• Home
  • News
  • Zentner: "An der Zeit, einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten"

Profis 20.03.2020 - 19:30 Uhr

Zentner: "An der Zeit, einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten"

Der verletzte Torhüter der 05ER spricht im Interview über Reha-Maßnahmen zuhause, die entschleunigende Wirkung der Einschränkungen sowie sein Unverständis angesichts der Nichtbefolgung von eingeforderten und notwendigen Maßnahmen - "Ich versuche, das große Ganze zu sehen"

Der heimische Garten als Fitnessparcours: Außergewöhnliche Ereignisse erfordern auch bei dem 05-Torhüter kreative Maßnahmen.

Im letzten Spiel vor der, aufgrund des Corona-Virus, weltweit erzwungenen Spielpause verletzte sich die Nummer eins des FSV am Kreuzband. Unter normalen Umständen würde Robin Zentner dieser Tage rund um die Uhr gemeinsam mit Ärzte-Reha- und Physio-Team zusammen an seinem rechten Knie arbeiten. Doch normal ist in diesen Stunden nichts, auch das Leben der 05-Profis wird auf den Kopf gestellt. Wie sie die Zeit im nun verordneten und dieser Tage vielzitierten "Homeoffice" erleben, wie sie Langeweile vorbeugen und sich dennoch fit halten sowie vieles mehr, wollen wir euch in den kommenden Wochen verraten.

Im ersten Interview spricht 05-Eigengewächs Zentner über seinen Umgang mit der Situation. Die schönsten Paraden und mehr haben wir für euch übrigens auf unserem Instagram-Kanal zusammengestellt, wo er zudem auch Einblicke in sein Outdoor-Fitnessprogramm gewährt.

Robin, wo erreichen wir dich gerade?

Zentner: Am Bruchweg, mein Knie wird von einem unserer Physiotherapeuten behandelt, solange es keine Ausgangssperre gibt. Natürlich unter größten Sicherheitsvorkehrungen. Wir desinfizieren die Hände und, da ich momentan der einzige verletzte Spieler bin, begegnen wir ansonsten niemandem. Auch der Kraftraum ist tabu.

Das heißt, das Bewusstsein für die gebotene Vorsicht, ist komplett vorhanden im Team?

Zentner: Ganz klar. Auch wir als Fußballer sind uns der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, vor allem für unser Gesundheitssystem, bewusst, und wollen und müssen unseren Beitrag leisten, indem wir die eingeforderten Maßnahmen befolgen. Wenn wir die Verhältnisse in italienischen Krankenhäusern betrachten, gilt es, diese hier bei uns zu verhindern. Ansonsten wird es irgendwann ganz bitter aussehen. Ich glaube, der Staat kann, sofern zu viele Menschen die Maßnahmen nicht ernst nehmen, dann auch einfach mal sagen, dass die Leute zuhause bleiben müssen. Eine Ausgangssperre wird nötig sein, wenn es einige Leute nicht begreifen.

Bist du in deinem privaten Umfeld betroffen?

Zentner: Nicht direkt mit Viruserkrankungen. Aber meine Oma ist im Krankenhaus und absolviert nun eine Reha, mein Opa ist im Pflegeheim. Beide können wir derzeit nicht besuchen. Das ist sehr schade, vor allem für sie, weil dieser Kontakt zur Familie ganz wichtig ist. Aber gerade die Risikogruppen möchte man schützen. Möglich ist immerhin noch, etwas vorbeizubringen und vor der Tür abzustellen.

Es sind gravierende Einschnitte…

Zentner: …ja, es ist krass. Aber man nutzt die Zeit zu reflektieren und zu begreifen, wie gut es uns eigentlich die ganze Zeit geht. Klar, man muss jetzt zuhause bleiben, auf alltägliche Dinge verzichten. Den Umgang mancher Menschen mit der Situation kann ich aber nicht nachvollziehen. Woanders auf der Welt sorgen sich Leute, dass Bomben im Haus einschlagen, hier bei uns wird sich teilweise darüber aufgeregt, zuhause bleiben zu müssen. Das halte ich für albern und eine völlig unverhältnismäßige Einstellung.

Impressionen aus dem "Homeoffice"

Wie erlebst du diese neue Form von Alltag?

Zentner: Wir leben in einer Zeit, in der jeder ohnehin permanent mit jedem vernetzt sein kann – ortsunabhängig. Ich persönlich habe sogar das Gefühl, dass die Situation entschleunigend wirkt. Man setzt sich hin, lernt auch mal wieder nichts zu tun. Ich habe jetzt beispielsweise angefangen, mal wieder ein Buch zu lesen. Ich bin quasi durchgehend zuhause und im Moment ja ohnehin nicht so mobil. Ich gehe nicht einkaufen, das erledigt meine Freundin. Ich habe alle möglichen Geräte mitgenommen und teilweise gekauft, um Behandlungsmöglichkeiten zu haben und zu trainieren. Ich bin mit Krücken unterwegs, trage 24 Stunden am Tag eine Schiene und darf das Knie kaum belasten. Dafür kann ich den Oberkörper trainieren, um nicht zu viel Muskelmasse abzubauen. Da das Knie noch etwas dick ist, muss ich es kühlen, kann zuhause Lymphdrainagen durchführen, arbeite mit Elektrostimulation.

Komischerweise ist mir noch nicht langweilig geworden (lacht). Natürlich bin ich eingeschränkt, kann mich aber problemlos beschäftigen. Zudem gibt es stündlich neue Informationen zu den aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Da muss man das für sich richtige Maß finden und darf sich nicht allem aussetzen.

Hast du all die Geräte in einem Fitnessraum untergebracht?

Zentner: Nein, die stehen tatsächlich im Wohnzimmer. Das macht auch meine Freundin sehr gut mit und kümmert sich wunderbar um mich! Bei gutem Wetter, wie wir es diese Woche zum Glück hatten, gehe ich aber zum Trainieren raus in den Garten - eine wunderbare Alternative.

Wird deine Verletzung weiterhin konservativ behandelt?

Zentner: Das steht noch nicht fest. Der Plan war eigentlich, diese Woche zu einem Spezialisten zu fahren. Wegen des Virus hat das aber nicht funktioniert. Da muss ich mich in Geduld üben.

Nur ein Klick bis zu Robins besten Paraden!

Empfindest du persönlich Angst?

Zentner: Nein, aber auch auf eine normale Grippe hat niemand Lust. Auch deswegen halten wir uns an die Vorgaben. Meine Freundin geht nur zum Einkaufen aus dem Haus. Es geht aber nicht um uns oder grundsätzlich um Einzelne. Alle sollten sich das große Ganze vor Augen führen. Wir müssen verstehen: Es ist sinnvoll, zu verzichten, um andere zu schützen. Ich treffe auch keine Kumpels, man kann damit leben, sich einzuschränken. Ich bin jetzt 25, konnte mich mein Leben lang frei bewegen, treffen wen ich wollte. Jetzt ist das eben mal vorübergehend nicht der Fall. Wenn ich jetzt unbedingt jemanden sehen oder mich austauschen möchte, nutze ich Facetime. Je schneller und konsequenter wir alle uns an die Maßnahmen halten, desto schneller können wir irgendwann in die Normalität zurück. Anscheinend versteht das leider nicht jeder, einige müssen wohl dazu gezwungen werden.

Was würde ein solcher Zwang für dich bedeuten?

Zentner: Wir können so viel online erledigen, uns informieren, Dinge bestellen. Wir haben alles. Und, wie bereits erwähnt, konnten wir eigentlich bislang immer machen, was wir wollen, genießen alle Freiheiten. Jetzt ist es an der Zeit, einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten. Insofern möchte ich nicht von Zwang sprechen, sondern würde es als notwendige Maßnahme betrachten. Was ich mir wünschen würde: Die Menschen sollen ihr Geld jetzt sparen, sofern sie das können. Und wenn alles wieder aufhat, dann kann man umso häufiger rausgehen, um die Leute, die jetzt keine Einnahmen haben, zu unterstützen. Wenn wir alle wieder raus dürfen, dann muss man konsumieren. Auch das ist dann eine Frage der Solidarität.

Unklar ist, wann wieder Fußball gespielt werden kann. Wie stellt man sich als Profi darauf ein?

Zentner: Für uns ist es doch nicht anders, als für andere Menschen, die ihren Job gerne machen. Man will so schnell wie möglich spielen. Notfalls ohne Zuschauer, auch wenn dadurch viel verloren geht. Sollten wir dazu gezwungen sein, akzeptieren wir das. Wir hoffen alle, dass wir schnell weitermachen können, auch wenn Fußball nur ein kleiner Teil des angesprochenen großen Ganzen ist. Vielleicht können wir damit zu einem noch nicht absehbaren Zeitpunkt auch ein Stück weit Hoffnung verbreiten und den Menschen Freude machen.