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Profis 10.02.2018 - 10:00 Uhr

Abstiegskampf als eigener Wettbewerb

In der OPEL ARENA sind am Freitagmittag die letzten Bahnen des neuen Rollrasens verlegt worden. Das stark ramponierte Grün im laufenden Spielbetrieb in die Tonne zu klopfen, ist sinnbildlich für das, was beim 1. FSV Mainz 05 nach dem enttäuschenden Pokal-Aus in Frankfurt in diesen Tagen angesagt ist: Den alten Ballast hinter sich lassen, die große Herausforderung auf einer neuen Basis angehen. Da passte es ins Bild, dass parallel zu den Arbeiten, Sandro Schwarz wenige Meter nebenan im Pressraum den bedingungslosen Abstiegskampf ausrief. "Wir haben keine sieben Punkte Rückstand, wir haben 13 Spiele, in denen wir uns Stück für Stück befreien können. Dafür brauchen wir einen langen Atem", sagte der Trainer einen Tag vor dem Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim.

Der 39-Jährige weiß aus eigener Erfahrung sehr gut, was Abstiegskampf bedeutet, dass es dafür unabdingbar ist, dass alle komplett an einem Strang ziehen, dass sich alle auf diese Situation mit Haut und Haaren einlassen und keine Angst vor dieser Aufgabe haben. Sondern im gemeinsamen Kampf gegen alle Widerstände neue Stärken entwickeln, vorhandene Qualitäten beleben und verstärken, Rückschläge einstecken. Persönliche Eitelkeiten, Alibis und Ausreden dürfen für jeden Einzelnen kein Thema sehr sein. "Es geht um das alleinige Ziel Klassenverbleib", sagt Schwarz. "Es geht nicht mehr um Namen, wer da auf der Bank oder auf der Tribüne sitzt. Schlucken, Antworten geben auf dem Trainingsplatz und im Spiel."

Rouven Schröder hat die Mannschaft bereits in Frankfurt massiv ins Gebet und in die Pflicht genommen. "Es war wichtig, darauf hinzuweisen, dass wer das Trikot mit dem Mainz-05-Logo darauf anzieht, bis zum Letzten alles geben muss. Es ist wichtig, dass dies auch mal endgültig jedem klar wird. Dafür stehen wir, dafür steht Sandro, dafür stehe ich. Zusammenrücken, Geschlossenheit zeigen, Klarheit zeigen. Wir müssen jetzt nicht mehr viel reden, wir müssen es auf dem Platz zeigen. Das müssen wir verkörpern. Nach vorne gehen, Brust raus und für Mainz 05 alles geben. Das fängt morgen an. Ich kann sagen, dass Sandro und ich das zu hundert Prozent leben und jeden Tag von allen fordern." Die 05-Profis selbst haben sich nach dem Pokal-Aus intern schon mit der Situation auseinandergesetzt und untereinander die Dinge angesprochen. Das ist ein erster Schritt auf dem Weg, eine verschworene Gemeinschaft für das gemeinsame Ziel zu entwickeln.

Ein Jahrzehnt lang über Abstiegskampf definiert

Dass die Abstiegskampf-Problematik mit Ausnahme der vergangenen Saison über Jahre hinweg nicht vorhanden war, mag im Team und im Umfeld dazu geführt haben, das Gefühl dafür zu verdrängen, dass ein Klub mit den Voraussetzungen von Mainz 05 in dieser Liga dennoch immer wieder damit konfrontiert werden kann. Und die Erinnerung daran, dass sich dieser Verein quasi ein Jahrzehnt lang über Abstiegskampf definiert hat. Die 05er waren in den 1990er Jahren und Anfang der 2000er der Inbegriff für erfolgreiche Abstiegskämpfer. Kaum ein Jahr in dieser Zeit, in der das Team nicht im Keller steckte und sich in Situationen befand, die weitaus prekärer waren als die heutige. Den Abstiegskampf als eigenen Wettbewerb anzusehen, den man gemeinsam gewinnen will, das hat diesen Klub und dessen Anhang tief geprägt, genauso wie die dramatischen Nicht-Aufstiege. Das erfolgreiche Auflehnen gegen alle Widerstände, solche Tiefpunkte wie jetzt zu überwinden, die jeder Trainer am Bruchweg erlebte, haben letztlich die erfolgreichen Jahre in der Bundesliga erst ermöglicht.

"Jetzt haben wir uns zwei Tage durchgeprügelt", sagt Schwarz vor dem Gang nach Hoffenheim. "Jetzt ist es wichtig, vorwärts zu schauen. Es geht darum, diese angesprochene Schärfe einfach im Spiel umzusetzen. Es ist die erste Möglichkeit, unsere Situation zu verbessern. Dafür müssen wir in Hoffenheim alles tun. Es geht darum, viele kleine Schritte zu unternehmen, um sich viele kleine Erfolgserlebnisse in diesen 90 Minuten zu holen. Wir haben seit einem Jahr auswärts nicht mehr gewonnen, das stimmt. Aber wir haben nun in Hoffenheim und Berlin zwei neue Chancen und Herausforderungen, denen wir uns stellen können, um andere Ergebnisse zu holen auswärts."