Profis 03.11.2022 - 09:30 Uhr
Auer: "Da bin ich bestimmt einem davongerannt"
Der ehemalige 05-Angreifer erinnert sich an den ersten Bundesliga-Heimsieg der 05ER gegen den VfL Wolfsburg in der Saison 2005/06 und an insgesamt vier schöne Jahre in Mainz
Wenn man die Bundesligaduelle zwischen dem 1. FSV Mainz 05 und dem VfL Wolfsburg betrachtet, fällt auf, dass sich diese beiden Klubs oft torreiche Auseinandersetzungen geliefert haben. Vor dem Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr, live auf SKY und 05ER.fm, Tickets im Onlineshop) in der MEWA ARENA haben wir mit Benjamin Auer gesprochen, der dabei war, als die Mainzer an jenem Sonntag, 4. Dezember 2005 zum ersten Mal ein Bundesliga-Heimspiel gegen diesen Gegner gewannen und den VfL am Bruchweg, mit 5:1 abfertigten. Auer war einer der Torschützen und holte zudem den Elfmeter heraus, den Michael Thurk nach gerade mal zwei Minuten zur 1:0-Führung verwandelte. "Keine Ahnung mehr, wie das war", sagt der einstige Stürmer, der inzwischen 41 Jahre alt ist. "Da bin ich bestimmt einem davongerannt", sagt er lachend. "Das kam zwar nicht so oft vor, muss aber wohl so gewesen sein."
Er könne heute auch nicht mehr genau sagen, wer in diesem Spiel noch alles getroffen habe. "Aber ich kann mich gut an mein Tor erinnern: Der Pass kam von Petr Ruman, ich kriege den Ball auf der rechten Seite und schieße von 14-15 Metern weit rechts stehend ins lange Eck. Ich glaube, ich habe den Ball ganz gut getroffen. Es war etwas regnerisch an dem Tag, und die Kugel ist gut über den nassen Rasen reingeflutscht.“ Im Rückspiel in Wolfsburg, erinnert sich der gebürtige Pfälzer, habe das Team dann den Klassenverbleib gesichert. Die Mainzer gewannen 3:0, nicht zuletzt dank zweier Treffer von Benni Auer, an die er sich noch genau erinnert. "Tore sind natürlich das schönste von dem, an was man sich erinnert", sagt er. "Ich bin sogar irgendwann mal hingegangen und habe mir nach der Fußball-Laufbahn eine DVD zusammenstellen lassen mit allen meinen Toren. Ich habe drei Jungs im Alter von zwölf, acht und anderthalb Jahren. Die haben meine Profizeit nicht mitbekommen. So habe ich etwas Schönes, um ihnen zu zeigen, was der Papa mal gemacht hat“, erzählt er.
Beim 5:1 am Bruchweg schickte Trainer Jürgen Klopp Auer und Thurk als Doppelspitze im 4-4-2 ins Rennen. Hinter den Stürmern spielten Mohamed Zidan, Fabian Gerber, Toni da Silva und Ruman. "Wenn man die Namen so hört, da haben wir schon eine ganz ordentliche Truppe zusammen gehabt", sagt Auer. "Da Silva ist dann später mit Dortmund Meister geworden, Thurk hat eine ordentliche Karriere hingelegt, Zidan sowieso, das sind ja doch alles Spieler, die in der Bundesliga gezeigt haben, dass sie absolut mithalten können.“ Dazu solche 05-Legenden wie Dimo Wache im Tor, Manuel Friedrich und Nikolce Noveski als Innenverteidiger.
Benjamin Auer galt als ganz junger Spieler als eines der überragenden Sturmtalente im Land. Mit 18 Jahren hatte er schon ein paarmal für den Karlsruher SC in der Zweiten Liga gespielt, mit 19 für Borussia Mönchengladbach sein erstes Bundesligator erzielt. Reiner Calmund, damals Manager von Bayer Leverkusen, kaufte Auer ein und lieh den Angreifer sofort nach Mainz aus, zahlte sogar dessen Gehalt. Auer war einer der vielen Spieler aus Calmunds Schattenmannschaft; Leverkusen hielt damals die Transferrechte an etlichen Talenten bei verschiedenen Profiklubs.
"Mich macht es stolz, Bestandteil dieses Vereins gewesen zu sein"
Im Mainzer Zweitliga-Team brauchte Auer trotz seiner über 80 Junioren-Länderspiele längere Zeit, um Stammspieler zu werden. "An das Spiel habe ich mich schon erst gewöhnen müssen, an das, was Kloppo wollte, dieses laufintensive Pressing“, sagt er. "Doch wenn ich die vier Jahre in Mainz Revue passieren lasse, habe ich fast immer gespielt. Egal, welche Stürmer geholt wurden oder wer mit dazu kam ins Team. Letztendlich habe ich doch 28 bis 30 Spiele pro Saison gemacht. Ich denke, ich war in den vier Jahren wertvoll für die Mannschaft, mit dem, was ich getan habe. Ich habe Bälle gehalten und abgelegt, einige Tore gemacht. Die Tore haben sich bei uns meist auf etliche Schultern verteilt. Voronin hat im ersten Jahr sehr viele gemacht, dann hatten wir immer Spieler die so um die zehn Treffer erzielt haben, aber wir hatten keinen mehr, der mal 20 gemacht hätte. Vielleicht hat uns das aber auch weniger ausrechenbar gemacht."
Auer gelangen zehn Tore im ersten Jahr, fünf im zweiten, nach dem Aufstieg sechs und neun in zwei Jahren in der Bundesliga. Spät in seiner Karriere wurde der Ex-05er im Trikot von Alemannia Aachen 2009 noch einmal Zweitliga-Torschützenkönig, gemeinsam mit zwei anderen Stürmern mit jeweils 16 Saisontoren. Auers Gesamtbilanz in der Zweiten Liga: 219 Spiele für fünf verschiedene Klubs, 74 Tore. Das Highlight seines Schaffens als Torjäger, der insgesamt 127 Pflichtspiele für den FSV absolvierte, ist leider immer damit verbunden, dass trotz der vier Treffe, die Auer damals in Braunschweig erzielte, die 05er zum zweiten Mal dramatisch scheiterten im Aufstiegsrennen zur Bundesliga. "Braunschweig war dennoch ein Highlight, trotz der negativen Umstände“, sagt er. "Ich werde heute noch immer auf dieses Spiel angesprochen. Zehn Jahre nach dem Ende meiner Laufbahn als Fußballer ist Braunschweig immer wieder mal ein Thema in Gesprächen. Denn es kommt ja nicht alle Tage vor, dass ein Stürmer vier Tore in einer Partie schießt. Und dann nimmt das Ganze so ein dramatisches Ende. Danach war es richtig schlimm, weil wir den Aufstieg damals nicht geschafft haben, aber heute, so viele Jahre später, ist es doch eine schöne Erinnerung. Zumal, wenn man die Entwicklung betrachtet, die Mainz 05 dann in der Bundesliga genommen hat. Mich macht es stolz, Bestandteil dieses Vereins gewesen zu sein, mit dem ich aufgestiegen bin, und der sich so bravourös in der ersten Liga hält.“
Mainz noch immer im Herzen
Der 41-Jährige wohnt mit seiner Familie in Landau. "Mir geht es gut. Ich kümmere mich um meine Fitness-Studios, bin da Gesellschafter und Geschäftsführer. Ursprünglich waren es mal drei, jetzt sind es zwei, und das ist absolut okay so. Auch zwei sind viel Arbeit.“ "Fußball gespielt hat er zuletzt nur noch hobbymäßig: In Benefizspielen mit der "Lotto-Elf" und für die 05-Traditionsmannschaft. Im Jahr 2022 lief jedoch wenig. Auer riss sich vor einem Jahr in einem Spiel die Achillessehne. "Die ist jetzt wieder ganz okay, durch Fehlbelastung habe ich aber aktuell Probleme mit dem linken Knie.“ Der Ex-Profi unterstützt in seiner Heimatstadt den Jugend-Förderverein. "Der hat sich aus den vier Vereinen, die es hier noch gibt, zusammengeschlossen. Und da geht es um die C-, B- und A-Jugend. Da engagiere ich mich."
In Mainz habe er immer noch Freunde, sei auch öfter privat hier und freue sich, dass er immer noch erkannt und angesprochen werde. "Es waren vier tolle Jahre hier. Ich liebe diese Stadt, mein bester Freund ist Mainzer, ich bin gerne dort“, erzählt er. Von den Ex-Kollegen habe ihm immer Sven Hoffmeister am nächsten gestanden. "Der ist ja immer noch da als Torwarttrainer. Er treffe auch Dimo Wache und Christoph Babatz noch regelmäßig. "Ich muss aber sagen, dass ich dem großen Fußball ansonsten eigentlich den Rücken gekehrt habe. Mir wurde schon zu Profizeiten relativ schnell klar, dass ich keinen Job da haben möchte. Ich sehe mich nicht als Trainer oder Manager. Ich liebe den Fußball, aber das Geschäft und das ganze Drumherum sind nicht meine Welt.“ Er habe auch keine fünf Abos, um am Wochenende alle Spiele zu sehen. "Ich verbringe die Zeit lieber mit meinen Kindern und gucke mir das Geschehen dann in der Sportschau an."