Profis 07.03.2023 - 18:00 Uhr
Hanche-Olsen: Kein Grund, sich zufrieden zu geben
Der norwegische Winterneuzugang spricht im Interview über seine ersten Wochen als 05ER, den Team-Spirit und die besondere Rolle der Fans
Acht Einsätze, siebenmal über 90 Minuten. So lautet die Bilanz von Winterneuzugang Andreas Hanche-Olsen seit seinem Transfer zum 1. FSV Mainz 05 im Januar. Der Norweger ist seither ein echter Dauerbrenner in der 05-Defensive, musste lediglich beim 4:0-Heimsieg gegen Bor. Mönchengladbach nach einer knappen Stunde verletzungsbedingt raus. Der 26-Jährige trägt einen gehörigen Anteil daran, dass die 05ER zu noch mehr defensiver Stabilität gefunden haben. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt, dass in der Bundesliga mittlerweile sechsmal in Folge Stefan Bell, Edimilson Fernandes und eben Hanche-Olsen nebeinander aufliefen. Diese neugewonne Konstanz macht sich bezahlt, schließlich holte der FSV aus den sechs Partien 15 Punkte und arbeitete sich aus dem unteren ins obere Tabellendrittel.
Im seinem ersten Interview mit www.mainz05.de lässt der Norweger die ersten Wochen seit seinem Wechsel aus Belgien an den Rhein Revue passieren.
Andreas, du bist jetzt seit fast zwei Monaten in Mainz. Hast du dich gut eingelebt?
"Ich bin sehr glücklich damit, wie bisher alles gelaufen ist, wie mich der Verein, die Fans und die Stadt aufgenommen haben. Meine Freundin und ich sind fast fertig mit der Einrichtung der Wohnung. Für mich fühlt sich Mainz schon sehr nach zuhause an. Das Gefühl hatte ich aber auch schon als ich hier unterschrieben habe. Dass das hier ein Ort ist, an dem ich viel Spaß haben werde. Das hat sich jetzt bestätigt. Meine Brüder und meine Mutter haben mich schon besucht, ihnen gefällt es hier auch gut."
Hast du schon Zeit gefunden, um deinem Hobby Golf nachzugehen?
"Leider noch nicht. Ich würde gerne mal spielen, aber es war am Anfang hektisch mit dem Training und den Spielen, dem Einzug in die Wohnung und dem ganzen Papierkram, mit dem man sich beschäftigen muss, wenn man umzieht."
Kommen wir zum Sportlichen: Wo siehst du die Gründe für die jüngsten Erfolge?
"Der Hauptgrund, warum es momentan so gut läuft, ist der Teamspirit, der überall spürbar ist. Die Stimmung innerhalb der Mannschaft ist gut, vom Staff und der Vereinsführung bis hin zu den Spielern. Es läuft gerade rund und es fühlt sich so an, als würden alle an einem Strang ziehen, was die Intensität und die große Energie angeht, die jeder auf den Platz bringt.“
Wie fühlt es sich an, auf die Tabelle zu gucken?
"Wenn ich ehrlich bin, fühlt es sich momentan sehr gut an. Es ist schön zu sehen, wie wir in den letzten Wochen geklettert sind, aber ich bin mir sicher, dass wir uns noch verbessern können. Es gibt keinen Grund, sich jetzt zufrieden zu geben und aufzuhören. Wir sind auf einem guten Weg und wollen etwas erreichen."
Seit du hier bist, spielt das Team wesentlich konstanter. Inwiefern ist es dem Erfolg zuträglich, dass jetzt, besonders in der Defensive, weniger rotiert werden muss?
"Öfter mit derselben Aufstellung zu spielen hilft dahingehend, dass man eine Verbindung zu den Spielern aufbaut, die vor oder neben dir spielen. Das bringt Stabilität. Die letzten Spiele haben aber auch gezeigt, wie wichtig die Jungs waren, die auf der Bank saßen. Sie kamen mit frischen Beinen und einem klaren Kopf rein und waren bereit, sofort zu helfen als sie den Platz betreten haben. Das war auch ein Schlüssel, um vier Spiele in Folge zu gewinnen."
Wie gefällt dir die Fünferkette?
"Das System mit drei Innenverteidigern gibt uns defensive Stabilität. Man braucht bei unserem Stil Spieler, die viele Meter machen. Die haben wir. Deswegen glaube ich, dass das System gut zu uns passt. Wir haben so die Kapazität, einen guten Übergang von der Defensive in die Offensive und andersherum zu schaffen. Das ist bei einer Fünferkette besonders wichtig. Für mich persönlich macht es keinen großen Unterschied, ob ich in einer Vierer- oder Fünferabwehr spiele, aber ich mag meine Position als rechter Innenverteidiger in einer Fünferkette."
Stefan Bell hat deine konstanten Leistungen zuletzt gelobt und erzählt, dass du die taktischen Details immer besser verinnerlichst. Fühlt sich das für dich auch so an?
"Ja, absolut. Es braucht ein bisschen Zeit, um sich anzupassen und ich bin glücklich, dass ich so viele Spiele in Folge bestreiten durfte. Das gibt dir die Möglichkeit, das Team richtig kennenzulernen und herauszufinden, wie die Dinge funktionieren. Ich lerne in jedem Spiel etwas darüber, wie ich der Mannschaft helfen und die Ideen des Trainers bestmöglich umsetzen kann."
Inwiefern konnten dir deine Teamkollegen bei der Eingewöhnung helfen?
"Sie waren von Beginn an sehr hilfreich, sowohl auf als auch neben dem Platz. Ich habe direkt gemerkt, dass es eine Gruppe mit guten Jungs ist, in die ich hineingekommen bin. Daher habe ich mich vom ersten Moment an willkommen gefühlt."
Du hast bei deinem Wechsel davon gesprochen, dass die Intensität in der Bundesliga eine andere sein wird als in Belgien. Wie beurteilst du das nach deinen ersten Spielen?
"Ich kann sagen, dass ich damals Recht hatte. Die Intensität in Deutschland ist schon besonders, gerade auch die Fankultur. Fast jedes Wochenende vor einem vollen Stadion zu spielen, ist sehr schön und etwas, das uns wirklich hilft. Es macht Spaß, sich mit den besten Spielern der Welt zu messen und ich denke, dass es mit dem Team, das wir haben, unserer Qualität und Mentalität zukünftig noch mehr Spaß machen wird. Wir wissen, dass wir jeden schlagen können, wenn jeder alles gibt.“
Du hast die Atmosphäre gerade angesprochen. Was macht sie für dich aus?
"Die Stimmung in den deutschen Stadien unterscheidet sich sehr deutlich von der Atmosphäre in den norwegischen oder belgischen Stadien. Die Fans bringen sich ganz anders ein, sind sehr engagiert. Es ist schon inspirierend, vor einem Publikum zu spielen, das dir so sehr hilft. Wenn es gegen uns läuft, sind sie da, um uns zu helfen. Wenn es gut läuft, geben sie uns zusätzliches Selbstvertrauen. Von daher sind die Fans superwichtig für uns.“
Besonders schön ist es vermutlich, Heimsiege gemeinsam mit den Fans zu feiern...
"Auf jeden Fall. Die Zeremonie nach den Heimsiegen mit vielen positiven Emotionen fühlt sich für mich speziell an. Ich hoffe, dass wir in dieser Saison noch viele Heimsiege gemeinsam mit den Fans feiern können."
Nach dem Hoffenheim-Spiel hat sich der Trainer lobend über dich geäußert. Es fühle sich so an, als seiest du schon länger hier. Du seist "auf und neben dem Platz eine Granate." Tut es gut, so etwas zu hören?
"Es ist schön, wenn der Trainer deine Leistungen wertschätzt. Ich glaube, dass es eine meiner Qualitäten ist, das Team in den Vordergrund zu rücken, denn man kann nur persönlich erfolgreich sein, wenn es das Team auch ist. In der Mannschaft scheint jeder so zu denken, das ist einer der Gründe dafür, warum es zuletzt so gut lief."
Was sind die Ziele für die nächsten Wochen?
"Zunächst steht das Spiel am Samstag in Berlin im Fokus. Da wollen wir die drei Punkte mitnehmen, indem wir wieder unser Spiel durchziehen und unsere Identität, das Pressing und die Intensität auf den Platz bringen. Dann haben wir vorne die Spieler, die die Partie zu unseren Gunsten entscheiden können.“
Worauf wird es gegen Hertha BSC ankommen?
"Wir müssen uns darauf konzentrieren, was wir beeinflussen können. So gehen wir in das Spiel hinein. Wir wollen so spielen, wie in den letzten Begegnungen auch, mit viel Energie und einem guten Pressing. Jeder glaubt daran, dass wir dort drei Punkte holen können. Wir wissen aber auch, dass es hart wird, denn sie werden um ihr Leben kämpfen und alles reinwerfen, um sich tabellarisch in eine bessere Position zu bringen.“