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Engagement 08.10.2020 - 13:00 Uhr

"Ein Energie­managementsystem ist alternativlos"

Stephan Bandholz über die Zuschauerrückkehr, Energiemanagement in der OPEL ARENA und die neu eingeführte Kompensation der Anreise von Gastmannschaften

Stephan Bandholz bei einer Stadionführung auf dem Dach der OPEL ARENA neben der Photovoltaik-Anlage.

Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums seiner Klimaneutralität begeht der 1. FSV Mainz 05 vom 07. bis 15. Oktober die erste 05ER Klimaverteidiger-Woche. Grund genug, um mit Stephan Bandholz, Arena-Manager und stellvertretender Direktor Organisation, über die Klimaschutzaktivitäten rund um die Heimspielstätte der 05ER zu sprechen.

Seit 2010 ist Bandholz beim FSV tätig, war somit maßbeglich mit an den baulichen Maßnahmen zur Fertigstellung der 2011 eröffneten OPEL ARENA beteiligt. Gemeinsam mit seinem Team schafft er die Voraussetzungen, dass der Spielbetrieb an 365 Tagen im Jahr gewährleistet werden kann. Doch dies ist nur eine der Aufgaben, die darüber hinaus vielfältiger kaum sein könnten. Im Interview spricht Bandholz über seine Aufgaben in und rund um die Arena, erläutert, weshalb ein funktionierendes Energiemanagementsystem die Basis allen Handelns darstellt und lobt die Anhänger der 05ER nach der erfolgten Teilrückkehr auf die Ränge.

Das gesamte Interview erscheint am Samstag im Nullfünfer, der Beilage im Mainzer Wochenblatt.

Seit Saisonbeginn dürfen Fans wieder auf den Rängen der OPEL ARENA Platz nehmen. Das  dürfte unter den aktuellen Bedingungen eine große Herausforderung für dich und dein Team darstellen.

Bandholz: "Keine Frage. In Corona-Zeiten nimmt die Umsetzung von Auflagen in Abstimmung mit den Behörden, Partnern, aber genauso anderen Abteilungen im Verein naturgemäß viel mehr Raum ein. Wir möchten Wünsche realisieren, dürfen uns derzeit aber natürlich nur in engen Grenzen bewegen, die sich zudem wöchentlich verschieben können aufgrund der dynamischen Entwicklung rund um das Virus. Was ich hervorheben möchte, ist, dass die Zusammenarbeit mit dem Rechts- und Ordnungsamt, genauso wie mit dem Gesundheitsamt der Stadt Mainz, sehr konstruktiv ist und geprägt von einem hohen Maß an Verständnis für die Gesamtsituation. Wir bekommen viel positives Feedback hinsichtlich unserer Konzepte und sammeln gemeinsam viele wertvolle Erfahrungen. Das führt zu Vertrauen, das sich auch in der geplanten Zulassung von 6800 Fans im Spiel gegen Bayer Leverkusen widerspiegelt. Damit hätten wir uns gegenüber dem Pokalspiel gegen Havelse fast viersiebenfacht. Es zeigt, dass das, was wir uns bei Mainz 05 überlegt haben, bislang gut funktioniert. Das Verhalten der Fans war in den ersten beiden Spielen vorbildlich. Sie gehen sehr sensibel und verständnisvoll mit der Situation um, was uns das Leben einfacher macht. Wir sollten es alle als Chance sehen, wieder so vielen Fans wie möglich das Stadion-Erlebnis zu ermöglichen. Die größten Herausforderungen werden sicher auch in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin die sich permanent verändernden Rahmenbedingungen, neue Verordnungen oder unterschiedliche Ansätze auf Bundesgebiet sein."

Kommen wir zu einem anderen Thema: Im kommenden Jahr feiert die OPEL ARENA ihr zehnjähriges Jubiläum, bereits in diesem Jahr feiert die Mission Klimaverteidiger diesen Jahrestag. Ökologische Aspekte spielten bereits bei Planung und Bau der OPEL ARENA eine große Rolle. Wodurch zeichnet sich der Standort aus?

Bandholz: "Auf dem Dach der OPEL ARENA befindet sich seit 2011 eine der drei größten Solardach-Anlagen auf Fußballstadien in Deutschland. Auf einer Fläche von 9.000 Quadratmetern werden jährlich etwa 700.000 kWh Strom erzeugt und ins öffentliche Netz eingespeist, was dem Jahresbedarf von knapp 200 Privathaushalten entspricht. Die Anlage vermeidet so jährlich den Ausstoß von etwa 470 Tonnen CO2. Bereits im Jahr im Jahr 2004 hat Mainz 05 übrigens auf dem Dach der Südtribüne des Bruchwegstadions, gemeinsam mit Partner juwi, eine Photovoltaikanlage installiert, die bis heute jährlich den Ausstoß von etwa 100 Tonnen CO2 einspart. Ganz wichtig ist für uns aber auch das Energiemanagementsystem und die ständige Kontrolle unseres Ressourcenverbrauchs."

05ER für den Klimaschutz: Alle Infos findet ihr hier

Was bedeutet das konkret?

Bandholz: "Das Energiemanagementsystem (ISO 50001) ist seit 2016 die neue Basis unseres nachhaltigen Arbeitens, insbesondere für die Bereiche Strom, Wärme und Wasser. Denn bevor man sich damit beschäftigt, wo man ökonomische und ökologische Maßnahmen umsetzen kann, muss man eine umfangreiche Kenntnis seines Gebäudes haben, sozusagen eine Ist-Analyse durchführen. Wir müssen identifizieren, wo wir verbrauchen, wie man hier steuern und nachjustieren kann. Das setzt voraus, durch jeden Raum zu gehen, Glühbirnen, Lüftungsanlagen, Computer usw. zu erfassen. So können wir mittlerweile 98 Prozent unseres Gesamtenergieverbrauchs erklären. Dieser Detaillierungsgrad ist äußerst hoch. Es geht um die Suche nach Potenzial, Energie einzusparen. Ein konkretes Beispiel, anhand dessen deutlich wird, weshalb ein funktionierendes Energiemanagementsystem alternativlos ist, ist unsere Rasenheizung. Sie hat eine Pumpe, die das Wasser im Kreis pumpt, früher über 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr. Die Frage, die wir uns gestellt haben, war, ob das nötig ist. Mittlerweile arbeitet diese Pumpe mit einer Zeitschaltuhr nur noch bedarfsgerecht, um Ablagerungen in den Leitungen zu verhindern. Durch diese Maßnahme sparen wir über 90 Prozent der vorherigen Stromkosten, gleichbedeutend mit ungefähr 20.000 Euro im Jahr. Ein detailliertes Wissen um dein eigenes Gebäude ist insofern unheimlich wichtig. Wir sind ständig darum bemüht, hier effizienter zu arbeiten, Ressourcen und natürlich auch finanzielle Mittel einzusparen. Aber auch bei Nachrüstungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, wie beispielsweise der Umstellung unserer Flutlichtanlage auf LED-Betrieb, suchen wir nach kreativen Lösungen, nachhaltig zu arbeiten. So sind 40 Prozent der alten Lampen nun an einem anderen Standort, einer Skisprunganlage, im Einsatz, anstatt sie zu entsorgen."

Wie muss man sich dieses Energiemanagementsystem in der Praxis vorstellen, wird Jahr für Jahr eine Kontrolle durchgeführt?

Bandholz: "Das ist ein permanenter Prozess. Bei jeder auch noch so kleinsten Veränderung passen wir unsere Übersichtsliste an, da wir unseren Energieverbrauch einmal pro Jahr offenlegen und erklären müssen. Im Rahmen dessen findet jeweils ein zweitätiges, sogenanntes Überwachungsaudit des TÜV-Rheinland sowie, dem vorgeschaltet, ein internes Audit, statt. Hinzu kommen regelmäßige Workshops, in denen gesetzliche Neuerungen betrachtet und Optimierungsvorschläge erarbeitet werden. Das begleitet uns permanent."

Seit dem Beginn der Saison 2020/21 ist mit der Kompensation der Anreise der Gastmannschaften eine weitere Komponente im Bereich der Klimaneutralität hinzugekommen. Was hat es damit auf sich?

Bandholz: "Wir berechnen den CO2-Fußabdruck des Gesamtvereins bekanntlich schon seit vielen Jahren. Beginnend mit dem Heimspiel gegen Stuttgart haben wir uns nun entschieden, die Anreise der Gegner als Veranstalter und Ausrichter zu kompensieren. So möchten wir eine klimaneutrale Anreise der Gäste garantieren, wofür wir zunächst exakt erfassen, wie die Mannschaften anreisen, wo sie übernachten und anschließend mit dem Partner myclimate berechnen, welchen CO2-Ausstoß dies zur Folge hat. Zur Bestätigung einer klimaneutralen Anreise überreichen wir im Anschluss an die Spiele künftig ein Zertifikat und kompensieren den CO2-Verbrauch über die Unterstützung eines Klimaschutzprojekts in Ruanda."