Verein 17.02.2023 - 16:05 Uhr
Gemeinsame Sache mit Aristide Bancé
Mainz 05 unterstützt Fußballprojekt seines Ex-Profis in der Republik Côte d'Ivoire
Diese Reise war selbst für zwei weit gereiste Mainzer eine neue Erfahrung: Anfang dieser Woche sind Sportvorstand Christian Heidel und Sportdirektor Martin Schmidt einer Einladung von Aristide Bancé in dessen Heimatland Côte d’Ivoire gefolgt. Der frühere Mainzer Profi leitet dort ein Fußballprojekt mit jugendlichen Fußballern, das sich mit Unterstützung der 05ER nun weiter entwickeln soll.
Ein Fußballplatz in Abidjan, der ivorischen Millionen-Metropole, 5.000 km entfernt von Mainz. Bei 35 Grad Celsius und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit messen sich elf Spieler der Fußball-Akademie von Aristide Bancé im Alter zwischen 14 und 17 Jahren in einem Trainingsspiel mit einem Drittligisten der Elfenbeinküste. Jugendliche gegen Erwachsene. Nichts ähnelt hier den Gegebenheiten auf deutschen Sportplätzen. Die Spielfläche ist ein von Löchern und tiefen Gräben übersäter, holpriger Lehmboden. Aber trotzdem demonstrieren die jungen Spieler der Fußballschule ihre eindrucksvollen Fähigkeiten am Ball. Die knappe 1:2-Niederlage in der letzten Spielminute enttäuscht nur die jungen Kicker. Dicht gedrängt stehen und sitzen die Einheimischen, darunter hunderte barfüßige Kinder, um den Platz, den sie dann nach Schlusspfiff stürmen.
Trainer, Initiator, Leiter & Triebfeder
An der Seitenlinie steht Bancé - wie immer in einem weißen Trainingsleibchen der 05ER - und beobachtet, gibt Kommandos. Heute ist der frühere Mainzer Profi hier Trainer, eigentlich ist er aber viel mehr. Initiator, Leiter und Triebfeder einer heimischen Fußball-Akademie für Kinder und Jugendliche, die sich in der etwa 40 Kilometer westliche von Abidjan gelegenen Kleinstadt Jacqueville befindet.
Aufstiegsheld 2009
Bancé haben die Mainzer Fußballfans sportlich in bester Erinnerung. 2008 wechselte der 1,92 Meter große Mittelstürmer gemeinsam mit Trainer Jörn Andersen und Niko Bungert vom Zweitligisten Kickers Offenbach zum damaligen Ligakonkurrenten nach Mainz. Er entwickelte sich am Bruchweg zum absoluten Leistungsträger, schoss die 05ER mit 14 Toren 2009 zum Aufstieg in die Bundesliga und qualifizierte sich mit zehn Toren in der darauffolgenden Bundesliga-Saison für eine lukrativen Vertrag bei al-Ahli Dubai.
Sportlich war der heute 38-Jährige ein Wandervogel, den es selten länger bei einem Klub hielt. In seiner Heimat ist er aber schon lange eine Legende. Denn der Mann, der es mittellos und aus dem Nichts fußballerisch bis in eine der besten Ligen der Welt schaffte, hat schon während der aktiven Karriere über viele Jahre Projekte in seiner Heimat unterstützt. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass er als junger Mann aufgrund eines Bürgerkrieges nach Burkina Faso fliehen musste, die Staatsbürgerschaft annahm und 75 Länderspiele für das Nationalteam des Nachbarlandes absolvierte.
Empfangen wie Staatsgäste
Kein Wunder also, dass Bancés Präsenz beim Trainingsspiel seiner Akademie viele Besucher anlockt. Inmitten dieser stehen auch Christian Heidel und Martin Schmidt. Am Tag nach dem 3:1-Erfolg ihrer 05ER gegen den FC Augsburg folgten sie der schon länger bestehenden Einladung Bancés an die afrikanische Westküste. Empfangen werden sie wie Staatsgäste. In Begleitung des ivorischen Sportministers Paulin Claude Danho treffen sie den deutschen Botschafter Ingo Herbert, Sidiko Konaté, den Vizepräsidenten der Nationalversammlung und Joachim Beugré, den Bürgermeister von Jacqueville. Eine Autoeskorte, begleitet von Polizeimotorrädern, lotst sie nach dem Trainingsspiel durch kilometerlange Staus der Metropole nach Jacqueville und in die Akademie von Bance, wo der frühere 05ER täglich mit seinen jungen Talenten auf einer ungemähten, holprigen Wiese mit zwei verrosteten Toren trainiert.
Die Kinder sollen demnächst eine benachbarte Schule besuchen können und dort auch Schlafplätze finden. Eine Kooperation mit einer Berufsschule soll ihnen weitere Möglichkeiten für eine Berufsausbildung geben. Das alles ist Teil eines großen sozialen und sportlichen Projektes, welches auch in Mainz Interesse geweckt hat. Heidel und Schmidt besuchen nach dem Training beide Institutionen und der Bürgermeister erklärt Ihnen die gemeinsam mit Bancé entwickelten Pläne, die von der Stadt unterstützt werden. Der Stolz auf dieses Projekt ist so groß, dass der Ältestenrat der Stadt die beiden Mainzer Gäste, in traditionelle Gewänder gekleidet, in einer zweistündigen Zeremonie sogar zu Ehrenbürgern ihrer Stadt.
Eindrücke aus Abidjan
Heidel: "Das wirkt bei mir nach“
"Mich beeindrucken diese Erlebnisse zutiefst. Die wirtschaftliche Armut der Menschen hautnah zu erleben, gleichzeitig aber auch ihre unfassbare Gastfreundschaft, Lebensfreude und Begeisterung für Fußball, das wird bei mir nachwirken“, sagt Sportvorstand Christian Heidel. "Manchmal sind es die persönlichen Bekanntschaften und Verbindungen, die eine solche Geschichte schreiben. In diesem Fall verschafft sie unserem Verein ein konkretes Entwicklungsprojekt, das wir für sehr unterstützenswert halten. Die Frage, mit welchen Mitteln wir dieses konkret tun, steht dabei zunächst gar nicht im Mittelpunkt. Schon die Tatsache, dass wir uns die Akademie persönlich vor Ort angeschaut haben, hat einen symbolischen Wert, welcher der weiteren Entwicklung des Projekts dient, und uns große Dankbarkeit entgegengebracht hat. Alles Weitere werden wir jetzt gemeinsam erarbeiten. Ich ziehe den Hut vor Aristide Bancé, mit welchem Ehrgeiz und Fleiß er dieses Projekt voranbringt. Die Menschen in dieser Region lieben und achten Ihn dafür.“
Und sportliche Interessen? Schließlich könnte eine solche Fußball-Akademie auch wahre Talente hervorbringen … Sportdirektor Martin Schmidt ordnet ein: "An erster Stelle ist das hier ein soziales Projekt, aber das fußballerische Niveau der Spieler aus der Akademie war wirklich sehenswert, gerade wenn man die ganzen äußeren Umstände berücksichtigt. Natürlich verschließen wir uns nicht Hinweisen, falls Aristide Bancé ein herausragendes Talent für uns entdeckt. Aber solche Fragen müssten wohl bedacht und verantwortungsvoll beurteilt werden, das steht aktuell für uns auch nicht im Vordergrund.“
Ihren Stempel haben die 05ER schon ganz ohne eigenes Zutun hinterlassen. Und damit sind nicht die Trainingsshirts und Trikots für die Akadamie gemeint, die Heidel und Schmidt mit nach Jacqueville bringen. Beim ivorischen Fußballverband liegt bereits auf Initiative von Bancé der Antrag auf Zulassung zum Spielbetrieb eines neuen Fußballklubs, der schon vor einigen Monaten gegründet wurde. Sein Name: Football Club Mayence 05 de Jacqueville. Die 05ER werden sich wieder blicken lassen an der Côte d’Ivoire, das betont Christian Heidel in seiner Abschiedsrede. "Wir sind als Fremde gekommen und gehen, tief beeindruckt, als Freunde und Teil Eurer Gemeinde. Wir kommen wieder.“