Profis 12.04.2021 - 15:30 Uhr
Achterbahnfahrt in Köln: Unentschlossen, eiskalt & glücklich
05ER beweisen in Köln Comeback-Qualitäten, sehen sich aber selbst als unverdienten Sieger eines packenden Duells
Der erste Bundesliga-Sieg in Köln, Big Points im Kampf um den Klassenerhalt, aber mit Blick auf den Gasamtauftritt reichlich Luft nach oben: Der wichtige 3:2-Auswärtserfolg in Köln stellte am Sonntagabend unter Beweis, dass die 05ER mittlerweile verlässlich dazu in der Lage sind, Widerstände zu überwinden, Rückschläge wegzustecken und auch schwächere Partien für sich zu entscheiden. Gliechzeitig offenbarte die Begegnung aber auch zuletzt ungewohnte Schwachpunkte und Mängel, die es im Hinblick auf die kommenden Wochen in den Griff zu bekommen gilt, wie der Trainer anschließend betonte.
Über die Frage, wer am Sonntagabend in Köln Müngersdorf das bessere Team war, gab es nach Spielschluss keine zwei Meinungen. Nach dem Last-Minute-Treffer von Leandro Barreiro hatten die 05ER zwar einen wichtigen Sieg im Abstiegskampf eingefahren, der in seiner Entstehung aber durchaus schmeichelhaft anmutete. Zu unentschlossen habe man, vor allem in den ersten 45 Minuten, agiert, wie Bo Svensson auf der Pressekonferenz nach der Partie anmerkte: "Köln war über 90 Minuten die bessere Mannschaft. Wir sind sicherlich der glückliche Sieger, freuen uns darüber, wissen aber auch, dass wir sehr vieles besser machen müssen."
Eine sachliche und ehrliche Einschätzung des Dänen, die in der Euphorie nach dem Spiel nicht untergehen sollte. Vor allem in der ersten Halbzeit waren die Rheinländer das klar spielbestimmende Team und präsentierten sich griffiger gegen Gäste aus Mainz, die selten Zugriff auf das Spielgeschehen bekamen. Nur zwei Torschüsse und eine Ballbesitzquote von unter 40 Prozent nach 30 Minuten belegten die fahrige Anfangsphase der 05ER. Entsprechend selbstkritische Klänge schwangen auch bei allen FSV-Akteuren in der Nachbetrachtung mit.
Mainzer "Mentalitätswandel"
Dass man dennoch drei Zähler aus dem RheinEnergieStadion entführen konnte, lag auch an der kaltschnäuzigen und entschlossenen Chancenverwertung, die die Rheinhessen zuletzt etwas vermissen lassen hatten. Nach dem Heimspiel gegen Arminia Bielefeld hatte Svensson bemängelt, dass man im letzten Drittel häufig zu fahrlässig oder unkonzentriert agiert habe. In Köln benötigten die Mainzer hingegen kaum Anlaufzeit – gleich der erste Torabschluss nach elf Minuten von Jean-Paul Boëtius saß und war Beleg für eine positive Entwicklung im Offensivspiel, auf der man in den kommenden Wochen aufbauen kann.
Auch den eiskalt erzielten Treffern von Karim Onisiwo und Barreiro waren schnörkellose und zielgerichtete Kombinationen vorausgegangen. Es waren spielerische Highlights, die einen Kontrast zum insgesamt nicht immer stabilen Mainzer Auftritt darstellten. Doch auch, wenn mit und gegen den Ball nicht immer alles rund lief, überzeugten die Rheinhessen nach Svenssons Halbzeitansprache mit Charakterstärke und Moral. Der bittere, wenngleich nicht unverdiente Gegentreffer kurz vor der Pause, die verletzungsbedingte Auswechslung von Jonathan Burkardt oder der 2:1-Führungstreffer von Ellyes Skhiri 30 Minuten vor Spielende – all das steckten die 05ER weg, um wenig später sowie dann in der Nachspielzeit fulminant zurückzuschlagen. "Wir haben uns in der Rückrunde auch dahingehend weiterentwickelt, mit Rückschlägen umgehen zu können", brachte es Onisiwo auf den Punkt, Torhüter Robin Zentner sprach von einem "Mentalitätswandel", den die Mannschaft vollzogen hätte.
Angesichts des überaus straffen Restprogramms, das die Mainzer vor sich haben – an den letzten vier Spieltagen geht es gegen die Bayern, Frankfurt, Dortmund und Wolfsburg – kann diese Entwicklung Rückenwind verleihen. "Diesen Glauben müssen wir bei- und aufrechterhalten", verdeutlichte Zentner, der sich nach dem Spiel wie alle 05ER über die drei Punkte freute. Gerade, weil die Konkurrenz aus Bielefeld und Berlin ebenfalls punkten konnte. Mit Blick auf das nächste richtungweisende Duell am Sonntag (18 Uhr) gegen Hertha BSC in der OPEL ARENA, gilt es den Schwung mitzunehmen und gleichzeitig an Schwächen zu feilen. Gelingt dies den Mainzern, darf man den kommenden Wochen mit einer Mischung aus Anspannung und der gehörigen Portion Optimismus entgegenfiebern.