitativen Unterschied. Die Qualität – und damit auch das Tempo - ist in Mainz etwas höher. Das merkt man überall: Das Passspiel, das Pressing - alles deutlich schneller."
Wir wollen nach Möglichkeit hoch pressen und schnell zum gegnerischen Tor finden. Das kommt mir sehr entgegen
Der auf hohe Intensität ausgelegte Spielstil der 05ER hat bei Widmers Entscheidung pro Mainz, neben dem Reiz der Herausforderung in einer neuen Liga, ebenfalls eine große Rolle gespielt: "Ich kann offensiv Akzente setzen, werde gleichzeitig hinten gebraucht, was eine läuferische Bereitschaft erfordert, die ich sicherlich mitbringe. Wir wollen nach Möglichkeit hoch pressen und schnell zum gegnerischen Tor finden. Das kommt mir sehr entgegen." In Basel spielte der Rechtsverteidiger in den zurückliegenden Jahren in einer Viererkette, in der Nationalmannschaft meist in einer Dreierkette und in Italien, wo Widmer für Udinese Calcio auflief, waren beide Systeme gefordert.
Wertvolle EM-Erfahrungen
Gerade diese taktische Flexibilität machte den 28-Jährigen für den FSV hochinteressant. Weitere Überzeugungsarbeit leistete der Sportdirektor. "Martin ist Schweizer, wir verstehen uns. Er hat mir klargemacht, dass sie mich unbedingt wollen, mit mir planen und mir erzählt, was mich bei einem Wechsel nach Mainz erwarten würde. Bis jetzt ist es genau so eingetroffen. Ich bin super aufgenommen worden in der Mannschaft. Es macht Spaß zu trainieren und Zeit mit meinen neuen Teamkameraden zu verbringen. Ich fühle mich super wohl."
Weil Widmer mit der Schweizer Nationalmannschaft es bei der jüngsten Europameisterschaft bekanntlich bis ins Viertelfinale geschafft hatte, stieß der Rechtsverteidiger erst zu Beginn des Trainingslager zu den neuen Kameraden. Die bei seinem ersten großen Turnier gesammelten Erfahrungen wolle er nicht missen: "Wir sind ein toll eingespieltes Team in der Schweiz. Jeder hat immer richtig Bock für das Land spielen zu dürfen – das haben wir gezeigt und auf den Platz gebracht. Für mich war es das erste große Turnier, nachdem es zuvor zweimal knapp nicht gereicht hatte. Jetzt habe ich eine tragende Rolle spielen dürfen – das bringt natürlich sehr viel Erfahrung, auf die ich sicherlich noch zurückgreifen kann."
Dabei sehe Widmer durchaus auch Parallelen zum FSV: "Mainz ist kein Riesenverein in Deutschland, aber wir wollen eine Mannschaft sein, gegen die man extrem ungerne spielt. Das haben sie in der Rückrunde eindrücklich bewiesen, keiner wollte gegen sie spielen, weil sie wussten, dass es weh tun wird. Das ist auch die Strategie, die wir in dieser Saison wieder verfolgen."