Profis 27.11.2024 - 16:00 Uhr
Bell: Das "Radio" in der Mitte
Die Formkurve der 05ER zeigt in den letzten Wochen nach oben – und auch das 05-Urgestein ist aktuell nicht mehr aus der Defensivreihe wegzudenken
Auswärts ungeschlagen – diese Aussage besteht mit Blick auf die Mainzer saison- und wettbewerbsübergreifend mittlerweile seit zehn Spielen in Folge - neuer Vereinsrekord. In Kiel setzten sich die 05ER mit einem klaren 3:0-Sieg durch und nahmen drei Punkte mit nach Hause. Stefan Bell, im hohen Norden wieder als zentraler Mann in der defensiven Dreierkette eingesetzt, sah am vergangenen Sonntag eine ausnahmslos solide Vorstellung der Rheinhessen. “Ich hatte den Eindruck, dass wir in Kiel eine sehr gute Leistung gezeigt haben. Wir waren von Anfang bis Ende konzentriert, konstant und haben genau das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten. Die beiden schnellen Tore zu Beginn der jeweiligen Halbzeiten haben uns im Verlauf der Partie zusätzlich dabei geholfen, Kiel gar nicht erst ins Spiel kommen zu lassen.“ Gegen Hoffenheim soll dies am kommenden Sonntag (15.30 Uhr, live bei DAZN und 05ER.fm) ein weiteres Mal gelingen – Tickets für das Heimspiel sind weiterhin im Online-Ticketshop erhältlich.
"Fans haben ein gutes Gespür"
Zum wiederholten Mal konnten die Rot-Weißen auch auswärts auf die lautstarke Unterstützung ihrer Fans zählen – bei einer Anreise nach Kiel von über 600 Kilometern keinesfalls selbstverständlich. “Es ist auf jeden Fall etwas Besonderes, dass uns an einem Sonntag weit über 1.000 Fans nach Kiel gefolgt sind. Sie haben ein gutes Gespür dafür, wie sie uns unterstützen und belohnen unsere aktuellen Leistungen. Umso schöner und wichtiger war es, dass wir das Spiel am Wochenende für uns entscheiden konnten“, findet auch Bell, der in Kiel nach einer komplizierten ersten Jahreshälfte zum dritten Mal in Folge über die vollen 90 Minuten auf dem Platz stand. “Die ersten sechs Monate waren sehr schwierig für mich, da ich gezwungen war, aus gesundheitlichen Gründen eine lange Auszeit nehmen zu müssen. Keiner wusste genau, wann und wie es mit mir in der neuen Saison funktionieren wird. Deshalb war ich sehr glücklich darüber, dass ich zu Beginn schon einige Minuten sammeln konnte", so Bell über die ersten Partien der aktuellen Spielzeit.
"In den vergangenen Wochen hatte ich wieder die Gelegenheit, viel zu spielen. Die Leistungen haben auf individueller und mannschaftlicher Ebene zuletzt gestimmt, daher hatte ich die Chance, mich ein wenig festzuspielen. Die Startelf ist aber nicht in Stein gemeißelt – das Trainerteam belohnt gute Leistungen und auch als Stammspieler muss man sich in jeder Einheit immer wieder neu beweisen“, so der 33-jährige 05-Profi.
Das "Radio" in der Mitte
Auch von seinen Mitspielern wird Bell als Innenverteidiger geschätzt – Danny da Costa etwa spricht von einem "Radio“, das 90 Minuten lang neben ihm läuft und die Abwehrkette lenkt – eine Rolle, mit der sich Bell durchaus anfreunden kann. “Ich würde schon sagen, dass es als mittlerer Spieler, der die größte Übersicht haben sollte, in der Verteidigung meine Aufgabe ist, viele Details zu korrigieren und mit meinen Mitspielern zu kommunizieren. Vor allem geht es dabei um die Restverteidigung bei Kontern und die Abstimmung mit den Mittelfeldspielern. So definiere ich mich auch hinsichtlich der Art, wie ich spielen möchte.“
In Kiel gab es im Vergleich mit dem Heimsieg gegen den BVB keine personellen Veränderungen in der Abwehr, aufgrund mehrerer Sperren und Verletzungen war diese defensive Kontinuität bisher kaum gegeben. “Grundsätzlich ist es auf jeden Fall hilfreich, wenn wir in der Verteidigung die Gelegenheit haben, uns einzuspielen und dadurch bestimmte Automatismen zu entwickeln. In den ersten Spielen der Saison hatten wir sehr viele erzwungene Wechsel, jede Woche stand eine andere Defensive auf dem Platz. Ich denke aber, dass es einfacher ist, solche Rotationen zu kompensieren, wenn man als Mannschaft gewisse Muster und feste Verhaltensweisen hat, die vor allem die Verteidigung betreffen – das haben wir mittlerweile geschafft", so Bell über die Besetzung in der Abwehr
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Die Mischung macht's
Für die aktuell starke Phase der 05ER sprechen auch die Ergebnisse der jüngsten Spiele: Seit mittlerweile vier Partien sind die Mainzer ungeschlagen und sammelten dabei acht von zwölf möglichen Zählern. “Die vergangenen Spiele waren sehr solide und wir konnten konstant punkten. Davor gab es eine wechselhafte Phase, in der wir hinten mehr Chancen zugelassen haben. Aktuell haben wir eine passende Mischung aus einem hohen und guten Pressing in der Offensive sowie einer stabilen Verteidigung, die unseren Gegnern nicht viel anbietet. Auch im eigenen Ballbesitz sind wir gerade auf einem guten Weg und haben in der Hinsicht ein gewisses Selbstverständnis entwickelt“, zieht Bell ein Zwischenfazit nach elf Spieltagen in der Bundesliga. Über einen konkreten Auslöser für den Aufschwung kann der Defensivakteur nur mutmaßen: “Ich glaube nicht, dass es einen bestimmten Punkt gab, an dem sich vieles verändert hat. Das Pokalspiel gegen Bayern München war bitter, da wir gerade in der ersten Halbzeit sehr schlecht ausgesehen haben. Vielleicht hat die Partie ein wenig unsere Sinne geschärft und gezeigt, dass uns in der Defensive gerade zu viele Fehler passieren. Ich denke eher, dass es ein fließender Prozess ist: Wir setzen die Dinge aktuell sehr gut um.“
Duell zweier zuletzt siegreichen Teams
Gegen Hoffenheim bietet sich für den FSV die nächste Gelegenheit, die gute Serie auszubauen. Bell sieht in den Kraichgauern einen ambitionierten Gegner, der nach dem Wechsel an der Seitenlinie jüngst eine starke Leistung gezeigt hat. “Hoffenheim verfügt über gute Einzelspieler in den eigenen Reihen, den Anspruch, vieles spielerisch zu lösen und am Ende der Saison in der oberen Tabellenhälfte zu landen. Sie kommen mit einem neuen Trainer zu uns, ihre letzte Partie haben sie spektakulär gegen Leipzig gewonnen. Ich bin gespannt, inwiefern sich ihre Spielweise verändert hat und wie sie bei uns auftreten werden“, äußert sich der 33-Jährige zu der nächsten Aufgabe in der MEWA ARENA, wo den Rheinhessen vor der Länderspielpause mit einem 3:1-Erfolg gegen Borussia Dortmund der erste Heimsieg gelang. Für Bell ein besonderer Moment: “Es ist immer wichtig, dass man in einer Saison schnell den ersten Heimsieg einfährt – dieses Mal hat es ein bisschen länger gedauert“, so der Abwehrspieler über den langen Weg bis zum ersten Sieg zuhause. „Dass wir aber jetzt gegen einen so guten Gegner wie den BVB dreifach punkten konnten, war natürlich umso schöner. Trotzdem gibt es immer wieder Phasen, in denen es entweder zuhause oder auswärts besser funktioniert – oftmals wird dann nach den Gründen dafür gefragt. Allerdings steckt kein bestimmtes Muster dahinter, diese Resultate ergeben sich meist einfach aus den Spielen heraus.“
Dass die ersten drei Punkte zuhause nun eingetütet werden konnten, freut Bell umso mehr. “Das hat sehr gutgetan. Für mich lag der letzte Heimsieg aufgrund meiner Erkrankung im Frühjahr lange zurück. Das Spiel war ein tolles Erlebnis für uns alle und ich hatte das Gefühl, dass diese drei Punkte zuhause auch für die Fans im Stadion enorm wichtig waren.“ Am kommenden Sonntag soll gegen Hoffenheim genau daran angeknüpft und der nächste Heimsieg eingefahren werden.