Verein 21.10.2019 - 10:30 Uhr
Erfolgsgeschichte mit Kontinuität
Mainz 05 ehrt Harald Strutz und den Altvorstand auf der Mitgliederversammlung am Montag für ihre Verdienste
Es wird eine Ehrung der besonderen Art: Der 1. FSV Mainz 05 ernennt im Rahmen der Mitgliederversammlung am Montag in der MEWA VIP-Lounge der OPEL ARENA Harald Strutz, der 29 Jahre lang an der Spitze der 05ER stand, zum Ehrenpräsidenten. Die ebenfalls über mehr als zwei Jahrzehnte im Vorstand tätigen Jürgen Doetz, Peter Arens, Christian Heidel, Karl-Heinz Elsäßer, Manfred Thöne, Hubert Friedrich und Friedhelm Andres werden für ihre Verdienste als Ehrenmitglieder gewürdigt. "Mit ihrem unermüdlichen Schaffen haben sie die Weichen dafür gestellt, dass Mainz 05 sich vom stets abstiegsbedrohten Zweitligaklub ohne finanzielle Ressourcen zum etablierten Bundesligisten mit solider wirtschaftlicher Basis entwickeln konnte", sagt Stefan Hofmann, der Vereins- und Vorstandsvorsitzende.
Ende September 2016 gab Harald Strutz, der im Zuge der Strukturreform ein halbes Jahr später sein Amt niederlegte, der Mitgliederversammlung zum letzten Mal als Vereinsvorsitzender den üblichen Rechenschaftsbericht über das abgelaufene Geschäftsjahr. Der Rechtsanwalt durfte an diesem Abend stolz verkünden, dass der Umsatz des Vereins erstmals die 100-Millionen-Euro-Grenze überschritten hatte, Mainz 05 das Jahr mit einem Rekordumsatz von 104,8 Millionen Euro abgeschlossen, dabei einen Gewinn vor Steuern von 5,8 Millionen Euro erzielt habe, die Eigenkapitalquote auf 24 Millionen Euro gestiegen sei. Fast drei Jahrzehnte zuvor war die Situation eine ganz andere.
Die Anfänge 1988
Als der Verein 1988 zur Mitgliederversammlung in den Eltzer Hof lud, war die erste Mannschaft zwar gerade wieder in die Zweite Liga aufgestiegen, aber es drohte die Insolvenz, der Klub hatte Verbindlichkeiten von einer Million D-Mark. Und als der damalige Präsident Bodo Hertlein in seiner Dankesrede Aufstiegstrainer Horst-Dieter Strich überging, kam es zum Eklat. Hertlein wurde kurzerhand abgewählt. Vizepräsident Peter Arens wollte nicht gegen Hertlein antreten, woraufhin der völlig überraschte Vizesprecher des Förderkreises - ein Zusammenschluss von lokalen Geschäftsleuten und 05-Unterstützern - nominiert wurde: Harald Strutz, Sohn von Walter Strutz, der in den fünfziger Jahren den 05ERN vorstand. Der alerte Rechtsanwalt war zwar 05-Fan, aber kein Fußballer, sondern ehemaliger, erfolgreicher Leichtathlet, einer der vier besten deutschen Dreispringer.
Es war einmal - Bilder einer Epoche
Er habe nicht die Absicht gehabt, ein Amt zu übernehmen erinnerte sich Strutz später. "Als der Jürgen Doetz als damaliger Geschäftsführer von Sat1 zusagte, im Fall meiner Wahl 250.000 Mark als Trikotsponsor zur Verfügung zu stellen, habe ich zugesagt. Es war eine Bauchentscheidung. Ich bin da mit sehr viel Gottvertrauen rangegangen, ohne die wirtschaftlichen Hintergründe genau zu kennen."
Strutz stellte nach und nach den Kern des Vorstandes zusammen. Der Verein wuchs, seine Führung meisterte die Krisen, die finanziellen Schwierigkeiten. Und umschiffte auch alle sportliche Klippen, denn für viele Jahre stand stets der Zweitliga-Abstiegskampf im Mittelpunkt. Das Erfolgsgeheimnis des 05-Vorstands war dessen Kontinuität. Über zwei Jahrzehnte in fast gleicher Zusammensetzung. "Es ist ein Glück, dass Menschen zusammenkommen, die über einen so langen Zeitraum das gleiche wollen. Und man darf nicht vergessen: Wir kommen alle aus Mainz, die Identifikation mit der Stadt und mit dem Verein ist deshalb besonders stark ausgeprägt", sagte Strutz.
"Dass ich derart lange in diesem Amt bleiben würde, das war damals überhaupt nicht absehbar", erklärte Strutz einmal. Der Vorsitzende übernahm stets die Rolle des 05-Repräsentanten, der auch Kontakte herstellte zu Politik und Wirtschaft. "Das Tagesgeschäft war bei meinen Vorstandskollegen Christian Heidel und Friedhelm Andres immer in den besten Händen." Heidel stieg 1992 ein und entwickelte sich zum Manager und Macher. Andres verantwortete über lange Jahre die Finanzen der 05ER.
Entdecker großer Trainer
Der 05-Manager machte sich im Laufe der Zeit einen Namen als gewiefter Verhandler in Transfergeschäften, die zum Teil ausschlaggebend für die zunehmende Gesundung des Vereins waren. Und Heidel installierte große Trainer, die den Verein prägten. Zunächst Wolfgang Frank, dann Jürgen Klopp und Thomas Tuchel. Frank gab den Impuls für den Aufbau der Professionalität im Verein. Er wurde zum Initiator, zum Urvater aller folgenden Erfolge und zum Vorbild einer neuen Trainergeneration. Mit dem aktuellen Welttrainer Klopp machte Heidel in größter sportlicher Not einen Spieler zum Chefcoach, unter dessen Leitung Mainz 05 die größten Dramen in Form von gescheiterten Aufstiegen erlebte, aber auch die größten Erfolge: den Bundesligaaufstieg und die erste Teilnahme am UEFA CUP. Klopp wird zur Legende. Tuchel, inzwischen auf Mission bei PSG in Paris, etablierte die 05ER als festen Bestandteil der Bundesliga.
Der nun zu ehrende Altvorstand hat eine Erfolgsgeschichte geschrieben, hat aus einem notleidenden Verein ohne Investor und Sponsoren im Laufe der Jahre ein erfolgreiches Bundesliga-Unternehmen gemacht. Auf wirtschaftlich gesundem Fundament. Dabei eine professionelle Infrastruktur geschaffen mit dem ausgebauten Bruchwegstadion als Spielstätte der NLZ-Mannschaften und Trainingszentrum sowie dem Neubau der Arena. "Es ist an der Zeit, dass ihnen eine entsprechende Würdigung zuteilwird", sagt Hofmann.