Nachwuchs 16.04.2020 - 15:49 Uhr
Neun Tipps vom NLZ-Sportpsychologen
Anregungen und Ideen für den persönlichen Umgang mit der aktuellen Situation
Moritz Hirmke ist Sportpsychologe im Nachwuchsleistungszentrum der 05ER und derzeit über alle modernen Kommunikationswege mit Nachwuchspielern und -Trainern in Kontakt. Die derzeitige Situation kann auch eine mentale Herausforderung für jeden einzelnen sein. Deshalb hat Hirmke neun praktische Tipps zum Umgang damit zusammengestellt.
All diese Ideen sind als Anregungen gedacht. Jeder kann sich herauspicken, was er oder sie gerade braucht. Die Tipps können jedoch keine psychologische oder psychotherapeutische Begleitung ersetzen. In manchen Fällen kann es notwendig sein, professionelle psychotherapeutische Unterstützung hinzuzuziehen.
1. Notiere dir Tages- und/oder Wochenziele
Aus meinen Gesprächen mit Sportlern weiß ich, dass viele die aktuelle Situation als Chance für sich nutzen wollen. Damit kann auch nur gemeint sein, dass man sich vollständig erholen möchte. Notiere dir kurzfristige Handlungsziele und Tagesaufgaben auf einem Zettel, je nachdem wofür du die Zeit nutzen möchtest. Behalte das Bild deiner langfristigen Ziele im Hinterkopf, jedoch versuche dich auf deine konkreten, aktuellen Handlungsziele zu fokussieren.
2. Überlege dir jeden Morgen drei schöne Dinge, die du in deinen Tag einbauen willst
Lege dir Tagesstrukturen und Routinen an. Vergiss dabei aber nicht deine Kraftspender! Zu jedem ambitionierten Plan gehört, dass man sich auch kleine Aktivitäten einplant, die einem einfach nur guttun. Diese können gerne auch dafür verwendet werden, sich selbst für die "produktiven" Phasen zu belohnen. Wichtig ist dabei, dass man sich erlaubt diese ohne schlechtes Gewissen und bewusst zu genießen!
3. Trainiere in der Vorstellung
Das Gehirn kann nur schwer unterscheiden zwischen Aktivitäten, die wir wirklich tun oder uns nur vorstellen. Beispielsweise im Wintersport machen sich viele Sportler diese Eigenschaft unseres Gehirns zu nutze. Gerade jetzt, wo das physische Training eingeschränkt ist, kann das Training mithilfe eines lebendigen (das heißt, mit allen Sinnen) Vorstellungsbildes vor dem inneren Auge eine gute Ergänzung darstellen.
4. Widme dich deinen sozialen Kontakten mit voller Aufmerksamkeit
Neue technische Möglichkeiten und soziale Medien bieten uns die Möglichkeit ständig miteinander in Kontakt zu sein. Oft verleitet uns das jedoch dazu, unsere Interaktionen nebenbei zu "konsumieren", zum Beispiel Nachrichten zu schreiben, während man eine Serie schaut. Das ist jetzt erstmal nicht unbedingt etwas Schlechtes. Versuche dennoch, dich hin und wieder deinen Interaktionen mit deiner vollen Aufmerksamkeit zu widmen, sowohl im realen Leben, als auch im Videochat.
5. Notiere dir jeden Abend drei schöne Dinge, die du den Tag über erlebt hast
Alternativ: Notiere dir jeden Abend drei Dinge, die du den Tag über gelernt hast. Dabei kann es vorkommen, dass du vor einem leeren Zettel sitzt und nicht weißt, was du notieren sollst. Gib nicht sofort auf, sondern gehe den Tag innerlich durch und scheue dich nicht, auch "kleine" Dinge zu notieren.
6. Baue kurze Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen in deinen Tag ein
Auch wenn du dich vielleicht aktuell weniger gestresst fühlst, kann es sinnvoll sein, hin und wieder kleine Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen in den Tag einzubauen. Denn je mehr du darin geübt bist, desto leichter fällt es dir auch in einem vollgepackten Alltag runterzufahren. Inzwischen gibt es viele gute Apps, die man dafür nutzen kann. Auch kleine Alltagsaktivitäten, die dir helfen einen „ruhigen“ Kopf zu gewinnen und bei dir anzukommen, sind gut geeignet. Das kann zum Beispiel Gärtnern, Kochen, Malen oder Sport sein, beispielsweise Yoga.
7. Sei kreativ im Umgang mit sozialen Medien
Zeit für sich selbst kann dem ein oder anderen natürlich dabei helfen, sich besser kennenzulernen und mit sich selbst gut auszukommen. Dennoch ist der Wunsch nach sozialen Kontakten legitim. Interaktionen können die Entwicklung der Persönlichkeit auch unterstützen! Soziale Medien können reale menschlichen Interaktionen nur schwer ersetzen, trotzdem können sie mit viel Kreativität auch abwechslungsreich sein und Freude bereiten. Beispielsweise gibt es Sportler, die ihre Workouts gemeinsam im Videochat durchführen oder sich mit privaten Trickvideos gegenseitig herausfordern.
8. Versuche jeden Tag rauszukommen und dich zu bewegen
Frische Luft und Sonne tun gut, zudem sind kleine (erlaubte) Aktivitäten im freien eine gute Abwechslung.
9. Finde deine persönliche Strategie, mit der aktuellen Situation umzugehen
Jeder Mensch ist unterschiedlich und hat seine eigenen Stärken, Potenziale und Herausforderungen. Dem ein oder anderen hilft es, sich aktiv die Chancen der aktuellen Situation aufzuschreiben oder sich mit anderen auszutauschen. Der andere profitiert davon zu lernen, sich mit einer achtsamen und akzeptierenden Haltung von negativen Gedanken und Gefühlen zu lösen. Unabhängig davon, was deine Strategie ist, versuche einen aktiven Umgang mit der Situation zu finden.