Profis 07.01.2013 - 18:28 Uhr
Die Würze in der Kürze
Das Trainingslager in Marbella war zwar kurz, hat aber alle Ansprüche erfüllt
Zu Hause ist es eigentlich am schönsten. Diese Wertschätzung des eigenen Domizils stellt sich nicht nur nach so manch langem Urlaub ein, sondern teilweise auch schon vor der Reise, im Fall des 1. FSV Mainz 05 vor der Planung des Wintertrainingslagers. Warum in die Ferne schweifen, wenn es eigentlich auch vor der Haustür geht? „Wir haben daheim wirklich beste Trainingsbedingungen, eine Rasenheizung und einen großen Athletikraum mit allem nötigen Equipment, den man so auf keiner Anlage findet“, lobt Thomas Tuchel die eigenen vier Wände. Der Schwerpunkt dieses Trainingslagers lag allerdings neben der Athletik und auch auf Testspielen, in denen man die bereits gelernten Automatismen umsetzen und gleichzeitig Spielpraxis nach der Pause sammeln kann. Und dieses Kriterium war schließlich ausschlaggebend dafür, dass die 05er doch noch ihre Siebensachen gepackt und den Flieger gen Spanien genommen haben. „Wenn man jetzt nicht völliges Schneechaos kriegt, hätte man auch gut zu Hause trainieren können. Aber die Testspielgegner haben gefehlt und deshalb sind wir dorthin gefahren, wo viele Teams sind“, sagt der 05-Coach. In Marbella und Umgebung ist in der Tat aktuell viel Fußballprominenz aus den europäischen Ligen vertreten. Neben den Mainzer Testspielgegnern Fortuna Düsseldorf, FC Brügge und Preußen Münster trainieren aktuell auch Zulte Waregem, RAEC Mons, Feyenoord Rotterdam, Celtic Glasgow, Steaua Bukarest und der 1. FC Nürnberg in unmittelbarer Nähe.
Die Reise hat sich für die 05er gelohnt, denn die Testspiele hatten genau den Effekt, den sich der Cheftrainer erhofft hatte. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Auftreten meiner Mannschaft“, resümiert der Coach nach zwei von drei Testspielen, „sie hat totale Bereitschaft gezeigt, Leistung abzurufen und bis an ihre Grenzen zu gehen. Man hat richtig gemerkt, dass sie Lust haben, zu verteidigen, offensiv zu agieren und unsere Spielprinzipien auf dem Platz umzusetzen. Alle haben sich bis in die Haarspitzen der Sache verschrieben und gehen in jeder einzelnen Trainingseinheit an ihr Limit. Das ist wirklich außergewöhnlich und fühlt sich einfach gut an“, freut sich Tuchel. Die Harmonie auf dem Platz und der Kabine sowie das gute Gefühl, dass ein Rädchen ins andere greift, erklärt der Fußballlehrer mit einem einfachen Begriff: Vertrautheit. „Wir spielen und trainieren seit eineinhalb Jahren zumindest weitestgehend in dieser Zusammensetzung. Viele Prinzipien sind schon verinnerlicht und viele Automatismen geprägt, daher haben wir den Fokus hier verstärkt auf die Spiele gelegt und nicht so sehr auf spieltaktische Trainingsformen.“
Das Trainingslager steht somit nicht mehr klassisch im Zeichen der Konditionsförderung nach der Winterpause. Dies sei nicht nötig, erklärt der Trainer, da die Pause recht kurz war und die Spieler mit einem individuellen Trainingsplan in die Weihnachtsferien geschickt worden sind - technische Überwachung der Einhaltung des Trainingsregiments inklusive. „Die Jungs sind fit aus der Pause gekommen, es ging also eher darum, neue Impulse zu setzen.“ Für einige der Spieler, die bislang nur kurze, unregelmäßige oder gar keine Einsätze bekommen haben, ging es weiterhin darum, sich im Trainingslager und den drei angesetzten Testspielen zu präsentieren und für mehr Zeit auf der Bundesligabühne zu empfehlen. Dazu gehört beispielsweise Chinedu Ede, der sowohl gegen Düsseldorf als auch gegen Brügge ein Aktivposten auf dem Platz war und dazu ein Tor gegen die Fortuna erzielt hat. „Man merkt, dass die Antennen draußen sind. Er ist sehr auffällig in der Bereitschaft, den nächsten Schritt zu machen. Das gilt aber auch für Marcel Risse, Nikita Rukavytsya, Yunus Malli und Stefan Bell", so Tuchel. Aber auch die drei U-23-Youngsters Benedikt Saller, Felix Müller und Fabian Kalig haben positive Eindrücke hinterlassen. „Bene hat gute Anlagen, verfügt über eine gute Handlungsschnelligkeit und bringt eine hohe Spielintelligenz mit, deshalb war er ja auch schon im Sommer dabei. Jetzt haben wir gewartet, bis er nach seiner Patellasehnenentzündung wieder ins Training einsteigen kann. Für Felix war es etwas schwieriger, das Niveau und das Tempo im Training sind neu, und er musste sich an die neue Position hinten links (normal Mittelfeld links, Anm. d. Red.) erst einmal gewöhnen. Aber er hat zweimal mit Glück und Geschick verteidigt, genau wie Fabian auch.“
Im dritten Testspiel gegen Preußen Münster soll jeder noch mal 45 Minuten Einsatzzeit bekommen, ehe es Dienstagnachmittag in den Flieger zurück nach Mainz geht. Dort geht es dann direkt weiter mit zwei Testspielen am Wochenende gegen Essen und beim Stadtwerke Düsseldorf Wintercup. Und mit Einheiten auf dem Trainingsgelände am Bruchweg. Denn in der Mainzer Heimat ist der Grundstein dafür gelegt worden, dass beim Trainerstab in diesem Trainingslager kaum Wünsche offen blieben.