Profis 14.04.2020 - 19:30 Uhr
Klare Strukturen & musikalische Ambitionen
Das 05-Talent nutzt die Zeit zu Hause, um Klavier spielen zu lernen - Bittere Osterniederlage gegen Augsburg an der Konsole
Leandro Barreiro hat sich mit den veränderten Lebensgewohnheiten in Zeiten von Corona und Covid-19 ganz gut arrangiert. Der 20-jährige Mittelfeldspieler des 1. FSV Mainz 05 lebt derzeit nach dem Motto: die Umstände annehmen und das Beste draus machen. "Ich hoffe, dass mir diese Erfahrungen irgendwann weiterhelfen, auch, wenn ich mich als Fußballer neuen und ungewohnten Situationen stellen muss", sagt er.
Am Ostersonntag war Matchday. Barreiro spielte für die 05ER bei der Bundesliga Home Challenge gegen den FC Augsburg. Ein bitterer Auftritt für das Mainzer E-Sport-Team. Barreiro hätte eine 0:7-Niederlage seines Mitstreiters wettmachen müssen. Gegen FCA-Prof Marco Richter war der 05-Spieler zwar deutlich überlegen, verlor aber mit 1:3. "Ich fand auch, dass ich besser war, aber ich habe meine Torchancen nicht reingemacht. Es war das 1:2, das mir das Spiel kaputt gemacht hat durch ein Querlegen vor dem Torwart. Das wird in der FIFA-Welt sweaten genannt", erklärte der Spieler nachher.
Den Modus gewechselt
Dennoch sah der Auftritt danach aus, als wisse er, was er tue an der Konsole. Barreiro hat alle Versionen seit FIFA 07 gespielt, "damals noch auf der PlayStation 2. Wenn man das ein paar Jahre gemacht hat, kennt man sich mit den Grundlagen aus. Wenn man es etwas intensiver spielt, dann kann man auch gut in dem Spiel sein." Bis November vergangenen Jahres habe er intensiv gespielt im Ultimate-Modus. "Dann habe ich gemerkt, dass das mit meinem Team nicht so gereicht hat. Wenn man etliche Spiele verliert und dabei komische Tore kassiert, dann ist man danach nicht so gut gelaunt. Das hat mir nicht gut getan. Deshalb bin ich dann in den einfacheren Modus gewechselt", erzählt er. Grundsätzlich sei es aber so, dass man als Fußballer auf der PlayStation Sachen einbringen könne aus dem täglichen Training. Auch Taktik und Raumgefühl. "Und wenn's Spaß macht, kann's eigentlich nicht schaden."
var vp_youtubeid = "qxas281cYmY"; var vp_filename = "";Dass es an diesen Ostern kein Familientreffen gab, ist für den Fußballprofi keine neue Situation. Als Jugendspieler ging’s an Ostern stets auf Turnierreise. "Letztes Jahr aber hatte ich das große Glück, dass ich Zeit hatte und in Luxemburg ausgiebig am Familienfest teilnehmen konnte. Bei uns zu Hause ist es dann so, dass viele eingeladen sind und jeder von ihnen Essen mitbringt. Das bedeutet: viel essen."
Seit ein paar Wochen lebt Leo Barreiro mit einem Kumpel zusammen in seiner Mainzer Wohnung. "Mit ihm habe ich auch an Ostern zusammen gegessen, vorher und nachher dann mit der ganzen Familie telefoniert." Der 20-Jährige hat sich ansonsten im Alltag klare Strukturen verordnet für das Leben im Homeoffice. "Ich habe von Anfang an versucht, meinen Schlaf-Rhythmus einigermaßen zu halten, nicht in eine Art Ferienmodus zu verfallen. Ich habe die zusätzliche Zeit am Tag genutzt, um möglichst viel selbst zu kochen, anhand eines Kochbuchs über gesunde Küche Rezepte ausprobiert. Auch habe ich wieder mehr gelesen. Dazu das tägliche Lauf- und Kraftprogramm, abends Filme oder Serien geguckt. So geht ein Tag eigentlich schnell rum."
Und Barreiro hat sich eine komplett neue Aufgabe gestellt. "Ich habe angefangen, Klavier zu spielen." Ein Keyboard hatte er schon, die App zum Lernen gab’s im Store. Jetzt wird täglich mindestens eine Stunde geübt. "Ich wollte immer ein Instrument spielen. Zuerst habe ich gelernt, wie man Noten liest. Jetzt bin schon ein bisschen besser geworden. Ich weiß nicht, ob ich musikalisch bin, aber es macht mir großen Spaß."
Veränderungen annehmen und umsetzen
Seit einer Woche trainieren die Bundesliga-Profis zudem auch wieder am Bruchweg. "Wir sind eingeteilt mit jeweils sechs Spielern in den einzelnen Kabinen. Ich finde, es ist gut gemacht, denn wir kommen schon mit den Trainingsklamotten an, die wir am Vortag bekommen haben und müssen uns nur noch die Fußballschuhe anziehen. Alle Türen sind geöffnet, damit keiner was anfassen muss, überall sind genügend Desinfektionsmittelspender. Wir sind so eingeteilt, dass nicht jeder zu jedem Physio geht wie sonst, sondern wir haben einen festen Physio, der mit uns über eine private Gruppe die Termine ausmacht", sagt der luxemburgische Nationalspieler. "Auf dem Platz trainieren wir in den Gruppen, wie wir in der Kabine zusammen sind. Wir achten überall sehr auf den Abstand. Abklatschen und solche Dinge gibt’s nicht. Das muss ja bei uns Fußballern genauso sein wie überall."
Motivieren muss sich der 20-Jährige, der in der Rückrunde zum Stammspieler geworden ist, dafür nicht. "Ich sehe es so, dass wir jetzt auch die Chance haben, Sachen zu trainieren, die wir im normalen Ligabetrieb nicht so oft machen. Im Moment sind die Übungen individueller. Wir können die allgemeine Virus-Situation nicht ändern, deswegen müssen wir die Zeit nutzten, in anderen Bereichen zu arbeiten." Selbstverständlich mache er sich seine Gedanken, wie es irgendwann weiter gehen könnte. "Natürlich wird es Veränderungen geben, die man annehmen und versuchen muss bestmöglich umzusetzen."