Wir müssen reden. Reden über das, was uns allen wichtig ist: Mainz 05, und, klar, auch die Bundesliga. Natürlich gibt es ein Leben ohne erste Liga, aber als ein Teil von ihr ist es eben so viel schöner. Sich mit den Besten messen, die Großen ärgern, Topstars bestaunen und sich dabei irgendwie selbst genügen. Das sind wir. Doch das ist gerade infrage gestellt, so ehrlich müssen wir sein. Wir sind im Abstiegskampf, das nächste Kapitel für unseren Verein. Keine Angst, das bekommen wir schon hin. Wenn wir uns an die eigene Geschichte erinnern und an ein paar eherne Regeln halten.
Unser Mindset
Wer kennt sie noch, die Zweite Liga? Damals am Bruchweg? Ferne Vergangenheit, 2009 war das zuletzt. Seitdem spielen wir Bundesliga, das können nur wenige andere Klubs von sich behaupten: die Bayern, der BVB, Leverkusen, Mönchengladbach, Wolfsburg und Hoffenheim. Deren Wirtschaftskraft ist ein anderes Universum. Trotzdem haben wir uns als Underdog kuschelig eingerichtet in der Beletage. Bundesliga ist Ehrensache, inzwischen unser Selbstverständnis.
Aber Achtung, selbstverständlich ist und war hier gar nichts! Alle Rädchen müssen ineinandergreifen, damit wir in dieser illustren Runde mitspielen können. Das sieht sportlich in manchen Jahren gar nicht so schwer aus. In dieser Saison haben uns Verletzungssorgen, unglückliche Spielverläufe und fehlendes Selbstbewusstsein wie Blei in den Beinen und auf den Seelen gelegen.
Daher bitte einmal kräftig schütteln: Weg mit Gewohnheit, Trägheit, Schwermut. Und klarmachen, was wir wollen, wofür wir stehen und was wir brauchen. Es ist Zeit, für das vermeintlich Selbstverständliche zu kämpfen!
Unsere Leidenschaft
Ex-Trainer Wolfgang Frank, unserer Viererketten- und Motivationsguru, hatte einen Spleen: Nach den Mannschaftssitzungen mussten sich alle an den Händen packen und wiederholt laut sagen: „In mir brennt ein Feuer!“ Okay, darüber darf und muss man wahrscheinlich lachen. Und ihr solltet deswegen euern Nachbarn an der Wursttheke oder beim Frisör jetzt nicht gleich abfingern und nachplappern. Aber mal im Ernst: Spürt ihr das Feuer?
Diese Anspannung, die sich in den vergangenen Monaten aufgebaut hat, diese Sehnsucht nach Erfolg, nach Torjubel und Ekstase. Dieses Brennen auf Siege, gewonnene Zweikämpfe. Gemeinsam im Block.
Vor zweieinhalb Jahren haben wir den Klassenerhalt, die größtmögliche Aufholjagd allein daheim am Fernseher bejubelt, als der FC Augsburg ein Spiel gewonnen hat. So schön, so schaurig. Der Mainzer Fußballgott möge uns gnädig sein (es diente ja einem höheren Zweck). Verdrängt. Unsere Leidenschaft und unser Feuer leben wir im Stadion, nicht vor der Glotze. Diesmal sind wir alle dabei. Kommt!
Unsere Geschlossenheit
Abstiegskampf geht nur geMAINZam, haben wir früher gesagt. Hey, schon klar, das waren die neunziger Jahre. Aber die Aussage steht - und sie meint uns alle: Gemeinsam sind wir stärker und lauter, egal, was andere sagen und denken. Gemeinsam ertragen wir auch die schwierigen Zeiten. Alles andere ist Nebensache. Die Mannschaft wird es uns danken. Und dann liegen sich Metzger und Frisöre und alle anderen bald wieder jubelnd in den Armen, ganz sicher.
Unsere Geschichte
Wir sind nicht Mainz 05, weil uns ein Mäzen, ein Scheich oder ein Werk in den Schoß gefallen ist, oder weil uns eine Glücksfee geknutscht hat. Wir sind dieser Verein geworden, weil wir immer an uns geglaubt, weil wir die Dinge selbst angepackt haben, weil wir zäh waren, manchmal sogar pedantisch. Selbst in ausweglosen, viel schwierigeren Zeiten, als niemand mehr auf uns gesetzt hat.
Wir sind der Verein, der unter Wolfgang Frank 1996 als Letzter der Zweiten Bundesliga überwinterte, um als bestes Rückrundenteam noch die Klasse zu halten. Wir haben mit Jürgen Klopp zweimal unter größtmöglichen Schmerzen den Bundesliga-Aufstieg verpasst und es im dritten Jahr dennoch gepackt, als alles längst vorbei schien. Und wir haben mit Bo Svensson eine Aufholjagd gestartet, die es so in der Bundesliga noch nie gegeben hat. Drei Beispiele nur von vielen.
Das ist unsere Tradition. Das ist unsere Überzeugung. Wir sind die Mainzer, zerstören kann uns keiner. Und wenn wir einmal fallen, dann steh‘n wir wieder auf.