Profis 31.03.2020 - 19:30 Uhr
Brosinski zwischen Debüt & Zukunftsgedanken
Nach sechs Jahren läuft der Vertrag des Routiniers beim FSV aus, zwangsläufig spielt er verschiedene Szenarien durch: "Dazu gehört auch, dass es das im schlimmsten Fall erst einmal gewesen sein könnte mit der professionellen Fußballerkarriere"
Im Alter von 31 Jahren feiern die wenigsten Profis ihr Bundesliga-Debüt. Aber es gibt sie eben doch. Möglich macht’s die Bundesliga Home Challenge, mit der die Deutsche Fußball-Liga seit dem vergangenen Wochenende einen neuen Wettbewerb geschaffen hat. Mit dabei für den FSV am ersten Spieltag war Daniel Brosinski, der sich trotz der willkommenen Abwechslung nach einer Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs sehnt. Nicht zuletzt, weil er Werbung in eigener Sache machen möchte.
Gut erholt zeigt sich Brosinski nach seinem heiß umkämpften FIFA-20-Duell mit Dortmunds Achraf Hakimi am Samstagnachmittag (hier in voller Länge bei 05ER.tv). Zweimal war der 05-Profi ins Spiel zurückgekommen und hatte in der Schlussphase durch das virteulle Ebenbild Devante Parkers zum 2:2-Endstand ausgleichen können. Ein Remis, mit dem sich der 31-jährige unter dem Strich aber nicht vollends zufrieden zeigte. "Von der Spielanlage war ich besser, das hat mir auch Hacki im Anschluss geschrieben", sieht sich der Routinier in seiner Einschätzung bestätigt.
"Aber online vor Publikum war einfach eine neue Erfahrung, ich war durchaus nervös, weil ich für Mainz 05 angetreten bin und zudem vor laufender Kamera. Das hat mich etwas beeindruckt, was man in der ersten Halbzeit auch gemerkt hat. Insofern war ich insgesamt nicht ganz zufrieden." Wenn er anfange, etwas zu spielen, wolle er eben auch immer den maximalen Erfolg: "Auch, wenn es, wie an der Konsole, nur um das Prestige geht. Soviel Ehrgeiz habe ich schon", sagt Brosinski, der nach nun rund zwei Wochen im 'Homeoffice' dennoch natürlich in erster Linie andere Prioritäten als eSports in seinem Leben sieht.
var vp_youtubeid = "sRLEvjfcvW8"; var vp_filename = "";Vor allem die tägliche Arbeit in der Gruppe fehle ihm aktuell, erzählt er. Ersetzen könne das auch nicht der Austausch mit einzelnen Teamkollegen oder in der teaminternen WhatsApp-Gruppe. "Wir gehen alle allein laufen, ziehen unser Fitnessprogramm durch, ohne zwischendrin mal flachsen zu können. Ich kann mich zwar selbst ganz gut motivieren, hoffe aber, dass wir möglichst bald in eine Form von Trainingsbetrieb zurückkehren können." Eine Wiederaufnahme und Beendigung der Saison ist das klar formulierte Ziele der Liga. Über die Möglichkeit der Umsetzung dürften in den kommenden Wochen wichtige Erkenntnisse gesammelt werden.
Verschiedene Szenarien
Für Brosinski wäre eine Rückkehr in den Ligabetrieb in zweierlei Hinsicht wünschenswert: Zum einen sehnt sich wohl jeder Sportler danach, sein Hobby beziehungsweise den Beruf seiner Wahl ausüben zu können. Zum anderen ist da der am 30. Juni auslaufende Vertrag. Die vorgesehenen Gespräche mit Sportvorstand Rouven Schröder liegen derzeit zwangsläufig auf Eis, wofür Brosinski, der seit 2014 184 Pflichtspiele (10 Tore) für die Mainzer absolviert hat, Verständnis zeigt. "Es ist natürlich kein schönes Gefühl. Ich kann mich im Moment nicht für die kommende Saison empfehlen und blicke ins Ungewisse. Es ist immer noch denkbar, dass in diesem Jahr gar kein Fußball mehr gespielt wird. Man spielt insofern verschiedene Szenarien durch."
Und diese sehen wie folgt aus: "Dazu gehört auch, dass es das im schlimmsten Fall erst einmal gewesen sein könnte mit der professionellen Fußballerkarriere. Aber ich gehe zunächst vom positiven Fall aus und davon, dass wir bald wieder spielen können. Es gibt natürlich einen Austausch mit dem Klub, aber derzeit steht einfach der Verein an erster Stelle, was völlig nachvollziehbar ist. Wenn wir wieder bessere Zeiten haben, ist sicher Zeit, über andere Dinge zu reden."
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Die Zeit bis dahin nutzt Brosinski, neben dem Zocken an der Konsole und dem Abspulen des individuellen Trainingsprogramms, auch zum Reflektieren. "Am wichtigsten im Hier und Jetzt ist doch, dass wir alle gesund sind und es hoffentlich auch bleiben. Das sollte zunächst an erster Stelle stehen", so der vielseitige Defensiv-Allrounder. Insgesamt, so ist er überzeugt, tue es sicher vielen Menschen gut, sich mal mit anderen Dingen zu beschäftigen. "Man darf dabei aber auch nicht zu kritisch sein und muss das Beste aus der Situation machen. Man spürt in jedem Fall, dass jeder bereit ist zu verzichten, zu helfen, wo er kann. Diese Solidarität in Deutschland und Europa ist schön zu sehen, weswegen ich guter Dinge bin, dass wir die Situation bewältigen werden. Ich persönlich schiebe den Fußball auch immer mal wieder beiseite, versuche die kleinen Dinge wertzuschätzen. Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass ich zufrieden bin, wie mein Leben und meine Karriere bislang gelaufen sind. Andere Menschen haben durch die Situation derzeit auch ohne Zweifel größere Probleme."
Notwendiges Übel
Dass ebendiese Karriere in noch nicht absehbarer Zeit zunächst vor leeren Rängen ihre Fortsetzung finden könnte, betrachtet Brosinski als notwendiges Übel. "Sicher: Sämtliche Emotionen von außen gingen dann flöten. Es wird zudem komisch sein, jedes Wort von Trainer und Mitspielern zu hören. Da wird es gelten, sich gegenseitig noch extremer zu pushen. Es wird ein komplett anderes Spiel und für jeden Spieler ein neues Erlebnis sein, das man annehmen muss. Positiv wäre aber erst einmal, überhaupt wieder Spiele auszutragen. Auch als Signal nach außen. Vielleicht gibt es ja auch Möglichkeiten, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine normale Atmosphäre zumindest simulieren, dafür wäre ich definitiv offen." Mehr als zehn Jahre nach seinem Bundesliga-Debüt für den 1. FC Köln auf dem echten grünen Rasen könnte Brosinski, im Falle einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs, im besten Fall weiter daran arbeiten, die 200-Spiele-Marke zu knacken. 16 Partien im Oberhaus fehlen ihm dazu noch. Und dass er sich zutraut, noch einige Jahre auf hohem Niveau agieren zu können, hat Brosinski in der Vergangenheit gleich mehrfach betont.