Profis 20.03.2018 - 15:30 Uhr
Schwarz: Jeder muss sich hinterfragen
05-Trainer ruft Endrunde um den Klassenerhalt aus & appelliert an Eigenverantwortung der Spieler
Zwölf Feldspieler des 1. FSV Mainz 05 betraten den Trainingsplatz am Bruchwegstadion am Dienstagvormittag, begleitet von René Adler sowie den beiden U23-Torhütern Finn Dahmen und Patrick Manthe. Zu ihnen gesellte sich später noch Kapitän Niko Bungert, der nach seinen muskulären Problemen in der vergangenen Woche eine lockere individuelle Laufeinheit absolvierte. Sein Puls dürfte während der folgenden knapp 90 Minuten in einem deutlich niedrigeren Bereich geblieben sein, als der seiner Kollegen, denen das Trainerteam zum Wochenbeginn eine intensive Laufeinheit verordnet hatte. Keinesfalls eine Strafmaßnahme in Folge des abermals enttäuschenden Auftritts bei Eintracht Frankfurt am Wochenende, sondern durchaus üblich innerhalb einer Länderspielpause. Was jedoch nichts daran änderte, dass auch der Puls von 05-Trainer Sandro Schwarz in der anschließenden, turnusmäßigen Medienrunde ungewohnte Höchstwerte erreicht haben dürfte.
"Wir müssen über das Spiel reden", eröffnete Schwarz von sich aus das Gespräch. Sein Team habe in beiden Derbies mehr als enttäuscht, zwei Mal 0:3 verloren, so dass er jeden Einzelnen, der die 90 Minuten mit großer Besorgnis verfolgt habe, verstehen könne. Ihm selbst wie auch seinen Spielern sei das nicht anders gegangen. "Wir haben vollstes Verständnis für unsere Anhänger, weil wir als Gruppe versagt haben." Sich selbst schloss er ausdrücklich in die Kritik mit ein. Sowohl Trainerteam wie auch Mannschaft hätten nach einer solchen Darbietung die Pflicht, sich zu hinterfragen. Der Ex-Profi redete sich zwar nicht in Rage, seine Ausführungen waren jedoch von höchster Emotionalität geprägt.
Die Läufe am Dienstag standen dabei sinnbildlich für die bevorstehenden Wochen bis zum Saisonende. "Es ging heute auch darum, Widerstände zu überwinden", so Schwarz, der den letzten Block der Saison, bestehend aus sieben wegweisenden Partien, beginnend mit dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach, zur Endrunde ausgerufen hat. Eine Endrunde, für deren Ausgang es noch immer drei mögliche Szenarien gibt: Den nach wie vor aus eigener Kraft erreichbaren direkten Klassenerhalt, die Verlängerung in Form von zwei Relegationsspielen oder eben der unbedingt zu vermeidende Abstieg. Schwarz sprach auch dies deutlich aus und betonte, dass "wir eine Partie wie in Frankfurt nicht noch einmal erleben wollen und auch nicht dürfen". Über die Brisanz der Situation seien sich alle im Klaren. Dennoch, auch das hielt der Cheftrainer des FSV fest, müsse die Möglichkeit, in dieser Saison noch gemeinsam etwas erreichen zu können, auch Energie freisetzen bei jedem Einzelnen. Hätte er persönlich das Gefühl, die Ziele mit der Mannschaft nicht verwirklichen oder sie gar nicht mehr erreichen zu können, wäre er längst weg, stellte Schwarz darüber hinaus klar.
Die Laufeinheit in Bildern
Dass trotzdem jeder Einzelne, inklusive Trainerteam, Sportvorstand und Profis, sich dabei kritisch mit Entscheidungen und Leistungen auseinandersetzten, sei vollkommen klar, betonte Schwarz. Dennoch: "Um Einzelne geht es hier gar nicht. Es geht nur, ohne Ausnahme, darum, das Allerbeste für diesen Klub, für Mainz 05 herauszuholen." Es sind diese und darüber hinaus gehende Erkenntnisse, aus denen die Mainzer bis zum Ostersonntag die richtigen Lehren ziehen wollen. In erster Linie aber gelte es, klare Worte zu wählen, vor allem intern, untereinander offen und ehrlich Fehler anzusprechen. "Wir wollen den Druck hinsichtlich der Eigenverantwortung individuell wie auch bezüglich des Mannschaftsgefüges erhöhen, denn wir haben ein klares Gesamtbild, wo die Probleme liegen."
Die zwingend erforderliche Emotionalität und Wehrhaftigkeit sei seiner Mannschaft im Saisonverlauf zu bisweilen abhanden gekommen, so Schwarz weiter. Dies spiegele sich auch darin wider, dass es seiner Mannschaft bislang nicht gelungen sei, zwei aufeinanderfolgende Partien erfolgreich zu gestalten oder wenigstens über 180 Minuten konstant Leistung abzurufen. "Man kann verlieren, aber es geht dann auch um das 'Wie?'", unterstrich Schwarz. Ein besonderer Dorn im Auge ist dem 05-Trainer zudem die Diskrepanz zwischen den Auftritten vor heimischem Publikum und auf des Gegners Platz. "Wenn wir auswärts ein Gegentor bekommen, sieht das fürchterlich aus. Das ist die mentale Geschichte, um die wir uns kümmern müssen. Da sind wir momentan aus der Gruppe heraus nicht gefestigt genug in unserem Selbstbild, um uns zu wehren und uns dagegen zu stemmen. Als Trainerteam stehen wir in der Verantwortung, hier Hilfestellung zu leisten. Es ist aber auch der Zeitpunkt gekommen, die Spieler komplett in die Pflicht zu nehmen, auf dem Platz umzusetzen, was wir trainiert haben. Wer sich am letzten Samstagnachmittag gefragt hat, was wir im Training veranstalten, den kann ich verstehen." Wer Schwarz an diesem Dienstagvormittag erlebt und gehört hatte, dürfte indes durchaus Schwierigkeiten haben, es nachzuvollziehen.