Spielbericht 07.12.2015 - 00:00 Uhr

Entschlossen in der Endzone

Schnell, trickreich und ein Traumtor: Jairo brilliert im Volksparkstadion

Alle Augen auf den HSV. Und auf Yunus Malli und Yoshinori Muto. Doch beim Auswärtssieg der Nullfünfer im Volksparkstadion kam alles anders, als von vielen Fans erwartet. Nicht der wieder erstarkte Liga-Dino, noch der Mainzer M-und-M-Sturm schrieben am Samstag die Schlagzeilen, sondern ein kleiner, stiller Spanier, dem bisher nicht die schrillen Schlagzeilen gehörten. Jairo, seit anderthalb Jahren ein Nullfünfer, legte einen bärenstarken Auftritt mit zwei Toren und einer Torvorlage hin. Ins Gedächtnis dieser Saison schoss er sich aber mit dem bisher wohl kuriosesten Treffer dieser Runde.

Nach einer wunderbaren Kombination durchs Mittelfeld nahm Jairo eine Vorlage von Yoshinori Muto auf, drang links in den Strafraum ein. Seinen Flachpass wehrte HSV- Verteidiger Johan Djourou gerade noch so ab. Die Kugel sprang zurück zu Jairo, der die Szene am Boden liegend verfolgt hatte, direkt auf den Schlappen. Der Spanier reagierte blitzschnell, traf die Kugel mit dem linken Schienbein und lupfte sie aus 15 Metern und spitzem Torwinkel über Keeper Jaroslav Drobny hinweg unter den Querbalken. Ein Glücksschuss, garniert mit einer großen Portion Körperbeherrschung und Technik. Ein kurioses Traumtor, zu dessen Deutung die Medien sogar den auf der Tribüne staunenden Uwe Seeler, die HSV-Legende und deutsche Instanz in Bezug auf kuriose Torerfolge, zu Rate zogen.

Für die Nullfünfer war diese Szene der Taktgeber für eine Partie, in der die Gastgeber den Nullfünfern in der Defensive zunächst einige Probleme bereiteten. Die Mainzer zogen ihr Umschaltspiel auf, mussten aber auch die eine oder andere kritische Szene im eigenen Strafraum überstehen. „Unser Mittelfeldzentrum war zu offen, das haben wir in der Pause mit Videosequenzen angesprochen. Die Mannschaft hat das dann nach dem Seitenwechsel stark umgesetzt“, sagte Trainer Martin Schmidt.

In der zweiten Halbzeit hatte der HSV eigentlich nichts mehr zu melden. Julian Baumgartlinger, der von Martin Schmidt ein Sonderlob kassierte („Vor allem in Bezug auf sein Positionsspiel auch schon vor der Pause sein bestes Spiel für uns“), und Gonzalo Jara (erst zum zweiten Mal im zentralen Mittelfeld aufgeboten) dominierten nun das Mittelfeld, aus den Ballgewinnen des Defensivverbunds fuhren die Mainzer brillante Konter. Der in seinem Tatendrang kaum zu bremsende Jairo und der eingewechselte Christian Clemens schraubten die Führung auf 3:0.

Der Gegentreffer durch einen Kopfball von Djourou in der letzten Spielminute war allenfalls noch ein kosmetischer Makel, der allerdings im Schatten von Jairos Leistung kaum noch Beachtung fand. Dabei hatte Martin Schmidt eine plausible mögliche Erklärung für die Leistungsexplosion des Spaniers parat. „Jairo hat wie andere Zugänge auch einige Zeit benötigt, um sich an die physische, intensive Spielweise in Deutschland zu gewöhnen. In dieser Saison hat ihn eine Wadenverletzung im September zurückgeworfen, er brauchte einfach seine Zeit, um wieder in Tritt zu kommen“, sagte der Trainer und verwies auf die vielen Vollsprints im Umschaltverhalten in Offensive und Defensive und die entsprechend hohen Anspruch an körperliche Fitness. „Jairo ist ein williger, guter Junge von auch erst 22 Jahren. Er hat gut trainiert, mittlerweile einiges an Muskeln auf den Körper gepackt. Und wir haben in den vergangenen zwei, drei Wochen viele Analysen mit ihm gemacht, ihm anhand von Videos aufgezeigt, dass viele seiner guten Aktionen oft im letzten Drittel des Platzes aufgehört haben. Jetzt sucht er die 1:1-Situationen und die Abschlüsse.“

Jairos neue Präsenz in der Endzone des Platzes gibt den Nullfünfern in punkto Torgefährlichkeit neue Optionen neben den diesmal torlosen Yunus Malli und Yoshinori Muto. Gemeinsam mit dem quirligen Pablo de Blasis, Rückkehrer Christian Clemens, Maximilian Beister, der an alter Wirkungsstätte seine ersten Bundesliga-Minuten für die Mainzer absolvierte, und dem noch verletzt fehlenden Sturmtank Jhon Cordoba ergeben sich für Trainer Martin Schmidt spätestens in der Rückrunde vielfältige Varianten im Offensivspiel. Der Auftritt in Hamburg hat in jedem Fall Lust auf mehr gemacht.