Nachwuchs 07.06.2016 - 15:07 Uhr

Ein echter Charaktertest

Bo Svensson blickt zurück auf sein erstes Jahr im Nachwuchsleistungszentrum

Der frühere 05-Verteidiger Bo Svensson trat nach einem Jahr im Trainerteam der Bundesligamannschaft im Sommer seinen neuen Job als Trainer der U16 an, übernahm im Januar die U17 und sicherte den Klassenerhalt in der B-Junioren Bundesliga. Vor seiner Sommerpause blickt Svensson im Interview zurück auf ein ereignisreiches Jahr als Nachwuchstrainer am Bruchweg.

Bo, wie klingt dein persönliches Fazit nach einem Jahr im Nachwuchsleistungszentrum?

Bo Svensson: „Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung, diesen Weg einzuschlagen. Ich habe nach dem Jahr im Trainerteam der Profis gemerkt, dass ich die Erfahrung gebraucht habe, auch mal selbst für eine Mannschaft verantwortlich zu sein. Jetzt waren es sogar zwei Mannschaften innerhalb eines Jahres und es war sicher nicht alles einfach – aber ich denke schon, dass ich jetzt viel mehr weiß als zu Anfang der Saison.“

Was genau hast du für dich mitgenommen in diesem Jahr?

Bo Svensson: „Angefangen von den ganzen Abläufen hinter der Arbeit auf dem Platz, die ich so ja noch gar nicht kannte. Und es ist schon etwas ganz anderes, für alles alleine verantwortlich zu sein. Ich war 15 Jahre Profi, da ist immer jemand anderes für dich verantwortlich. Als Co-Trainer hatte ich dann zwar meinen kleinen Bereich, aber jetzt bin ich derjenige, der dafür sorgen muss, dass alles funktioniert. Das war auf jeden Fall eine neue Erfahrung für mich. Und dann habe ich jetzt ungefähr 200 Einheiten auf dem Platz geleitet, für deren Inhalte ich selbst sorgen musste, die Justierung im Training und der Umgang mit den Spielern. Da habe ich sicher auch nicht immer alles perfekt gemacht, sondern kann jetzt auch einige Dinge einschätzen, die ich besser machen kann. Und genau dafür habe ich den Schritt ja gemacht und ich denke, dass ich schon in einigen Bereichen besser geworden bin als Trainer.“

Was war die größte Herausforderung in deinem neuen Job?

Bo Svensson: „Da gab es mehrere. Wenn man aus dem Profibereich kommt und nur an den Umgang mit erwachsenen Menschen gewöhnt ist, ist es erstmal schon ein großer Unterschied in der Ansprache auf und neben dem Platz, in der Art und Weise, wie der Alltag der Spieler aussieht, aber auch fußballerisch natürlich. Für mich war es eine große Herausforderung, zu lernen, wie ich die Dinge erklären und vermitteln kann, sodass ich den Spielern und der Mannschaft damit auch gerecht werde. Die größte Herausforderung war aber wahrscheinlich, dass ich als Profi daran gewöhnt war, zwei oder drei Stunden am Tag mit hoher Intensität zu arbeiten und sehr viel Zeit mit meinen Kindern verbringen konnte. Das geht jetzt natürlich nicht mehr, da wir erst abends trainieren und es für unsere Familie eine große Umstellung bedeutet, dass ich erst nach Hause komme, wenn meine Kinder schon schlafen.“

Nach der Hinrunde mit der U16 hast du die U17 zur Rückrunde übernommen – war das ein spürbarer Unterschied in der inhaltlichen Arbeit?

Bo Svensson: „Ja, absolut. Die Grundvoraussetzungen sind ja schon ganz andere. In der U16 besteht bei uns kaum die Gefahr, abzusteigen. Da kann man auch mal etwas ausprobieren. Auch wenn ein Jahr Altersunterschied nicht nach viel klingt: Das ist ein Mega-Jahr, in dem in der Entwicklung extrem viel passiert. Körperlich, mental aber auch fußballerisch und taktisch. Mit der U17 spielst du auf einmal gegen Stuttgart und Bayern und es geht um entscheidende Punkte, das ist in vielen Dingen wirklich etwas ganz anderes als in der U16. Klar geht es auch da um die Entwicklung der einzelnen Spieler, aber in der sportlichen Situation unserer U17 ging es ja erstmal darum, Punkte zu holen. Diesen Druck, den die Jungs da auch spüren, hatten wir in der U16 natürlich nicht.“

War der Sieg gegen Elversberg, mit dem ihr den Klassenerhalt am vorletzten Spieltag klar gemacht habt, dann eine große Erleichterung?

Bo Svensson: „Weniger dieser Sieg, sondern schon der Spieltag zuvor, als klar war, dass wir es zuhause gegen Elversberg selbst in der Hand haben werden. Das Spiel war dann ja auch sehr früh entschieden, da habe ich mich vielleicht eher noch darüber geärgert, dass wir so ein bisschen mit angezogener Handbremse unterwegs waren und unsere Qualität nicht ausgeschöpft haben. Am Klassenerhalt habe ich eigentlich nie gezweifelt, deshalb hat da vielleicht schon wieder die Spielanalyse überwogen.“

Mit einem weiteren Sieg habt ihr die Saison in Fürth beendet. War das für dich ein passender Schlusspunkt?

Bo Svensson: „Es gibt da immer zwei Seiten. Wenn man den Kontext des Spiels betrachtet, dass es für eine Mannschaft um alles geht und für die andere um gar nichts mehr, dann ist klar, dass der Ausgang für die eine Mannschaft auch sehr tragisch sein kann. Da fällt es dann im ersten Moment schwer, die eigene Leistung zu loben. Aber ich habe auch den Jungs gesagt, dass wir uns davon ein bisschen frei machen müssen. Wenn man nur unsere Leistung betrachtet, dann war das schon ein würdiger Abschluss der Saison. Ich denke, es gibt nicht viele Mannschaften, die unter diesen Vorzeichen so ein Spiel gewinnen. Und das auch verdient. Da muss man schon etwas Besonderes mitbringen. Inhaltlich geht es kaum besser als in diesen 80 Minuten. Das zeigt einfach, was in der Mannschaft steckt. Und klar, das letzte Spiel bleibt immer länger im Gedächtnis als andere, deshalb freut es mich umso mehr für die Jungs, dass sie sich mit so einer überzeugenden Leistung aus der Saison verabschieden konnten. Das Jahr war für die Mannschaft ein echter Charaktertest, genauso wie das letzte Spiel. Und dass die Jungs den mit solcher Qualität bestanden haben, war für mich schon ein Highlight.“

Wie würdest du den Schritt beschreiben, den die Jungs in der Saison gehen mussten?

Bo Svensson: „Neben dem fußballerischen war das schon auch ein großer Schritt im Kopf. Die Mannschaft hat viele Erfolge gefeiert, war Meister, Deutscher Hallenmeister und hat auch in den Leistungsvergleichen mit anderen Nachwuchsleistungszentren gut abgeschnitten. Man muss dann schon lernen, dass man das nicht so einfach in die Zukunft übertragen kann. Man muss immer wieder neue Ziele setzen und die dann auch mit Leben füllen. Gerade im Jugendfußball ist es wichtig, dass man jeden Tag aufs Neue an sich arbeitet und sich nicht damit beschäftigt, was gestern war, oder was man im letzten Jahr erreicht hat. So einfach es klingt: Das Geheimnis liegt in der täglichen Arbeit und darin, sich selbst jeden Tag besser machen zu wollen.“

Heute geht es auch für dich in die Sommerpause, was erwartet dich in der nächsten Saison?

Bo Svensson: „Genau, jetzt geht es erstmal in den Urlaub, wobei die Planungen für die nächste Saison natürlich auch schon laufen. Ich habe in meinen beiden Jahren im Trainerbereich immer zum Winter hin eine ganz neue Aufgabe bekommen und hoffe, dass ich nächste Saison erstmal eine Sache durchziehen kann (lacht). Ich finde, dass der U17-Bereich sehr gut zu mir passt und für mich auch der richtige Schritt ist, als Trainer besser zu werden. Wir haben einiges vor im nächsten Jahr und wollen bei aller Notwendigkeit, Spiele zu gewinnen auch inhaltlich noch weiter vorankommen. Ich bin überzeugt davon, dass wir uns zum Beispiel mannschaftstaktisch noch variabler aufstellen können und an vielen kleinen Dingen schrauben können, um die Jungs noch besser zu machen.“