Profis 21.04.2022 - 17:30 Uhr
Als Roy Präger nicht zu halten war
Ex-05ER Christian Hock erinnert sich an ein denkwürdiges Aufstiegs-Endspiel in Wolfsburg vor 25 Jahren
Das Auswärtsspiel des 1. FSV Mainz 05 am Freitagabend (20.30 Uhr, live auf DAZN & 05ER.fm) beim VfL Wolfsburg, das den 31. Spieltag der laufenden Bundesligarunde eröffnet, ist bereits das 43. Duell der beiden Klubs seit ihrem ersten Aufeinandertreffen 1992 in der Zweiten Liga. In Erinnerung geblieben ist dabei vor allen Dingen jenes denkwürdige Aufstiegs-Endspiel vor 25 Jahren, in dem die Mainzer am 34. Spieltag der Saison 1996/97 zum zweiten Mal nach 1973 die Chance hatten, in die Bundesliga aufzusteigen.
Die Ausgangslage war klar: Der 1. FC Kaiserslautern und Hertha BSC standen bereits als Aufsteiger fest. Der Gewinner der Partie im alten Stadion am Wolfsburger Elsterweg würde als Dritter mit nach oben gehen. Wie wir wissen, haben sich die Wolfsburger den Platz in der Bundesliga gesichert und bis heute nicht wieder hergegeben.
Ein "Chancentod", der doppelt trifft
Einer der 05-Profis, die vor 25 Jahren die enttäuschende 4:5-Niederlage als Spieler miterlebten, ist Christian Hock. "Die prägendste Erinnerung an dieses Spiel in Wolfsburg ist Roy Präger", sagt der heute 52-Jährige. Roy Präger, Anfang der 90er Jahre als Zweitliga-Stürmer bei Fortuna Köln von den Fans despektierlich als "Chancentod" bezeichnet und bis zu diesem Aufstiegsendspiel auch in Wolfsburg nicht als Tormaschine in Erscheinung getreten, besiegte die Mainzer an diesem Juni-Abend förmlich im Alleingang. Der eher schmächtige VfL-Rechtsaußen erzielte zwei Treffer selbst und holte zwei Elfmeter raus. Einen gegen 05-Tohüter Dimo Wache, einen gegen Linksverteidiger Steffen Herzberger, der dafür Gelb sah und später mit Gelb-Rot vom Platz flog. Der damalige 05-Kapitän Lars Schmidt behauptete noch Jahre später, dass diese Elfmeter unrechtmäßig gewesen seien.
"Wir waren eigentlich recht schnell aus dem Spiel raus, obwohl wir geführt hatten", erinnert sich Hock. Sven Demandt hatte das 1:0 erzielt, ehe die Gastgeber bis zur Pause auf 3:1 davonzogen. "Wir sind immer zurückgekommen ins Spiel, die Mannschaft hat nie aufgegeben, aber es hat irgendwie ein Stück gefehlt. Und das Gefühl war bei allen da, dass Präger an diesem Tag nicht zu halten war", erinnert sich Hock. Jürgen Klopp verkürzte noch auf 2:3 für die von Reinhard Saftig gecoachten Mainzer, Abderrahim Ouakili gelang sogar der Ausgleich, doch dann zogen die Wolfsburger wieder davon, und Demandt konnte am Ende nur noch auf 4:5 verkürzen. Wolfsburg stieg auf, die Mainzer wurden erstmals Vierter in der Zweiten Liga. "Ich weiß nicht, ob man sagen kann, der Bundesliga-Aufstieg wäre für uns zu früh gewesen", so der Ex-05ER. "Ich glaube aber, in der Konstellation, wie der Verein damals zusammengesetzt war, wäre es schwierig gewesen, in der Bundesliga zu bestehen. Später, mit Kloppo, waren die Möglichkeiten größer, um erfolgreich zu sein."
Auf der Suche nach der Herausforderung
Christian Hock, geboren in Aschaffenburg, kam 1994 vom Bundesligisten Mönchengladbach zum Bruchweg und bestritt 234 Zweitligaspiele (24 Tore) für die 05ER. Zwischen 2008 und Juni 2021 war Hock mit Unterbrechungen beim Nachbarn SV Wehen Wiesbaden tätig, in verschiedenere Trainerfunktionen und in den letzten Jahren als Sport-Direktor des Klubs. "Aktuell suche ich einen neuen Job, eine neue Herausforderung, wie man sagt", so der 52-Jährige. "Corona hat das nicht einfacher gemacht. Es stehen Gespräche an, in denen sich etwas ergeben könnte", so der frühere Offensivspieler, "mal sehen, was passiert."
Die Verbindung zu Mainz 05 ist nie abgebrochen. Hock ist Teil der 05-Traditionsmannschaft und will so lange spielen, "wie es die alten Knochen mitmachen." Der frühere Profi hat zudem eine besondere Verbindung zu Walter Notter. Der Zeugwart der 05-Profis ist der Patenonkel von Hocks Kindern. Und mit etlichen seiner früheren Team-Kollegen pflegt Hock ein freundschaftliches Verhältnis. Mit Torsten Lieberknecht, dem Cheftrainer von Darmstadt 98, der sein Trauzeuge war, oder mit Dimo Wache und Sven Demandt, mit denen er seit damals befreundet ist.
Erinnerungen an Klopp
"Ich beobachte die 05ER natürlich immer und gehe auch öfter ins Stadion zu den Spielen", sagt er. Bo Svensson erinnere ihn an den frühen Trainer Jürgen Klopp. Svensson und Christian Heidel sei es gelungen, durch die Zusammenstellung des Kaders und durch die Spielweise, dass die Identifikation mit der Mannschaft, die ein Stück weit verloren gegangen war, zurückgekommen sei. "Man sieht der Mannschaft an, dass sie sich, auch wenn mal nicht alles läuft, nicht unterkriegen lässt und immer versucht, das Spiel zu gewinnen, keinen Larifari-Fußball zu spielen."
Am Freitagabend sitzt Christian Hock vor dem TV-Gerät und schaut sich das Spiel der Mainzer an. "Bei mir ist der Freitagabend und der Samstagnachmittag immer fest verplant, weil ich möglichst viele Spiele der ersten, zweiten und dritten Liga sehen will, um auf dem Laufenden zu bleiben", sagt er. "Ich hoffe, dass der Mannschaft ein Erfolg in Wolfsburg gelingt und der Auswärtsfluch endlich vertrieben wird."