Profis 07.04.2022 - 12:30 Uhr
"Wieder nicht bereit"
Bo Svensson beklagt mangelnde Bereitschaft seines Teams in der Anfangsphase in Augsburg - Schmidt: "Man kriegt immer das, was man schlussendlich auf dem Platz abliefert."
Der Plan, dem 1:1 am Sonntag in Mönchengladbach im zweiten Spiel dieser Englischen Woche endlich den so lange herbei gesehnten Auswärtsdreier folgen zu lassen, ist nicht aufgegangen. Der 1. FSV Mainz 05 hat sein Nachholspiel des 26. Spieltags beim FC Augsburg mit 1:2 verloren.
Gründe dafür, dass die Mannschaft von Bo Svensson auch im sechsten Bundesliga-Auftritt in Folge in der WWK Arena ohne Punkte blieb, gab es einige. Natürlich gab der Foul-Elfmeter, den Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck bereits in der Anfangsphase gegen die Rheinhessen verhängte, der Partie eine Richtung vor, weil Jeffrey Gouweleeuw den Strafstoß verwandelte und den im Abstiegskampf steckenden FCA in Führung brachte. Nach fast 95 Minuten Spielzeit blieb aber auch das Gefühl übrig, dass die Mainzer trotz dieser krassen Fehlentscheidung nicht mit einer 1:2 (0:1)-Niederlage hätten vom Platz gehen müssen. Bei aller Kritik am Video-Assistenten wollte den Eigenanteil an diesem Ergebnis allerdings auch keiner der 05ER kleinreden.
"Das war hier Abstiegskampf pur für Augsburg. Deshalb waren die griffiger, giftiger. Wir hatten am Anfang Mühe, den Kampf anzunehmen. Nach dem Rückstand hatten wir das Spiel in der Hand. Es hat uns aber die letzte Griffigkeit, Körperlichkeit, die letzte Gier gefehlt, das Spiel hier gewinnen zu wollen. Wir haben nicht mehr gekriegt, weil wir uns das heute nicht richtig erkämpft haben und es nicht so gewollt haben, wie es Augsburg gewollt hat. Die letzte Überzeugung, das Spiel hier gewinnen zu wollen, hat uns gefehlt", sagte Martin Schmidt.
Dass der 05-Sportdirektor diese Gründe für die Niederlage anführen musste, war für den Schweizer ebenso überraschend, wie für Bo Svensson und alle, die diese Begegnung verfolgt hatten. Der 05-Cheftrainer hatte im Vorfeld eindringlich vor der Wucht des Gegners gewarnt, der gerade mit den eigenen Fans im Rücken unangenehm zu bespielen sei. Und der nach dem 3:0 gegen den VfL Wolfsburg einen großen Schritt in Richtung Klassenverbleib machen wolle mit der nötigen Erfahrung, mit einer körperlichen und intensiven Spielweise. Um dies zu verhindern, hatte Svensson das "Zweite-Halbzeit-Gesicht" seines Teams aus Mönchengladbach gefordert. Und zwar diesmal nicht nur über 90 Minuten, sondern komplett in den vier noch ausstehenden Halbzeiten dieser Woche in Augsburg und am Samstag in Köln.
Widmer: Ein dummes Gefühl
Nach dem 1:2 musste der 05-Chefcoach jedoch konstatieren: "Wie vor drei Tagen in Gladbach waren wir nicht bereit für das Spiel. Die ersten 35 Minuten haben wir nicht gut ausgesehen." Nach Silvan Widmers sehenswert herausgespieltem Ausgleichstreffer habe das Team ein besseres Gefühl vermittelt und habe überhaupt eine gute zweite Halbzeit gespielt, sagte der Däne. Doch die Mannschaft habe einen weiteren Standard nicht gut verteidigt. Das sei bestraft worden. Svenssons generelles Fazit: "Wir waren halt wieder nicht bereit für das Spiel. Da müssen wir schon hart mit uns selbst umgehen."
Der Torschütze zum 1:1 unterstützte die Kritik seines Trainers. "Es ist ein dummes Gefühl", sagte Widmer. "Wir sind wieder schlecht reingekommen, haben die meisten Zweikämpfe verloren. Wir haben uns das ganz anders vorgestellt, dass wir direkt zeigen, warum wir hergekommen sind." Und so etwas wie nach seinem Treffer dürfe einfach keinesfalls passieren. "Nach einem Tor, egal, ob für oder gegen uns, muss man hinten dicht machen. Das ist uns nicht gelungen. Allgemein können wir mit unserer Leistung nicht zufrieden sein. Klar ist, wenn wir nicht hundertprozentig an unsere Leistungsgrenze gehen, körperlich, läuferisch, dann haben wir große Schwierigkeiten mit jedem Gegner. In den letzten Spielen haben wir das immer nur phasenweise geschafft, wir müssen uns da verbessern", sagte der Schweizer. "Wir brauchen nun eine Top-Leistung über 90 Minuten am Samstag auswärts in Köln."
Auslöser war Zentners Stockfehler
Die folgenschwere Szene in der zehnten Minute war ein Beleg dafür, dass die Mainzer nicht von Beginn an mit allen Gedanken in diesem Spiel waren, wie man es zu Hause von ihnen gewohnt ist. Robin Zentner unterlief nach einem Rückpass ein Stockfehler. Beim Kampf um den zu weit abgeprallten Ball kam der Torhüter zu spät. Der Ex-Mainzer Florian Niederlechner grätschte den Ball ab, ließ sich anschließend vor die Füße des Keepers fallen und wurde erst dann von Zentner berührt. In allen Fernsehbildern klar ersichtlich. Schiri Jöllenbeck entschied auf Foulspiel und Strafstoß. Dass es tatsächlich zur Ausführung des Elfmeters kam, war jedoch nachgerade lächerlich. Kaum zu erklären, warum es in dieser einfach zu überblickenden Szene dazu kam, dass der Videoassistent den Elfer nicht kassierte und den Unparteiischen nicht wenigstens zum Monitor schickte, um nachzusehen. "Wir sind uns alle einig, was da passiert ist", sagte der Sportdirektor. "Die in Köln müssen sehen, dass es nix war und den Schiri vor diesem Fehler beschützen."
Jöllenbeck selbst stellte sich später den Fragen dazu. "Ich habe es in der Halbzeit gesehen und muss sagen: ein klarer Fehler", bestätigte Jöllenbeck, der den Kollegen Tobias Stieler im Kölner Keller zwar nicht offen kritisierte, seine Aussage "ich hätte mir schon gewünscht, dass ich korrigiert werde", ließ sich aber als Kritik deuten. Robin Zentner, der das Ganze mit seinem Fauxpas ausgelöst hatte, sagte: "Wir wollen mit dem Video-Schiri solche Fehler vermeiden, aber es ist nicht das erste Mal in der Saison, dass es nicht funktioniert."
FCA-Torhüter verhindert am Ende Mainzer Punktgewinn
Die Frage, warum sein Team immer wieder auswärts solche Probleme habe und nicht in der Lage sei, über die gesamte Spielzeit die eigenen Stärken auf den Platz zu bringen und vergleichbar konstante Leistungen wie zu Hause anzubieten und warum die Mainzer ein solches Spiel derart unnötig verlieren, vermochte der Torhüter nicht vollständig zu beantworten. "Man kann es natürlich erklären. Weil wir oft nicht bereit waren, auch die Standards nicht verteidigt haben. Wir kriegen zwei Tore durch Standards, das eine wurde noch aberkannt wegen Handspiels. Wir waren oft nicht bereit, haben dem Gegner zu viele Chancen gegeben, was ja sonst unsere Stärke ist, dem Gegner wenig Chancen zu geben, defensiv gut zu stehen." Und dass am Ende eine herausragende Torhüter-Aktion des Augsburger Keepers nach der Großchance durch den Kopfball von Anton Stach den trotz allem möglichen Punktgewinn verhinderte, erinnerte ebenfalls an das Gladbach-Spiel.
"Man könnte sagen, wir haben mehr verdient", erklärte Martin Schmidt, korrigierte sich jedoch sofort selbst. "Man kriegt immer das, was man schlussendlich auf dem Platz abliefert. Und das ist das ganze Spektrum des Fußballs. Da machen wir heute zu wenig." Am Samstag in Köln hat die Mannschaft nun die Gelegenheit sich gegen einen mindestens genauso unbequem zu bespielenden Gegner 90 Minuten lang so zu präsentieren, wies es Bo Svensson fordert und damit dem eigenen Anspruch gerecht zu werden.