Profis 06.11.2020 - 13:00 Uhr
Ganz schön viel auf dem Kerbholz
André Schürrle wird 30 - Bungert: Entscheidend für unseren damaligen Erfolg
Seine Spezialität war der schnelle Sololauf über die linke Seite mit einem Haken am Strafraum und dem Schuss ins lange Eck. Auf diese Weise erzielte André Schürrle viele Tore. 20 davon hat der Weltmeister, der in diesem Sommer seine Karriere beendet hat, in seinen ersten beiden Profijahren für den 1. FSV Mainz 05 erzielt (Alle Treffer seht ihr hier!). Heute feiert der gebürtige Ludwigshafener seinen 30. Geburtstag.
An einem Sonntag Ende Juni 2009 kreuzten sich die Wege zweier Fußballer, die sechs Jahre später im Maracana-Stadion von Rio de Janeiro maßgeblich an einem der größten Triumphe der deutschen Nationalmannschaft beteiligt waren: dem Gewinn des vierten WM-Titels, dem ersten einer europäischen Nationalmannschaft auf dem südamerikanischen Kontinent. Als André Schürrle im Finale gegen Argentinien in der Verlängerung über die linke Seite dribbelte und im Strafraum Mario Götze fand, der das Siegtor erzielte, kommentierte ARD-Reporter Tom Bartels die Szene mit den legendären Worten: "Schürrle. Er kommt an! Mach ihn! Mach ihn! Er macht ihn!".
Doppelpack im sechsten Spiel
Schürrle und Götze standen sich an jenem Junimorgen am Bruchweg im Endspiel um die deutsche A-Junioren-Meisterschaft gegenüber, das die 05ER mit 2:1 gegen Borussia Dortmund gewannen. Ein Jahr später feierte Schürrle sein Länderspieldebüt nach einer kompletten Bundesligasaison als Stammspieler und Leistungsträger für den FSV.
Der blonde Stürmer erzielte am 19. September 2009 seine ersten beiden Tore in der höchsten deutschen Spielklasse: das 2:2 und den 3:2-Siegtreffer beim VfL Bochum, im sechsten Spiel als Startelf-Spieler. "Dass er so schnell und so gut zurechtkommt, habe ich ihm zugetraut", sagte 05-Trainer Thomas Tuchel damals. Wenige Tage danach unterzeichnete Schürrle seinen ersten Profivertrag und erklärte: "Es ist eine große Ehre, dass der Verein jetzt fest mit mir plant." Fünf Tore und drei Vorlagen lautete seine Bilanz im ersten Jahr.
Mit 15 Toren und fünf Vorlagen in seiner zweiten Saison wurde er Mainzer Bundesliga-Rekordhalter, gleichauf mit Shinji Okazaki. Eine solche Quote, wie in dieser zweiten Spielzeit in Mainz, erreichte Schürrle später nie mehr. 2011 wechselte der 05-Profi für rund elf Millionen Euro nach Leverkusen plus erheblicher Bonuszahlungen beim nachfolgenden Wechsel zum FC Chelsea. Noch nie zuvor hat ein einzelner deutscher Fußball-Profi bei seinen Vereinswechseln solche Summen bewegt. Von bis zu 95 Millionen Euro ist die Rede. "Schürrle bringt alles mit, um auf allerhöchstem Niveau mitzuhalten und auch dort in der Spitze zu sein", erklärte Tuchel im Spätsommer 2010, als die Mainzer den Bundesliga-Startrekord mit sieben Siegen in Folge eingestellt hatten.
Musterbeispiel für den Tuchel-Stil
"André war ein brutal williger Spieler, der damals für unseren Erfolg maßgeblich entscheidend war", erinnert sich Niko Bungert, der zwei Jahre lang mit Schürrle gespielt hat, heute. "Wir haben ja damals die Vorbereitung noch mit Jörn Andersen gemacht. Als Thomas Tuchel dann kam, hat er eklatant was geändert mit dem aggressiven Pressing und dem hohen Anlaufen. Abgesehen von den Toren war André quasi das Musterbeispiel dafür, weil er das von Thomas schon ein Jahr lang in der A-Jugend eingeimpft bekommen hatte. Es war seine absolute Stärke und so etwas wie ein Schaubild dessen, was sich der Trainer vorstellte. Er war sich da nie zu schade und es hat ihn extrem wichtig gemacht, dass er so viel gesprintet ist. Defensiv, aber auch mit seiner Schnelligkeit im Umschaltspiel."
Er habe das Glück gehabt, ziemlich viele gute Trainer gehabt zu haben, sagte Schürrle nach seinem überraschenden Entschluss in diesem Sommer, den Profifußball schon vor seinem 30. Geburtstag an den Nagel zu hängen. "Der Beste für mich war jedoch Thomas Tuchel, weil er mir für die Karriere am meisten mitgegeben hat. Unser Verhältnis war nicht immer einfach, wir sind auch schon mal aneinandergeraten. Aber er war einfach der Trainer, der mich am meisten geprägt hat."
Tuchel habe Schürrle nie etwas geschenkt, betont Bungert. "Er hat sich das komplett verdient und war in vielen Bereichen schon früh sehr weit. Insgesamt glaube ich, hat er in seiner Karriere doch viel von dem auf dem Kerbholz, was man als Fußballer überhaupt erreichen kann."
Mainz 05 wünscht André nur das Beste zum 30. Geburtstag und drückt die Daumen, dass alle Träume und Wünsche auch nach der Karriere in Erfüllung gehen!