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Fans 10.02.2022 - 10:00 Uhr

Leif-Eric-Möller: "Graffitis sind meine Babys"

Der Mainz-05-Fan und Graffiti-Künstler gestaltet seit einigen Jahren die Stadt aktiv mit. Auch in Afrika engagiert sich der 50-Jährige vielfältig und versorgt unter anderem ein Team mit 05-Kleidung.

Leif vor der von ihm gestalteten Graffiti-Wand in der MEWA ARENA. Unter anderem ist eine Eintrittskarte für das vermeintliche Aufstiegsspiel im Jahre 2003 gegen Eintracht Braunschweig angedeutet.

Nach 30 Jahren in der Automobilindustrie entschied sich 05-Fan und Graffiti-Artist Leif-Eric Möller 2019 zum Schritt in die Selbstständigkeit. Seitdem setzt der 50-Jährige unter dem Künstlernamen 'leiflines' nicht nur im Mainzer Stadtbild farbliche Akzente - auch in der MEWA ARENA hat er sich bereits verewigt. "Ich habe keine Kinder und meine Graffitis sind meine Babys, die ich überall in der Stadt verteile. Man kann etwas hinterlassen, das die Leute sehen, erkennen, an das sie sich erinnern - das macht echt Spaß." Nebenbei ist der langjährige FSV-Anhänger auch in Afrika aktiv und hat dort unter anderem ein Fußballteam mit 05-Kleidung ausgestattet, 'Bamburi Beach Mainz 05', das im vergangenen Jahr die Stadtmeisterschaft im kenianischen Mombasa gewinnen konnte.

Alles begann vor über 30 Jahren, als Leif in seiner Schule über einen befreundeten Sprayer erstmals mit der aufkommenden Graffiti-Szene in Kontakt kam. In einer Zeit, in der die in den USA entstehende Hip-Hop-Kultur auch Europa erreichte, fing der heute 50-Jährige an, sich selbst an der Sprühdose zu versuchen und wuchs nach und nach in die Szene hinein. Inzwischen ist der gebürtige Mainzer landesweit bekannt, nachdem er sich 2019 dazu entschloss, seinen alten Job in der Abgasentwicklung eines großes Automobilherstellers aufzugeben und mit Graffitis seinen Lebensunterhalt zu verdienen. "Seitdem sprühe ich Tag ein, Tag aus in Selbständigkeit", erzählt Leif.

Unter dem Künstlernamen 'leiflines' arbeitet Leif-Eric Möller seit 2019 als freiberuflicher Graffiti-Artist.

Die eigene Stadt gestalten

"In anderen Städten und Ländern sind Graffitis nichts Verrücktes, in Deutschland gibt es das durchaus auch, in Mainz noch nicht so sehr. Ich würde aber wagen zu behaupten, dass auch hier die Tendenz aktuell dorthin geht", meint der Sprühkünstler und trägt selbst zu dieser Entwicklung bei. Im Auftrag der Mainzer Stadtwerke verzierte Leif etwa zahlreiche Stromkästen und Trafostationen mit Naturmotiven, auch ein von ihm, gemeinsam mit einem Kumpel, gestalteter Bus rollt seit vergangenem Jahr durch die Stadt. "Grundsätzlich ist die Arbeit etwas, was ich immer schon sehr gerne gemacht habe. Unabhängig davon habe ich die Möglichkeit, meine Stadt mitzugestalten." Als gebürtiger Mainzer nutzt der 50-Jährige auch immer wieder gerne bekannte Stadt- oder Fastnachtsmotive. "Das sind Dinge, die man mit Mainz verbindet, die man gerne in Mainz hat."

Gerade während der Corona-Pandemie kommt Leifs Kunst gut an und hellt den Alltag vieler Menschen auf. "Nach der ersten Welle hat man an den Reaktionen der Leute gemerkt, dass sie glücklich waren, dass draußen etwas passiert. Man hat gemerkt, dass die Leute plötzlich viel empfänglicher dafür waren. Mittlerweile gibt es ein durchweg positives Feedback", erzählt Leif, dessen Auftragslage auch durch die Pandemie keinen Einbruch erlitt. "Am Ende des Tages arbeite ich ohnehin mit einer Maske", schmunzelt der 50-Jährige und fügt hinzu. "Es macht einfach großen Spaß, durch die Aufträge selbst lerne ich auch sehr viele Menschen kennen. Wenn man dafür empfänglich ist, ist es einfach ein toller Job, weil man viele interessante Gespräche führt."

Mainz 05: "Sympathisch von oben bis unten"

Darüber hinaus ist Leif bereits seit vielen Jahren Fan des 1. FSV Mainz 05 und spätestens seit dem verpassten Aufstiegsspiel in der Saison 96/97 mit dem 05-Virus infiziert. Als langjähriger Anhänger erlebte der 50-Jährige auch die vergangene turbulente Spielzeit und freute sich besonders über die Rückkehr von Sportvorstand Christian Heidel, der reichlich Stallgeruch mitgebracht habe: "Das war ja eigentlich das, was sich alle Fans gewünscht hatten. Das muss natürlich nicht gutgehen, aber in dem Fall war es unglaublich, was die Jungs erreicht haben", so Leif über den spektakulären Klassenerhalt in der vergangenen Saison. "Christian Heidel macht einen Top-Job, mit Bo Svensson haben wir wieder einen Trainer, der auch eine Meinung zu Themen außerhalb des Fußballs hat, der eine hohe soziale Kompetenz mitbringt und die jungen Spieler gut führt. Die Art, Fußball zu spielen, passt wieder zu Mainz 05. Ich finde es auch toll, dass jetzt wieder Fans ins Stadion dürfen und würde mich natürlich freuen, wenn es noch ein paar mehr wären", meint Leif, der den Verein aktuell "sympathisch von oben bis unten" wahrnimmt. 

Auch in der MEWA ARENA hat sich Leif bereits künstlerisch ausgetobt. Vor einigen Jahren sei er bei einem Auftrag in Mainz von einem Fan gefragt worden, ob er sich vorstellen könne, auch im Stadion zu sprayen. Kurze Zeit später gestaltete der 50-Jährige beim Fantreff unter dem A-Block eine komplette Wand, die er vor kurzem nochmal überarbeitete. "Stolz darauf, für die Mainzer, für meinen Verein, etwas sprühen zu können", sei Leif gewesen und stieß nicht nur bei Bekannten auf positives Feedback. "Viele Leute machen davor Selfies. Das ist schon ein cooles Gefühl zu sehen, dass die Wand so wahrgenommen wird und man im Stadion etwas hinterlassen hat."

Leif vor seiner kürzlich frisch überarbeiteten Graffiti-Wand in der MEWA ARENA beim Fantreff unter dem A-Block.

05-Kleidung & Ziegenkäse-Projekt in Afrika

Seine Spuren hinterlassen hat der Graffiti-Künstler aber nicht nur in Mainz, auch im 7.000 Kilometer entfernten Kenia ist Leif aktiv und engagiert sich ehrenamtlich. Über einen Kontakt zur Mainzer Fanbetreuung gelangte der 50-Jährige an 05-Kleidung, die er auf seinen zahlreichen Trips nach Afrika einer Fußballmannschaft in Mombasa mitbrachte. "Denen bringen ich jetzt, jedes Mal, wenn ich nach Kenia komme, etwas mit. Trikots, Hosen, Stutzen: Das Team kann inzwischen einheitlich in Mainz-05-Kleidung und mit Bällen des Vereins spielen." In der Zwischenzeit habe sich die Mannschaft sogar in Eigenregie in 'Bamburi Beach Mainz 05' umbenannt und konnte vergangenes Jahr, zum Stolz Leifs, den Mombasa-Cup gewinnen. "Ich weiß, wo die Jungs herkommen. Das sind Gegenden, in die keine Touristen kommen. Sie spielen unter anderen Bedingungen Fußball als wir. Das ist dann ziemlich cool, die mit so etwas ausstatten zu können", erzählt der Graffiti-Künstler, der auch einige neue 05-Anhänger gewinnen konnte. "Auch wenn in Afrika die meisten Menschen, die Fußball lieben, eher die englische Premiere League verfolgen, haben die Jungs immer ein Auge auf Mainz 05."

Dem Fußballteam 'Bamburi Beach Mainz 05' aus der kenianischen Küstenstadt Mombasa bringt Leif bei jedem Besuch 05-Kleidung mit.

Darüber hinaus bringen Freunde von Leif Laptops mit an Schulen, in Tansania haben der 50-Jährige und seine Freundin vor ein paar Jahren ein Ziegenkäse-Projekt gestartet. "Es gibt Ziegen ohne Ende, aber nirgendwo guten Ziegenkäse", erzählt Leif, dessen Freundin, die mit ihrem Reiseveranstalter 'jambokili' ebenfalls einige Menschen aus Tansania beschäftigt, kurzerhand lernte, Ziegenkäse selbst herzustellen, um das Handwerk alleinerziehenden Frauen beibringen zu können. "Im Idealfall produzieren sie irgendwann so viel Käse, dass sie wirklich komplett davon leben und in die Hotellerie liefern können", hofft Leif.