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Profis 19.01.2023 - 10:00 Uhr

Rückblick: Bundesliga-Premiere in Stuttgart

Am Samstag starten die 05ER beim VfB in den zweiten Teil der Saison. Vor 19 Jahren absolvierten sie bei den Schwaben das erste Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte

Fabian Gerber im ersten Bundesliga-Spiel in der Geschichte von Mainz 05 im Jahre 2004 in Stuttgart.

Zwei Monate sind vergangen seit dem 1:1 in der MEWA ARENA gegen Eintracht Frankfurt, dem letzten Liga-Spiel vor der WM-Pause. Nun geht es weiter mit der Bundesliga, zunächst mit den beiden noch ausstehenden Vorrunden-Spieltagen in Stuttgart und zuhause gegen Dortmund. Dann, in der ersten Englischen Woche 2023, startet der 1. FSV Mainz 05 zuhause gegen den VfL Bochum in die Rückrunde. Das erste Pflichtspiel des neuen Jahres führt die Mannschaft von Bo Svensson am Samstag (15:30 Uhr) zum VfB Stuttgart. 14 Bundesligaduelle haben die Mainzer bisher beim VfB bestritten. Und es war beim VfB, wo Mainz 05 an jenem 08. August 2004 sein erstes Spiel überhaupt in der höchsten deutschen Spielklasse bestritt. Damals trennten beide Klubs Welten: Der Aufsteiger aus Mainz traf auf eine Top-Mannschaft, die in der Vorsaison hinter Meister Werder Bremen, dem FC Bayern und Bayer Leverkusen Vierter geworden war.

Endlich Bundesliga

Wir möchten an dieser Stelle zurückblicken auf jenen Sommer vor 19 Jahren, in eine Zeit, in der für viele in Mainz und Rheinhessen eine intensive Beziehung mit dem FSV begann. Mit dem Verein und einer Mannschaft, die es im dritten Anlauf nach zwei dramatisch gescheiterten Versuchen endlich geschafft hatte, oben dabei zu sein. Etwas, was viele Jahre lang undenkbar gewesen war. Und dann war es so weit: Am 25. Mai 2004 wankte das Bruchwegstadion in seinen Grundfesten, nachdem der FSV im letzten und entscheidenden Zweitliga-Spiel mit einem 2:0 gegen Eintracht Trier den ersten Bundesliga-Aufstieg seiner Vereinsgeschichte geschafft und eine ganze Stadt in Ektase versetzt hatte, in einem Triumphzug durch die City kutschiert worden war, vorbei am Denkmal des größten Sohnes der Stadt, der sich zum Auftakt der tagelangen Feierlichkeiten in einem riesengroßen 05-Trikot nebst Hosen und Stutzen präsentierte: Mainz war Bundesliga-Stadt geworden und war gekommen, um zu bleiben. Was die überregionalen Experten bezweifelten. Man war sich einig darüber, dass es nur ein kurzer Ausflug werden, die Mainzer keine Chance haben und nach einem Jahr wieder absteigen würden.

Das jedoch vermochte die Freude nicht zu trüben. Die Mainzer waren es gewohnt, mit dem Rücken zum Abgrund zu stehen. Dass es nun schiefgehen könnte, damit beschäftigen sich die Fans nicht. Sie freuten sich darüber, dass sie sich nicht auf Tradition berufen mussten, auf zurückliegende Meisterschaften, um sich und ihren Verein zu definieren. Der Höhepunkt der Mainzer Historie war jetzt und er gehörte ihnen. "In der Mainzer Innenstadt und speziell im Bereich des Bruchwegstadions kommt es zu massiven Behinderungen des Verkehrs", lautete eine Meldung im Radio wenige Tage nach dem Aufstieg, als im Stadion die Anträge auf Dauerkarten des Erstligisten Mainz 05 gestellt werden konnten. Etwa 6000 Fans standen stundenlang an, übernachteten teilweise am Bruchweg, um erstmals eine Dauerkarte zu erstehen.

Euphorisch reisten mehrere tausend Mainzer Anhänger zur Bundesliga-Premiere nach Schwaben.

Premiere in Stuttgart

"Wenn die Informationen über die Kartennachfrage aus Mainz und Stuttgart stimmen, werden die 05ER bei ihrem ersten Auftritt in der Eliteliga von rund 10.000 Anhängern begleitet. Eine neue Dimension, in die dieser Verein vordringt", schrieb die Mainzer Rhein-Zeitung vor dem Saisonstart. "Die neue Zeitrechnung beginnt. Die Mainzer sind nun einer von jenen 18 Klubs, die derart intensiv im Blickpunkt stehen. Die Aufmerksamkeit, die Jürgen Klopp und seine Profis nun erfahren, ist mit nichts Bisherigem vergleichbar", hieß es weiter. 

"Ich wünsche uns, dass sich jeder dieser Verantwortung bewusst ist", sagte der damalige Vorsitzende Harald Strutz, der sich nichts sehnlicher wünschte, als dass es gelinge, mit dem Spiel beim VfB beginnend, eine gute Rolle zu spielen und vielleicht eine neue Epoche in der Bundesliga einzuleiten. "Für uns ist das ein ganz besonderer Tag", sagte Strutz. "Das ist extrem spannend. Wir sind alle aufgeregt, weil dies ein Ereignis ist, auf das wir alle seit Jahren hingelebt haben."

Teamspirit als Grundtugend

Die 05ER mussten sich finanziell strecken, um Manuel Friedrich aus seinem Vertrag bei Werder Bremen herauszukaufen, damit der vier Monate zuvor ausgeliehene Innenverteidiger bleiben konnte. Robert Nikolic stellte derweil einen Rekord auf: Der 36-jährige Außenverteidiger gab gegen Stuttgart 13 Jahre nach seinem letzten Bundesliga-Einsatz für Borussia Dortmund sein Erstliga-Comeback. Noch nie war ein Spieler nach so langer Abwesenheit nochmal in diese Liga zurückgekommen.

In der Pressekonferenz vor dem Spiel erzählte Trainer Jürgen Klopp über seinen Ansatz, der auch heute noch, 19 Jahre später, bei Bo Svensson erkennbar ist: "Im Fußball besteht die Möglichkeit, jedes Spiel zu gewinnen. Dazu darf man sich nicht auf individuelle Fähigkeiten verlassen. Wir wollen größeren Einfluss nehmen auf das Spiel. Wir stellen die torgefährlichen Räume zu, und wenn es die Möglichkeit gibt einzugreifen, werden wir das mit aller Macht tun. Das erfordert eine höhere Aufmerksamkeit. Wer bei uns keinen Zweikampf führt, ist zur Absicherung da. Wenn ein Gegentor fällt, gibt es nicht einen Schuldigen, sondern mindestens neun", erklärte die 05-Legende damals.

19.01.2023

Sach´ emol, Andreas!

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Missglückter Start

Doch in der Praxis war davon zunächst wenig zu sehen. Der Neuling war in Stuttgart vor 45.000 Zuschauern erst einmal überfordert, lag frühzeitig mit 0:2 hinten. Am Ende gewann das arrivierte Spitzenteam mit 4:2. Und der FSV hatte eine Menge Lehrgeld zahlen müssen. Die Forderung ihres Trainers, frech und aggressiv aufzutreten, kompakt zu stehen, den Gegner zu beschäftigen und vor allem Mut zu zeigen, setzten die Mainzer nur sporadisch um.

"Ich bin alles andere als zufrieden", sagte Klopp nachher. "Wir haben viele Dinge nicht umgesetzt. Besonders das Defensivverhalten können wir wesentlich besser durchziehen." Die Gegentore, so der 05-Coach, hätten die Mannschaft nicht so schocken dürfen. "Die Reaktion hat mir nicht gefallen, wir haben den Glauben an unsere Spielweise nach dem Stuttgarter Führungstreffer verloren. Durch falsche Laufwege haben wir zu viel investiert und dem Gegner ständig die Gelegenheit gelassen, einfache Bälle zu spielen. Das hat uns zunehmend ein schlechtes Gefühl gegeben. Jetzt haben wir genügend Ansatzpunkte, die zu verbessern sind. Ich denke, die Jungs werden diese Fehler nicht jede Woche machen", blickte Klopp optimistisch nach vorne.

"Die Kirche im Dorf lassen"

Deshalb forderte der 05-Cheftrainer: "Wir müssen die Kirche im Dorf lassen nach unserem ersten Spiel in der neuen Liga. Ich bin froh, dass wir diese Erkenntnisse gewonnen und unsere Fehler aufgezeigt bekommen haben, den Leuten aber trotzdem auch etwas bieten konnten", sagte der damals 37-Jährige. "Nicht alles war schlecht, denn zwei Tore in Stuttgart zu schießen und trotz der Mängel zurückgekommen zu sein und mit zunehmender Spieldauer auch die eigenen spielerischen Möglichkeiten betont zu haben, das sind Ansätze", schrieb die Mainzer Rhein-Zeitung.

Christoph Babatz hämmerte nach der Pause einen direkten Freistoß ins Netz, später verkürzte Tamas Bodog zum 2:3. "Im nächsten Spiel zu Hause gegen den Hamburger SV werden wir uns anders präsentieren. Stuttgart war ein wichtiger Schritt. Wenn unsere Jungs in dieser Liga angekommen sind, wird vieles anders aussehen. Es kann nur besser werden, und das wird gegen den HSV auch schon so sein", versprach Klopp – und hielt Wort.