Krücken: "Bei Mainz 05 bekam ich diese Chance"

Von 2014 bis 2019 war Thomas Krücken im Nachwuchsleistungszentrum von Mainz 05 am Bruchweg tätig. Zunächst als Trainer der U17 und U19, später als Junioren-Cheftrainer sowie interimsweise als Coach der U23. Mittlerweile ist Krücken, nach vier Jahren als NLZ-Direktor in Stuttgart, Leiter der Nachwuchsakademie von Manchester City. Am Dienstag (18 Uhr, live auf UEFA.tv, DAZN & 05ER.fm) kommt Krücken zum Achtelfinal-Duell der U19-Teams in der UEFA Youth League als Teil der City-Delegation zurück an seine alte Wirkungsstätte ins ausverkaufte Bruchwegtadion. Im Interview erzählt Krücken, warum die Zeit in Mainz so wichtig für seine weitere Entwicklung war, wie er die Nachwuchsarbeit beim FSV von außen wahrnimmt und wie es zum Wechsel nach Manchester kam.

Hallo Thomas, unser Direktor Nachwuchs, Volker Kersting, hat erzählt, dass ihr vor der Auslosung des Achtelfinals in der Youth League noch Kontakt hattet und er dir geschrieben hat, dass die Teams von Mainz 05 und Manchester City gegeneinander spielen. Das Los hat tatsächlich diese Paarung ergeben.

Ich war in einem Meeting und bekam auf einmal sehr viele Nachrichten in kurzer Zeit auf mein Handy von alten Kolleginnen und Kollegen aus Mainz. Ich bin dann rausgegangen und habe direkt Volker Kersting geschrieben, ob er bei der Auslosung seine Finger im Spiel hatte (lacht).

Das heißt, der Kontakt nach Mainz besteht nach wie vor?

Ja, hin und wieder tausche ich mich mit Volker und anderen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen aus. Der Kontakt ist nie abgerissen.

Wie fiel deine erste Reaktion aus?

Ich habe mich sehr gefreut. Es wird meine zweite Auswärtsfahrt in der Youth League mit City sein. Die erste hat mich nach Belgrad geführt. Es war für unsere Akademie eine besondere Reise, weil am Abend beim Champions League-Spiel der Profimannschaft sieben eigens ausgebildete Spieler im Kader der standen, drei haben von Beginn an gespielt. Persönlich freue ich mich darauf, am Dienstag viele bekannte Gesichter in Mainz zu sehen - das ist etwas Besonderes für mich.

"Am Ende des Tages machen die Menschen einen Verein aus"

Für uns ist Manchester City der nächste Top-Gegner nach dem FC Barcelona. Wie beurteilst du das Los Mainz 05 aus eurer Sicht?

Es ist auch für unser Team ein attraktives Los und für die Talente wird es etwas Besonderes sein, in einem ausverkauften Bruchwegstadion spielen zu dürfen. Unsere Spieler haben den Sieg der 05ER gegen den FC Barcelona natürlich mitbekommen und freuen sich auf das Spiel und die tolle Kulisse unter Flutlicht.

Solch eine Kulisse ist für eure Spieler sicherlich auch nicht Alltag, oder?

Ja, die Zuschauerzahlen bei Nachwuchsspielen hier in England kann man mit denen in der Junioren-Bundesliga vergleichen. Sie sind es nicht gewohnt, vor einer derartigen Kulisse von über 7.000 Zuschauern zu spielen. Die Stimmung wird sicherlich sehr gut sein. Von daher wird das auch für unsere Spieler eine großartige Erfahrung. Sie freuen sich darauf und fragen mich danach, weil sie mitbekommen haben, dass ich mal in Mainz gearbeitet habe.

Es ist für dich persönlich eine Rückkehr an deine alte Wirkungsstätte. Von 2014 bis 2019 warst du fünf Jahre hier in Mainz als Trainer der U17, U19, U23 sowie als Junioren-Cheftrainer tätig. Wie sind generell deine Erinnerungen an diese Zeit?

Ich denke sehr gerne daran zurück. In den fünf Jahren durfte ich viele besondere Menschen kennenlernen. Ich erinnere mich gut daran, dass wir einen besonderen Zusammenhalt hatten mit kurzen Entscheidungswegen, Akribie im Scouting und Leidenschaft für die Ausbildung von Spielern. Das Programm war sehr gut, so dass der Klub bis heute für sehr gute Nachwuchsarbeit steht. Am Ende des Tages machen die Menschen einen Verein aus. An die denke ich gerne zurück und die vielen Nachrichten nach der Auslosung haben mich sehr gefreut.

Fünf Jahre bei Mainz 05

"Bei Mainz 05 bekam ich diese Chance"

Was hat dir diese Zeit für deine Laufbahn im Nachwuchsfußball inhaltlich und persönlich mitgegeben?

Die Entscheidung von Volker Kersting und dem damaligen Sportdirektor Rouven Schröder, mir den Job als Junioren-Cheftrainer in Mainz anzubieten, war rückblickend sehr wichtig für meine berufliche und persönliche Entwicklung, ohne die ich heute in dieser Funktion sicherlich nicht bei Manchester City gelandet wäre. Ich habe den Wechsel vom Trainer zum Funktionär am Bruchweg vollzogen und eine Menge dazulernen dürfen, konnte mich in der Rolle weiterentwickeln und an mir und meinen Schwächen arbeiten. Bei Mainz 05 bekam ich diese Chance, denn es ging den Verantwortlichen neben der Entwicklung der Spieler immer auch um die Entwicklung der Mitarbeiter. Volker Kersting hat ein außergewöhnlich gutes Auge dafür, die richtigen Menschen zusammenzubringen.

Du hast Spieler wie Jonny Burkardt, Leo Barreiro, Ridle Baku und viele weitere auf ihrem Weg nach oben begleiten dürfen. Was hat diese Jungs ausgezeichnet, so dass sie ihren Weg in den Profifußball finden konnten?

Was alle Jungs ausgezeichnet hat, war, dass sie eine sportliche Waffe hatten, die sie von anderen abgehoben hat sowie Technik und Entscheidungsverhalten unter Druck. Jonny Burkardt hatte einen unglaublichen Torabschluss, ein Neuner-Instinkt und ging mit Rückschlägen wie Verletzungen wahnsinnig gut um. Er hat stets sehr hart gearbeitet. Leo Barreiro hat schon mit 16 Jahren unser Spiel in der U19 gelenkt und als damals jüngster Spieler des Kaders einen unglaublichen strategischen Einfluss auf die Gruppe ausgeübt. Ridle Baku konnte außer im Tor auf allen Positionen spielen, weil er so variabel und flexibel war. Das sind nur ein paar Beispiele vieler Spieler, die Mainz 05 in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Darauf kann der Verein stolz sein.

Wie beurteilst du die Entwicklung des Mainzer NLZ seit du weg bist mit dem Blick von außen?

Es ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu sehen, auch infrastrukturell. Wenn man den WOLFGANG FRANK CAMPUS von heute mit damals vergleicht, sind viele Dinge zum positiven entwickelt worden. Auch perspektivisch mit dem neuen Gebäude an der Stelle der ehemaligen Fantribüne. Das sind kluge strategische Entscheidungen gewesen, die dazu führen, dass man sich auf diesem hohen Niveau bewegt. Inhaltlich wurden viele gute Personalentscheidungen in den letzten Jahren getroffen. Der Meistertitel im vergangenen Jahr ist die Konsequenz dieser kontinuierlich guten Arbeit im gesamten NLZ - und diese beginnt im Grundlagenbereich.

Rückkehr nach Manchester mit Vorgeschichte

Nach vier Jahren in Stuttgart bist du nun einen weiteren beeindruckenden Karriereschritt gegangen und seit November 2023 Leiter der Akademie von Manchester City, wo du auch deine ersten Schritte als Nachwuchstrainer gemacht hast. Wie kam es dazu und wie war der Start?

Ich bekam letztes Jahr einen Anruf von einem Headhunter, der mich bei der City Group als einen der weltweiten Kandidaten für den Job benannt hat. Aufgrund meiner persönlichen Vorgeschichte bei City , wo ich in meinem Auslandsjahr als Student der Deutschen Sporthochschule Anfang der 2000er als E-Jugendtrainer tätig war, aber auch aufgrund der heutigen Dimension des Clubs, hat es mich gereizt, den fast sechsmonatigen Auswahlprozess mitzumachen. Dass ich dann den Anruf bekam, dass sie mich gerne als Direktor der Akademie verpflichten würden, hat mich natürlich sehr gefreut und macht mich stolz. Die Erfahrungen, die ich über all die Jahre sammeln durfte, aber auch der DFB/DFL Zertifikatslehrgang Management im Profi- Fußball, den ich im vergangenen Jahr abgeschlossen habe, helfen mir jetzt ungemein. Der Komplexitätsgrad ist sehr hoch und es macht mir einfach nur Spaß mit vielen großartigen Experten im Club wie Txiki Begiristain in der Schnittstelle zum Profibereich und mit den Kolleginnen und Kollegen in der Akademie sowie der City Football Group in einem starken Team zusammenzuarbeiten.

Ein Weltklasseklub, eine der besten Akademien der Welt: Was kann man in deiner Funktion bewirken und was ist dein Auftrag?

Manchester City war in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich in der Nachwuchsarbeit. Unser Auftrag ist es, die Qualität der Ausbildung und damit einhergehend, das Heranführen von Spielern auf dieses Level beizubehalten und Strukturen, Prozesse und Inhalte weiterzuentwickeln.

Was sind die markantesten Unterschiede zwischen der deutschen und der englischen Nachwuchsausbildung?

Die Fachbereiche sind identisch. Ein markanter Unterschied ist für mich, dass in England ein intensiverer Fokus auf den Grundlagenbereich gelegt wird - es wird mehr Sport getrieben und früher zielgerichtetes Training angeboten. Zudem sind die Wettbewerbsstrukturen hier anders als in Deutschland. Die inhaltliche Arbeit ist sehr datenbasiert.

Zum Abschluss, was für ein Spiel erwartest du am Dienstag?

Ein sehr intensives, emotionales Spiel. Es treffen zwei großartige Mannschaften mit vielen spannenden Talenten aufeinander und ich bin überzeugt, dass es ein toller Fußballabend wird.

PLATINUM ist "Sponsor of the day"

Als „Sponsor of the day“ tritt am Dienstag erneut NLZ-Trikotsponsor und 05-Premium-Partner PLATINUM auf. Dem regionalen Experten im Bereich Hunde- und Katzennahrung liegt neben dem Tierwohl auch die Förderung junger Talente in der Region am Herzen. Denn bei PLATINUM weiß man, dass die richtige Ernährung sowohl bei Mensch als auch Tier eine wichtige Grundlage zur Gesundheit und der Schlüssel zu herausragenden sportlichen Leistungen und einer nachhaltigen Entwicklung ist.