Profis 01.05.2023 - 12:05 Uhr
"Dann haben wir noch immer alle Möglichkeiten"
Ein Rückschlag und das Ende der Serie war die Niederlage in Wolfsburg. Nach kritischer Analyse wollen die 05ER weiter nach vorne blicken und schon beim Heimspiel am Freitag wieder ihre Chance nutzen.
Dass auch die schönste Serie einmal zu Ende geht, ist normal. Dass es den 1. FSV Manz 05 nun aber ausgerechnet beim VfL Wolfsburg erwischen würde, dazu erneut so klar und heftig wie in den beiden zurückliegenden Duellen, damit hat beim FSV niemand rechnen können, denn dafür hatte es im Vorfeld dieses Auswärtsspiels am 30. Spieltag der Bundesliga keinerlei Anzeichen gegeben. Im Gegenteil: "Da hast du eine Serie mit zehn Spielen ohne Niederlage, hast zuletzt die Bayern so begeisternd geschlagen und dann kommt man hierher und hat nach zehn Minuten schon das Gefühl, hier ist nichts zu holen, die Serie wird heute beendet. Wir hatten von Anfang an das Gefühl, nicht da zu sein. Es hat heute vieles nicht gepasst. Ein schwarzer Tag nach einer stolzen Serie mit vielen Höhepunkten“, sagte Martin Schmidt unmittelbar nach der 0:3-Niederlage in der Volkswagen Arena ziemlich fassungslos. Bo Svensson hatte eher mit einer extrem engen Partie gegen fleißige Wolfsburger gerechnet, wie der 05-Cheftrainer noch in der Spieltags-Pressekonferenz erklärt und das Ziel ausgegeben hatte, vor dem Tabellennachbarn zu bleiben, weil seine Mannschaft nicht nur das Selbstbewusstsein dafür habe, sondern auch die Qualität.
Entsprechend bedient waren der Coach und dessen Profis nach der klaren Niederlage, die das Team nicht nur den siebten Tabellenplatz kostete, in der die Gäste auch Silvan Widmer mit einer Knöchel- Verletzung verloren. Der 05-Kapitän war bei einer Strafraumaktion so unglücklich umgeknickt, dass er mit einem dick geschwollenen Fußgelenk und starken Schmerzen ausgewechselt werden musste. Ein MRT muss nun Aufschluss darüber geben, wie schwer die Verletzung des Schweizer Rechtsverteidigers ist.
05-Profis mit viel Selbstkritik
"Schade, dass die Serie vorbei ist“, sagte Stefan Bell nach dem Abpfiff. "Mich stört aber mehr die Art und Weise, wie wir verloren haben und dass es gegen einen Konkurrenten in der Tabelle passiert ist. Der Abwehr-Routinier übte sich wie alle seine Kollegen in Selbstkritik. "Wir haben einfach sehr schlecht angefangen, hatten Probleme, schon beim Anlaufen richtig Druck auszuüben. Hinten in der Kette haben wir zu viele einfache Zweikämpfe verloren, uns nicht gut gesichert. Das war in der der ersten halben Stunde von der Intensität her viel zu wenig. Wir waren einfach weit weg von unserem Level.“, sagte der 31-Jährige. Robin Zentner bezeichnete die erste Halbzeit sogar als einen "Schlag in die Fresse“. Da habe gerade die ersten 25 bis 30 Minuten lang alles gefehlt. "Wir hatten keine Härte in den Zweikämpfen, waren nicht eng genug am Mann, immer zu spät, deswegen haben wir so schnell zu viele Tore bekommen. Und auch ich habe nichts gehalten. Wir waren von Anfang an nicht bereit, das hier entgegenzubringen, was das Spiel erfordert hat. Über das ganze Spiel war es nicht das, was wir uns vorstellen", erklärte der Mainzer Torhüter nach der ernüchternden Vorstellung seiner Mannschaft.
Ins Spiel hineingefunden hatten die Gäste sogar noch ganz gut. Schon in der ersten Minute kam Dominik Kohr zu einem Abschluss. Doch wenig später brach das Unheil über die 05er herein. "Wir hatten von Anfang an das Gefühl, nicht da zu sein“, erklärte der 05-Sprtdirektor. "In der Defensive haben wir die linke Seite mit Baku nicht in den Griff gekriegt. Wir hatten nie Zugriff auf dieses Spiel“, so Schmidt. Das nutzte besonders der Ex-05er Ridle Baku gnadenlos aus in der Entstehung des 0:1. Noch schlimmer war die Art und Weise, wie die Mainzer ihr zweites Gegentor kassierten. "Das 2:0 war schon irgendwie bezeichnend, dass wir vier gegen zwei sind und ein Kopfballtor kriegen, ohne dass der Gegner überhaupt einen Zweikampf führen muss“, sagte Bell später. Für Entlastung zu sorgen, gelang den Mainzern längere Zeit nicht, jeder Ball, den sie über die Mittellinie brachten, kam sogleich zurück. So, wie der der weit geschlagene Ball in der 28. Minute, mit dem die Gastgeber perfekt zum 3:0 konterten.
Svensson: "Es lag nicht alles am Gegner“
"Wir haben den Anfang komplett verschlafen. Dann nutzt eine gute Mannschaft wie Wolfsburg das auch aus. Wie wir verteidigt haben, hat mir gar nicht gefallen. So kenne ich das auch nicht von meiner Mannschaft. Wir haben so lange so gut gespielt. Heute nicht. Das muss man so sagen. Der Gegner war klar besser. Und dann verlierst du. Das sind die Fakten, mit denen wir umgehen müssen“, erklärte Svensson. "Trotzdem würde ich sagen, dass nicht alles am Gegner lag. Wenn wir so verteidigen, wie wir es hier getan haben, hätten wir gegen jeden Gegner in der Bundesliga verloren. Wenn wir nicht am Anschlag sind, kriegen wir Probleme.“ Die Umstellungen, die er in der Pause vorgenommen habe, seien okay gewesen, "aber auch nicht mehr.“
Die Hoffnung, den Rheinhessen könne ein ähnlicher Coup gelingen wie 2010, als sie in Wolfsburg aus einem 0:3 ein 4:3 gemacht hatten, keimte nur selten auf. Nach dem Seitenwechsel traten die Mainzer gefestigter auf, spielten offensiver und ließen nicht mehr viel zu. "Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können, wenn wir ans Limit gehen“, sagte Stefen Bell. "Wolfsburg war aber auch nicht mehr zwingend“, relativierte Zentner. Das 0:3 war nun die dritte heftige Niederlage hintereinander gegen diesen Gegner nach dem 0:3 zu Hause in der Vorrunde und dem 0:5 im Auswärtsspiel vor einem Jahr. Eine Erklärung dafür, warum es erneut gegen die Wölfe dermaßen schieflief, hatte auch Zentner nicht. "Gefühlt sind sie immer die effektivste Mannschaft, gegen die wir spielen“, betonte der 05-Keeper. "Seltsam“, meinte Martin Schmidt, "seit ein, zwei Jahren liegt uns Wolfsburg überhaupt nicht mehr. Heute haben ein paar Prozent gefehlt. Wir wissen, wir brauchen in der Bundesliga eine Leistung am Limit, sonst reicht es nicht. Egal, gegen welchen Gegner."
Die Chance, es besser zu machen
Für die Mainzer ist dieses 0:3 ein leichter Rückschlag, aber längst noch nicht das Ende ihrer europäischen Ambitionen. Das bekräftigte auch der gegnerische Trainer. "Wir haben zwar heute gewonnen, aber es ist noch nichts passiert“, sagte Niko Kovac. "Es geht sehr schnell, alles ist eng beieinander, und es wird alles bis zum letzten Spieltag offen sein.“
Der 05-Coach wusste spontan gar nicht genau, was er zur Situation sagen sollte. "Es ist einerseits nicht gut, was wir heute abgeliefert haben. Ich muss aber auch sehen, dass meine Mannschaft zuvor zehn Spiele in Folge nicht verloren hat. Sie jetzt komplett für alles zu kritisieren, fällt mir auch schwer. Wir spielen mit um Europa, und wir sind immer noch nicht weg. Wir haben noch vier Spiele, sind einen Punkt hinter Wolfsburg, es geht weiter. Trotzdem müssen wir natürlich kritisch und inhaltlich mit dem Spiel umgehen, es nicht abhaken, sondern schon bearbeiten, intern darüber sprechen und daraus lernen. Dann haben wir immer noch alle Möglichkeiten. Wir haben In fünf Tagen im Heimspiel gegen Schalke die Chance, es besser zu machen“, sagte Svensson. "Gegen Schalke am Freitagabend (20:30 Uhr, live auf DAZN & 05ER.fm, Rest-Tickets im Online-Shop) brauchen wir eine andere Leistung. Dann muss das Ganze wieder anders aussehen. So, wie es in den vergangenen Wochen ausgesehen hat, sicherlich nicht so wie heute“, erklärte 05-Sportdirektor Schmidt.