Nachwuchs 14.04.2020 - 12:00 Uhr
Hoffmeister: "Man bekommt ein ganz neues Bild"
Der Chef-Torwarttrainer des NLZ im Interview
Für Sven Hoffmeister ist die aktuelle Situation eine völlig neue. Der Chef-Torwarttrainer des Nachwuchsleistungszentrums und ehemalige Profi der 05ER verbringt die Zeit seit der Aussetzung des Trainings- und Spielbetriebs am 13. März in Kassel bei seiner Familie. "Ich war noch nie eine so lange Zeit am Stück in unserem Haus, seit wir hier vor sechs Jahren gebaut haben", freut sich der 49-Jährige über die gewonnene Zeit mit seinen Liebsten. Doch auch wenn die Arbeit auf dem Platz fehlt, sein Job als verantwortlicher Trainer für den Torhüter-Nachwuchs kommt nicht zu kurz. Im Interview erzählt uns Hoffmeister wie er und sein Torwarttrainerteam die Jungs beschäftigen, warum bei ihm noch keine Langeweile aufkam und wie er die Torhüter von U9 bis U23 nochmal ganz neu kennenlernt.
Wie trainiert eigentlich ein Nachwuchstorhüter im "Home Office"? Einen kleinen Einblick dazu seht ihr auf dem Instagram-Kanal @05.Nachwuchs.
Hallo Hoffe, wie geht es dir?
Meiner Familie und mir geht es gut, auch meinen Eltern, die bei uns in der Nähe leben. Wir halten uns natürlich an die Regeln. Zwei Geburtstage im familiären Kreis konnten wir deshalb zum Beispiel nicht feiern
Wie verbringst du momentan deine freie Zeit neben der Arbeit?
Eigentlich bin ich jemand, der normalerweise ganz ohne Fußball gar nicht kann. Aber ich bin erstaunt, wie ich mich daran gewöhnt habe. Ansonsten kam noch keine Langeweile auf. Wir haben vor kurzem noch ein Nachbargrundstück dazugekauft. Da musste viel gemacht werden und die Zeit rennt ohne Ende. Ich bin jeden Tag auf der Baustelle. Aber für mich ist das momentan Luxus, denn ich hätte normalerweise nie so viel Zeit dafür gehabt.
Wenn du nicht auf eurer Baustelle bist: In welcher Form gehst du deinem Job als Chef-Torwarttrainer nach?
Da wir nicht auf dem Platz trainieren können, gehe ich alle Themen an, die neben dem Training gemacht werden müssen: zum Beispiel habe ich bereits alle Potenzialanalysen und Beurteilungen Mit meinem Torwarttrainerteam um Toma Trocha, Mario Schieferstein und Frederik Drechsler bin ich im regelmäßigen Austausch und natürlich auch mit unseren Nachwuchs-Torhütern von der U9 bis zur U23.
Wie gestaltet sich der Kontakt konkret?
Natürlich nutzen auch wir alle möglichen Kontaktformen. Wir haben zum Beispiel schon gemeinsame Videokonferenzen mit den Jungs gemacht.
Neben dem reinen Kontakt gibt es auch die inhaltliche Komponente. Wie "trainiert" ihr die Jungs momentan?
Sportlich werden sie über die Programme der Athletiktrainer aktiviert, Toma und ich haben uns deshalb Gedanken gemacht, was wir torwartspezifisch machen können. Wir schulen die Jungs taktisch. Das heißt, die Torhüter von der U15 bis zur U23 bekommen Torwartszenen, die sie bewerten müssen zu den Kategorien Mannschaftstaktik, Torwarttaktik, Technik und Präsenz. Ihre Ergebnisse senden sie an uns, wir sammeln das und werten es aus.
Wie sieht es bei den jüngeren Spielern aus?
Von der U9 bis zur U14 haben wir eine WhatsApp-Gruppe eröffnet, in denen wir ganz einfache Sequenzen posten, die sie im Garten oder im Park mit ihren Eltern nachmachen können und uns dann ebenfalls schicken. Dann können sie ein wenig in der Technik arbeiten, wir sehen sie und halten vor allem den Kontakt.
Der Kontakt steht also sogar ein wenig über dem Inhalt?
Es ist uns ganz wichtig, dass wir in Kontakt mit den Jungs bleiben. Mir ist aufgefallen, dass ich noch nie so viel über private, persönliche Dinge gesprochen habe. Corona ist ein Thema, die Gesundheit, ob es der Familie gut geht. Das kommt im Alltag, auf dem Trainingsplatz viel zu kurz. So lernt man sie nochmal anders kennen. Du erlebst sie im privaten Bereich und bekommst nochmal ein ganz neues Bild.
Was erzählen dir die Jungs, wie erleben sie die aktuelle Situation?
Das, was die Jungs täglich machen, fehlt auf einmal. Und diese Ungewissheit, wie lange diese Zeit noch anhält, beschäftigt sie selbstverständlich. Ich habe diese Situation mal mit dem Karriereende eines Profis verglichen. Es erinnert mich daran, wie ich mich damals nach meinem letzten Regionalligaspiel für Hessen Kassel gefühlt habe. Vom einen Tag auf den anderen fehlt dir die Beschäftigung. Wie die Jungs aber alles annehmen, was wir gerade machen und wie sie alles umsetzen, damit sind wir als Torwarttrainerteam sehr zufrieden.