Profis 10.01.2014 - 07:31 Uhr

Integration ohne Zeitdruck

Todor Nedelev deutet sein Potenzial an/Kapitän Nikolce Noveski als Bezugsperson

Eigentlich ist die Winterpause ja nur eine vierwöchige Unterbrechung der Saison. Aber durch die Transferperiode im Januar bietet sich neben dem generellen  Blick auf die Mannschaft immer auch ein Zeitfenster, die neu verpflichteten Spieler ausgiebiger zu beobachten. Bei Dario Kresic blieb es bisher nur bei Trainingseindrücken, der nach Marbella nachgereiste Keeper wird erst in Deutschland bei Testspielen auflaufen. Todor Nedelev ist da schon ein wenig weiter. Der Bulgare hat gegen KV Oostende und NEC Nijmegen zusammen bereits 90 Testminuten in den Beinen.

Beim späten 3:2 gegen die Niederländer gelangen dem Offensivmann die ersten beiden Torbeteiligungen: mit seinem vom Torhüter ungenügend abgewehrten Freistoß und dem geschickt auf Flankengeber Tobias Schilk durchgesteckten Pass auf dem rechten Flügel (Spielbericht auf 05er.tv). Momente, die dem versierten Techniker helfen bei der nicht einfachen Integration in die neue Mannschaft.

„Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen. Aber ich brauche noch etwas Zeit um lockerer zu werden und mich noch mehr reinzufinden in die Mannschaft. Die Unterschiede zu meiner früheren Mannschaft sind doch sehr groß. Die Spielschnelligkeit und die taktischen Ansprüche der Trainer sind größer und ich muss noch physisch zulegen um Bundesliga spielen und der Mannschaft helfen zu können“, sagt Nedelev. Um die Eingewöhnungszeit zu verkürzen hat der 20-Jährige bereits in Bulgarien Sonderschichten geschoben – soweit dies im Rahmen der mehr als zweimonatigen Verletzungspause aufgrund eines Mittelfußbruches möglich war. „Ich habe mich gemeinsam mit meinen ehemaligen Trainer sehr intensiv vorbereitet auf die physischen Anforderungen. Und ich habe über drei Monate jeweils drei Stunden die Woche versucht Deutsch zu lernen“, so Nedelev.

Die fehlenden Sprachkenntnisse sind dennoch eine Hürde. „Das hat nur für ein paar Grundlagen gereicht“, übersetzt denn auch Kapitän Nikolce Noveski, der mannschaftsintern und in der Medienrunde als Dolmetscher fungiert, weil sich die mazedonische und bulgarische Sprache ähneln. „Die Kommandos auf dem Platz verstehe ich schon. Aber bei den genauen taktischen Anweisungen muss mir Nikolce übersetzen“, sagt Nedelev. Noveski ist dabei natürlich weit mehr als ein bloßer Übersetzer. Nedelevs Zimmerpartner kann auch als Mainzer Muster an Integrität und Fußballsachverstand gute Dienste am neuen Offensivspieler leisten.

Die Eingewöhnungszeit ist für den Trainer kein Problem, mit dieser habe er ohnehin kalkuliert sagt Thomas Tuchel: „Wir haben das gar nicht im Plan, dass uns ein Spieler, den wir so jung aus Bulgarien holen, sofort weiterhilft. Dies sofort zu verlangen, wäre eine unrealistische und für die Entwicklung des Spielers ungesunde Erwartung.“ Er will sich denn auch gar nicht auf Spekulationen einlassen, wann Nedelev erstmals in der Bundesliga im Mainzer Trikot auflaufen wird. „Wir erkennen seine Fähigkeiten in der Ballbehandlung, im Passspiel, seinen guten Fuß und sein gutes Spielverständnis. Aber wir geben ihm auch Zeit richtig anzukommen bei uns. Er muss physisch noch aufholen und lernen, was wir von ihm verlangen. Wir haben uns da keine Zeitvorgaben gesetzt und werden sehen, wann er ein Wechselkandidat für uns sein kann“, sagt Tuchel.

In Marbella wird Todor Nedelev erst einmal kürzer treten. Muskuläre Probleme im Bereich der Adduktoren zwangen ihn am Donnerstag in eine Pause. Klassische Symptome einer starken Beanspruchung, kein Wunder bei der Belastung im Trainingslager. Die auskurierte Fußverletzung macht immerhin keine Probleme mehr. Und auf dem Weg zur sportlichen Integration ist dies auch nur ein Wimpernschlag für den mit einem Vertrag bis Sommer 2018 ausgestatteten Bulgaren. Die wahre Hürde der Integration folgt dann ohnehin in Mainz, wenn sich der 20-Jährige in einer fremden Stadt und einer neuen Lebenssituation zurechtfinden muss. Aber auch dort hat Nedelev Erste Hilfe. Bruder Biser (25) zieht mit nach Mainz und leistet innerfamiliäre Unterstützung.