Fastnachtliche Kompensationsmittel

Eine befremdliche fünfte Jahreszeit neigt sich inmitten der Corona-Pandemie dem Ende entgegen. Eine Zeit der Entbehrungen und der Sehnsucht. Nach einer möglichst baldigen Rückkehr in die Normalität, nach einer unbeschwerten Zeit und einer Rückkehr zur traditionellen rheinhessischen Geselligkeit. Das Mainzer Herz blutet angesichts des notwendigen Verzichts. Und so wollen die 05ER, so Bo Svensson, am Fastnachtssamstag ihr Bestmögliches tun und ihrerseits einen Beitrag leisten, an diesem so ganz und gar nicht normalen Fastnachtswochenende dennoch für, zumindest temporär, glückliche Mainzer zu sorgen.

So leer wie aktuell die Bundesliga-Stadien präsentierte sich an diesem Altweiberdonnerstag um 11.11 Uhr auch der Schillerplatz im Herzen der Stadt, für gewöhnlich Treffpunkt tausender Narren und Narrhalesen. Knapp zwei Stunden später bat Cheftrainer Bo Svensson in der OPEL ARENA zur Pressekonferenz vor dem Duell mit Bayer 04 Leverkusen, in der er verdeutlichte, dass sein Fokus und der seines Teams naturgemäß ausschließlich der sportlichen Herausforderung gelte, gleichzeitig aber betonte, dass die derzeitige Situation schmerze: "Für Mainz als Stadt und unsere Region tut es weh, auf Fastnacht zu verzichten. Normalerweise herrscht gerade jetzt Vorfreude bei allen Beteiligten auf die kommenden Tage. Leider müssen wir darauf verzichten und können dafür vielleicht nächstes Jahr umso mehr Gas geben. Die Zeiten sind für alle schwer, und ich hoffe, dass wir mit dem Fußball dazu beitragen können, dass die Leute Wochenende dennoch etwas Freude haben zuhause." Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen - soviel steht fest - benötigt das 05-Team beim aktuellen Tabellenfünften erneut einen seiner besseren Tage. "Leverkusen verfügt in allen Mannschaftsteilen über eine hohe individuelle Qualität", weiß der Trainer. "Uns erwartet eine extrem schwierige Aufgabe. Dafür werden wir eine Herangehensweise wählen, von der wir glauben, dass sie Leverkusen Probleme bereiten kann."

Und der 41-jährige Ex-Profi glaubt fest an eine Chance seines Teams, das nach dem Sieg über Union Berlin mit spürbarem "Rückenwind" in eine bislang gute Trainingswoche gestartet sei: "Wir wissen, dass wir Qualität und zuletzt gezeigt haben, dass wir Mannschaften in der Bundesliga Probleme bereiten können. Das werden wir auch in Leverkusen versuchen und wissen, dass wir dort sicherlich mehr Sachen richtig machen müssen, als gegen manch anderen Gegner. Viele Chancen werden sich nicht bieten, wir müssen sie also nutzen. Alle Aspekte des Spiels müssen zusammen passen. Vor allem dürfen wir ihnen im Angriff keine Zeit geben in gefährlichen Räumen, wir müssen sie über 90 Minuten bearbeiten, sonst wird man bestraft", mahnt der 05-Coach, der zwar weiterhin auf Robin Quaison (Knieprellung) verzichten muss, darüber hinaus aber aus dem Vollen schöpfen kann und sich alle Optionen offenhält.

Zwei entscheidende Fragestellungen

Und so wollte der Däne auch noch keine Einblicke gewähren in seine taktischen Überlegungen, nachdem sich die 5-2-3- beziehungsweise 5-3-2-Anordnung auf dem Feld zuletzt ein Stück weit etabliert hatte. Viel entscheidender seien, neben derlei Abwägungen, ohnehin andere Aspekte: "Es gibt zwei Facetten, die man als Trainer betrachten muss: 'Was sind die Konstanten, die man immer sehen will und pragmatisch: Was passt am besten zum Spieltag?'", formulierte er zwei Fragen, die er sich mit seinem Trainerteam Woche für Woche stelle.

"Diese beiden Komponenten muss man immer einbeziehen. Es kann von Woche zu Woche variieren. Nicht variieren darf das Gefühl oder der Ausdruck. Das heißt, wenn die Leute unser Spiel schauen, muss zu sehen sein, dass eine Mannschaft auf dem Platz steht, die Leidenschaft ausstrahlt und bereit ist, füreinander alles zu geben. Wir wollen eine intensive Spielweise. System und Spielertyp können variieren, je nachdem, was uns am meisten hilft." Für den Rest gelte das aus seiner Sicht bekanntlich nie.

Lange Unterhosen & die Kür nach der Pflicht

Und so wollen die 05ER, denen der jüngste Wintereinbruch, im Gegensatz zu manchem Konkurrenten, bei der Spielvorbereitung im Übrigen keine Probleme bereitet hat ("außer, dass wir lange Unterhosen anziehen mussten"), den Trend der vergangenen Wochen fortsetzen, in denen mit Svensson an der Seitenlinie sieben Zähler aus sechs Partien eingefahren werden konnten. Das letzte Duell mit Bayer 04 an einem Fastnachtssamstag hatten die 05ER übrigens vor fast genau vier Jahren in der BayArena mit 2:0 (Bell & Öztunali trafen) für sich entscheiden können. Ein gutes Omen? Es bleibt abzuwarten. Bestenfalls, so das Ziel, gelingt es dem FSV, sich seinen Anhängern an diesem im Jahr 2021 so tristen Fastnachtswochenende in gleich zweierlei Hinsicht als maßgeschneidertes Kompensationsmittel anzubieten: Zuvorderst mit einem leidenschaftlichen Auftritt am Samstagnachmittag in Leverkusen, bevor die digitale Mainzer Stadionsitzung (live auf 05ER.tv) am Sonntagabend das i-Tüpfelchen in Sachen fastnachtlicher Kompensationsleistungen bedeuten könnte. Schließlich folgt, das gilt auch im Abstiegskampf, auf jede Pflicht stets die Kür.