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U23 28.03.2020 - 19:30 Uhr

Gaul: "In einer Krise liegt auch immer eine Chance"

So erlebt der U23-Trainer die aktuelle Situation

Nicht nur für die Spieler, auch für die Trainer und alle weiteren Mitarbeiter hat sich mit der vorläufigen Schließung des Nachwuchsleistungszentrums bis Mitte April eine völlig neue Situation ergeben. "Ein großer Teil der Arbeit ist erstmal weggebrochen. Das kann man nicht beschönigen", sagt Bartosch Gaul, Cheftrainer der Mainzer U23. Mit was er seine Arbeits- und Freizeit momentan verbringt, wie er den Kontakt zu seinen Spielern hält und wie er dennoch positive Seiten aus solch einer Situation für sich mitnehmen kann, hat er uns erzählt.

Wenn kein Trainings- und Spielbetrieb am Bruchweg stattfindet, was bleibt dann eigentlich noch? Dieser Frage musste sich auch Gaul seit dem 13. März stellen, als das Nachwuchsleistungszentrum der 05ER aufgrund der Entwicklungen sowie verbandsseitigen und behördlichen Vorgaben rund um den Corona-Virus seine Pforten erstmal schloss. "Als Mensch habe ich auch erstmal eine Woche gebraucht, um das Ganze zu verstehen und mich zu sammeln."

Im Zusammenspiel mit seinem Co-Trainer Simon Pesch, Athletiktrainer Leopold Angerer und Physiotherapeut David Ackermann ging es darum, individuelle Trainingspläne für die Spieler zu erstellen. "Zunächst haben wir die Intensität und Umfänge hochgefahren, um eine Trainingswoche möglichst gut läuferisch abzubilden. Als klar war, dass die Pause länger wird, haben wir die zweite Woche geplant und etwas im regenerativen Bereich gearbeitet. Nächste Woche wird es dann wieder intensiver." Die Schwierigkeit liegt vor allem in der ungewissen Prognose, wie sich die Situation entwickeln wird. "Wir wollen die Jungs in einem fitten Zustand haben, aber auch nicht alles verballern. Deshalb müssen wir sie auf möglichst viele Szenarien optimal vorbereiten, ob das ein Abbruch der Saison oder englische Wochen sein werden."

Nah dran, aber nicht aktionistisch

Berufliche Themen, die für ihn als Trainer normalerweise in der Sommerpause anstehen, ist Gaul bereits jetzt angegangen. "Reflektion der bisherigen Saison, konzeptionelle Überarbeitung von ein paar Themen oder auch Scouting-Maßnahmen." Gleichzeitig versucht Gaul für seine Spieler da zu sein. "Das bedeutet nicht, dass ich sie jeden Tag kontaktiere, aber regelmäßig. Zum Beispiel habe ich jedem Spieler mal eine längere, persönliche Nachricht geschrieben und mit dem ein oder anderen auch telefoniert. Es geht darum, möglichst nah dran, aber nicht aktionistisch zu sein, um zu wissen, was die Jungs beschäftigt", sagt der Cheftrainer der höchsten Ausbildungsmannschaft.

Seine, bis auf die erfahrene Achse um Dominic Peitz, Giuliano Modica und Simon Brandstetter, sehr junge Mannschaft, beschäftigt die aktuelle Situation natürlich sowohl in fußballerischer als auch privater Hinsicht. Gaul sieht sich deswegen vor allem als Ansprechpartner und Kommunikator.  "Es ging dabei nicht nur um Training und generell die Thematik Corona-Virus. Da fällt auf einmal ein großer Teil des Jobs weg und dann kommt die Langeweile. Da habe ich mal reingehört in die Jungs. Da merkst du, was sie vermissen." Ein Spieler äußerte im Gespräch mit seinem Trainer, dass ihm sogar die morgendliche Acht-Uhr-Einheit in der Athletikhalle fehle. "Da wird dir bewusst, dass das alles Mannschaftssportler sind und dieses Jahr in der U23 sind es vor allem auch sehr viele Teamplayer."

"Als Persönlichkeiten reifen und wachsen"

Gleichzeitig versucht Gaul in den Gesprächen seinen Spielern auch etwas zu vermitteln, was er auch für sich persönlich beschlossen hat, nämlich, "dass in einer Krise auch immer eine Chance liegt, dass sie als Persönlichkeiten wachsen und reifen können. Ich mache mir da viele Gedanken, was, bei aller Ernsthaftigkeit der Situation, der persönliche Benefit ist, den man daraus ziehen kann. Jeder sollte für sich mal die Frage stellen, was ihn beschäftigt und was er daraus für die eigene Persönlichkeit ableiten kann."

Im normalerweise vollgepackten Alltag biete sich jetzt auch mal die Möglichkeit der Entschleunigung. "Wir versuchen, unseren jungen Spielern auch nicht zu viele Pakete zu schnüren, nur um vielleicht die Langeweile zu überspielen. Wenn ich mal abschalten möchte, habe ich da Sachen für mich gefunden, mit denen ich in aller Ruhe Zeit verbringen kann."