Profis 29.07.2013 - 14:18 Uhr
Das gute Gefühl ist zurück
Ende der Vorbereitung: Nullfünfer starten Dienstag in die erste Wettkampfwoche
War es der Urlaub der Spieler? Die gute Bergluft bei der Klettertour? Waren es die Transfers? Oder das gediegene Ambiente auf der Testspielreise an den Lac Léman? Die ansteckend gute Stimmung bei den Nullfünfern ist wahrscheinlich eine Wechselwirkung aus verschiedenen Faktoren. Offensichtlich ist aber, dass sich die Nullfünfer schneller als gedacht von der Frustration der vergangenen Rückrunde befreit haben. Seit Sonntagnachmittag sind die Nullfünfer zurück von ihrer Testspielreise die sie in die Schweiz und nach Frankreich führte. Im Kader herrscht eine ansteckend positive Atmosphäre, auf dem Platz und auch daneben.
Évian-les-Bains am Lac Léman. Ein Urlaubsparadies auf der Südseite des Sees. Hier, wo sich nur die noch besser Verdienenden unter den Wohlhabenden eigene Anwesen leisten können, liegt das Hotel Royal, ein mondäner Hotelkoloss mit ausladendem Blick über den See bis hinüber zum Schweizerischen Lausanne. Das feudale Ambiente war für einige Tage Zufluchtsort für die Nullfünfer zur Vorbereitung auf die kommende Bundesliga-Saison und Sinnbild für ein etwas anderes Trainingslager. Dort, wo die Reichen logieren, schufteten die Nullfünfer und genossen Ruhephasen in grandiosem Ambiente.
Bei der Plackerei der Saisonvorbereitung haben die Mainzer in diesem Jahr die Schwerpunkte etwas verschoben. In der klassischen Phase des Trainingslagers blieben sie daheim am Bruchweg. Nirgends sonst könnten Trainingsbedingungen, Infrastruktur und medizinische Versorgung besser sein. Den abschließenden Schwerpunkt in der Vorbereitung bildeten fünf Testspiele in nur zehn Tagen. Für drei dieser Spiele fuhr das Team in die Fremde – und zwar für eine besondere Wettkampf-Simulation: „Auswärts-Testspiele“. „Testspiele auf neutralem, besser noch auf fremden Terrain gegen Heimmannschaften haben einen anderen Charakter als Testspiele daheim, weil die Gegner einfach anders auftreten und ihr Terrain verteidigen“, begründete Thomas Tuchel diese Maßnahme und fühlte sich in den Testspielen beim FC Basel (3:3), gegen den SC Bastia (3:1) und beim Évian Thonon Gaillard FC (1:0) bestätigt.
Mit Bravour bestanden
Insbesondere die Spiele am Lac Léman entwickelten sich für die Mannschaft zu echten Überwindungsspielen. Temperaturen über 30 Grad Celsius, hohe Luftfeuchte und zwei bissige, betont physisch und manchmal sogar überhart spielende Kontrahenten forderten der Mannschaft körperlich alles ab. Die Nullfünfer bestanden diese Tests ausgerechnet gegen die beiden führenden Teams der Foulstatistik der französischen Ligue 1 mit Bravour. Nicht, weil ihnen keine Fehler unterlaufen wären, sondern weil sie trotz der Belastung brillante fußballerische Akzente setzten, weil sie beim kleinen Testspiel-Marathon immer stabil blieben und weil sie eine besondere Einstellung an den Tag legten. „Wir sind sehr zufrieden mit diesen Testspielen. Vor allem auch mit der Mentalität, in der die Mannschaft diese absolviert hat, wir haben uns richtig überwinden müssen. Das war ein rundes Paket, was die Mannschaft abgeliefert hat“, sagt Thomas Tuchel.
Auffällig war, dass die Integration der immerhin sieben neuen Spieler sehr positive Fortschritte macht. Die Nullfünfer haben beim überwiegend selbst initiierten Personalwechsel sehr bewusst auf die Auswahl der Charaktere geachtet und das Rollenverständnis sportlich und menschlich bei den Zugängen klar artikuliert. „Die neuen Spieler haben sich sehr bewusst für uns entschieden. Unsere Erwartungen an sie sind bei jedem Einzelnen erfüllt. Wir sind sehr zufrieden mit ihrem Anpassungsprozess. Die neuen Spieler bringen sich aktiv ein und sind sehr offen“, sagt Tuchel. Dieser Prozess wurde in den vergangenen Wochen auf und abseits des Platzes aktiv unterstützt. So waren die Nullfünfer sogar zu einer dreitägigen Klettertour in den Schweizer Alpen gestartet.
Die Zugänge Shinji Okazaki, Joo Ho Park, Julian Koch, Johannes Geis, Sebastian Polter, Christoph Moritz und Dani Schahin saugen dieses besondere Arbeitsklima auf und geben der Mannschaft durch ihre fokussierte Arbeit und positive Art ein absolut gewinnbringendes Gefühl zurück. Die Etablierten stehen ihnen nicht nach. Zwei Beispiele: Nicolai Müller hat die Nominierung zu den beiden Testspielen der deutschen Nationalmannschaft in den USA nach Saisonende einen gehörigen Schub verpasst, der 25-Jährige strotzt nur so vor Selbstbewusstsein und Tatendrang. Und: Eric Maxim Choupo-Moting ist zurück. Nach fast einjähriger Leidenszeit aufgrund von zwei Knieoperationen blüht der Angreifer förmlich auf, seine positive Art wirkt einfach ansteckend.
Team macht Laune
Die Stimmung bei Mainz 05 und die beachtlichen Leistungen in den ungeschlagenen Testspielen mit zuletzt vier Siegen und einem Remis gegen vier Erstligisten aus dem europäischen Ausland machen Laune und strahlen aus. Die Nullfünfer werden gar schon als Kandidat für das Überraschungsteam der Saison gehandelt. In diesen Kategorien denkt Coach Thomas Tuchel nicht, doch er bremst auch nicht künstlich ein. „Wir müssen die Situation jetzt nicht kleinreden. Wir sind sehr zufrieden mit der Vorbereitung. Die Mannschaft hat sich die Ergebnisse in den Spielen erarbeitet. Der Zusammenhalt in der Mannschaft ist groß, sie ist auf einem guten Weg“, sagt Tuchel. „Wir brauchen uns aber auch nichts darauf einbilden und können es realistisch einordnen. Wir haben damit nämlich noch nicht einen Dreier in der Bundesliga geholt. Darauf wird es jetzt angekommen. Aber wir haben keine schlechten Vorzeichen für die Saison. Und das ist mir viel lieber als eine schlechte Vorbereitung hinzulegen.“
Am Dienstag um 17 Uhr folgt das erste Training am Bruchweg nach der Heimkehr aus Frankreich. Es ist der Beginn der ersten klassischen Wettkampfwoche der Saison, die ausgerichtet ist auf das DFB-Pokalspiel bei Fortuna Köln am Samstag um 15.30 Uhr im Kölner Südstadion. Vor dem Trainer liegen schwere Entscheidungen bei der Besetzung des 18er-Kaders, Abwägungen, welche Spieler mit dem welchem Fitness- und Vorbereitungsstand im Spiel beim Regionalligisten der Mannschaft bereits wichtige Impulse geben kann – und wer dies erst zu einem späteren Zeitpunkt tun wird. Eines zeichnet sich aber unabhängig von der Auswahl des Personals am Samstag schon ab: diese Mannschaft macht Laune auf Fußball Marke Mainz 05. Das gute Gefühl ist zurück!