Profis 09.10.2022 - 13:00 Uhr
Gegentor soll die Leistung nicht trüben
Svenssons Freude über Punktgewinn und Haltung des Teams
Marco Roses Abschiedsworte nach diesen hochintensiven 94 Minuten beschrieben das Gefühl ganz gut, dass die meisten der Beteiligten aus der MEWA ARENA mit nach Hause nahmen. "Es war wie immer schwer gegen euch", sagte der Trainer von RB Leipzig nach dem 1:1 vor 26.000 Zuschauern. "Wir hätten gerne gewonnen, ich glaube aber, dass es in der Summe am Ende ein verdienter Punkt für beide ist." Die Verantwortlichen seines Ex-Klubs sahen es ähnlich, auch wenn das späte Gegentor dem 1. FSV Mainz 05 den ersten Heimsieg der Saison kostete, der durch den Treffer von Marcus Ingvartsen vor der Pause lange möglich schien.
"Vor dem Spiel habe ich gedacht, einen Punkt nehmen wir gerne“, sagte Martin Schmidt nach dem Abpfiff. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich später mit einem Punkt gegen Leipzig fast unzufrieden wäre, meinte der Sportdirektor des FSV und bezog sich darauf, dass die Mainzer über weite Strecken eine tadellose Leistung absolvierten und gegen das top besetzte Team aus Sachsen vor allen Dingen in der ersten Halbzeit sehr stark auftraten, verdient in Führung gingen, das Heft des Handelns aber nach und aus der Hand gaben, sich dem immer größer werdenden Leipziger Druck beugen mussten. "Als wir dann das Ganze gerade wieder beruhigt hatten, macht der kleinste Mann ein Kopfballtor. Da denkt man, wenn wir das auch noch verteidigen, hätten wir heute einen Sieg landen können", so der Schweizer. Auch wenn ein Gegentor in der 80. Minute etwas nerve, übers ganze Spiel gesehen, sei dieser Punktgewinn jedoch "ein weiterer Schritt, um den Karren wieder richtig in Schwung zu bringen." Schmidt sprach von einer hervorragenden Leistung des Teams, das sich mit einem Punkt belohnt habe in einem enorm intensiven Spiel. "Das Gegentor soll nicht trüben, was wir heute hier für eine Leistung gezeigt haben gegen einen solchen Gegner mit solcher Qualität", betonte der Sportdirektor.
Verdiente Führung durch Ingvartsen
Die Gastgeber kamen gegen RB Leipzig etwas schwer ins Spiel. "Nach einer Viertelstunde haben wir die restlichen 30 Minuten der ersten Halbzeit richtig gut gespielt, hatten viele gute Aktionen mit dem Ball, haben aber vielleicht aus diesen vielen Szenen im letzten Drittel nicht genügend richtig gefährliche Torchancen erspielt. Ich war aber sehr zufrieden mit dem Auftritt meiner Mannschaft“, sagte Bo Svensson. Dessen früherer Mitspieler Rose zeigte sich beeindruckt von dem, was die Mainzer aufzogen. "Das war wirklich stark, unglaublich aggressiv, sie sind gut auf zweite Bälle gegangen, hatten gute Verlagerungen und viel Wucht", sagte er. "Sie hatten gefährliche Aktionen aufs Tor und sind verdient in Führung gegangen."
Marcus Ingvartsen war für dafür zuständig. Der Däne, der für den erkrankten Johnny Burkardt spielte, erzielte mit der letzten Aktion vor der Pause das 1:0 in großartiger Manier. "Das ist das, was ich mag, so im Strafraum zum Abschluss zu kommen“, sagte er. "Ich kam etwas spät in die Box, weil ich nach einem Schlag zunächst weiter vorne liegen geblieben bin und einen Freistoß erwartet habe. Dann habe ich gesehen, dass es weiterläuft und bin los. Es war ein optimales Timing von Stachi und ein großes Gefühl“, beschrieb der Stürmer die Szene. "Wir wissen immer, was wir bekommen von Marcus. Es ist kein Zufall, dass er dieses Tor macht“, sagte Svensson.
Das Team habe nach dem Wechsel genauso weiterspielen wollen mit der verdienten Führung im Rücken, so der Cheftrainer, "aber das ging irgendwie nicht, auch weil Leipzig besser war. Wir haben nicht mehr genug Druck auf den Ball bekommen, waren immer tiefer, hatten aber einen guten Robin Zentner im Tor, der uns gerettet und lange im Spiel gehalten hat. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass wir gegen eine Top-Mannschaft gespielt haben. Ich bin nicht enttäuscht über das Ergebnis. Dass es irgendwann schwerer würde, das alles verteidigt zu bekommen, war klar. Unser größtes Problem war, das wir nicht für Entlastung gesorgt haben. Wenn du eine ganze Halbzeit nur im Verteidigungsmodus bist, wird es schwer. Du musst auch selber den Gegner beschäftigen, sonst kannst du nur reagieren."
Gutes Gefühl für kommende Aufgaben
Svensson hatte seine Startelf mit einer überraschenden Abwehrreihe in die Partie geschickt. Mit Edimilson Fernandes für Stefan Bell, mit Rückkehrer Alex Hack nach Rotsperre und Anthony Caci als dritten Mann in der Kette. Dass der zuletzt sehr stabile Bell draußen blieb, begründete der Trainer damit, dass der Routinier vier Gelbe Karten auf dem Konto hat und nächstes Wochenende in Bremen zwei kopfballstarke Stürmer warten. Da habe er nichts riskieren wollen. Außerdem, so Svensson, sei klar gewesen, dass Leipzig viel Tempo in die Offensive bringen werde. "Da haben diese Spieler einfach gut dazu gepasst. Das Gefühl war einfach da, dass wir die Fähigkeiten von Fernandes und Caci heute brauchen würden. Sie waren beide gut und Edi hat herausragend gespielt." Der Schweizer absolvierte unter den Augen seines Nationaltrainers eine der besten Leistungen für die 05ER überhaupt. Natürlich sei das ein Experiment gewesen, sagte der Trainer, "doch manchmal klappt das, was man sich auf dem Papier ausdenkt, auch ganz gut im Spiel."
Am Ende freu man sich über den Punktgewinn. "Ich freue mich vor allem über die Haltung meiner Mannschaft. Die können wir wirklich nutzen für die kommenden Aufgaben“, erklärte Svensson, der seinem Team vor dem Auswärtsspiel am Samstag bei Werder Bremen einen deutlichen Aufwärtstrend bescheinigte, den der frühere Innenverteidiger mit einer Mischung aus verschiedenen Dingen begründete. Das Verständnis der Mannschaft, für das, was sie auszeichnen müsse, sei größer geworden. Das habe er bereits bei der Niederlage in Freiburg festgestellt, sagte er. "Außerdem sind ein paar Schlüsselspieler wie Anton Stach jetzt weiter als zuletzt. Die Gruppe hat mehr Verständnis für das, was wir brauchen. Wir dürfen nicht nachlassen. Wir haben in den letzten zwei Spielen nicht geglänzt mit Punkten, aber das waren Leistungen, mit denen ich absolut einverstanden bin“, betonte der 05-Coach. "Denn wir sehen, wenn wir so performen, dann gehen wir mit gutem Gefühl in die zukünftigen Spiele hinein. Davor haben wir mehr Punkte geholt, aber es war nicht das gleiche Gefühl, das ich nach diesem Spiel habe oder zuletzt in Freiburg. Ich denke, wenn wir so weiterspielen, werden wir mehr Punkte holen in den restlichen 25 Spielen als mit der Spielweise am Anfang der Saison."