U23 25.05.2023 - 14:00 Uhr
Siewert: "Da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut"
Vor dem Saisonfinale am Freitagabend im Bruchwegstadion spricht der U23-Cheftrainer über die Saison, den "absolut erfüllten" Auftrag, seine Mannschaft und den Support der Fans
Letzter Spieltag in der Regionalliga Südwest. Am Freitagabend (19 Uhr, Tickets ab 3 Euro an der Tageskasse, Livestream von Leagues) bestreitet die U23 von Mainz 05 im Bruchwegstadion gegen die U21 des VfB Stuttgart ihr finales Spiel der Saison 2022/23. Gegen die Zweitvertretung der Schwaben wollen die 05ER nochmal eine gute Leistung vor den eigenen Fans auf den Platz bringen und sich gebührend von insgesamt zwölf Spielern verabschieden, die den FSV nach dieser Spielzeit verlassen, oder wie im Fall von Patrick Manthe, sogar ihre Karriere beenden.
"Mir wird es schwerfallen, am Freitag zwölf der Jungs zu verabschieden", sagt Siewert vor der Partie gegen den Tabellenachten VfB, den die höchste Mainzer Ausbildungsmannschaft mit einem Sieg in der Tabelle noch überflügeln kann und gegen die der FSV noch etwas aus dem Hinspiel gut machen möchte. Im Interview spricht der Fußballlehrer über die Saison, in der er als neuer Chefcoach an die Seitenlinie zurückgekehrt ist, über die Arbeit mit der Mannschaft, den Auftrag einer U23 und die Wertschätzung von Seiten der Fans.
Hallo Jan, die Saison in der Regionalliga Südwest neigt sich für die U23 dem Ende entgegen. Vor dem Saisonfinale am Freitagabend im Bruchwegstadion: Welche Überschrift würdest du dieser Spielzeit geben?
"Wir haben den Auftrag, den uns der Verein als höchste Ausbildungsmannschaft gegeben hat, absolut erfüllt."
Was heißt das konkret?
"Es geht für uns in allererster Linie um die Unterstützung der Profimannschaft. Wir wollen unsere Spieler so ausbilden, dass sie in der Lage sind, den Profis direkt helfen zu können. Wie sich viele der Jungs individuell entwickelt haben, macht mich sehr stolz."
An welche Jungs denkst du da?
"Beispielsweise an unseren Kapitän Lucas Laux, der seinen ersten Profivertrag unterschrieben hat und schon im Spieltagskader stand, an Ben Bobzien, der sein Profi-Debüt im DFB-Pokal feiern konnte und sich nach der Hinrunde einem Drittligisten zur Leihe anschloss, an Lasse Rieß, der sich im Profikader etabliert hat und an Eniss Shabani, der ebenso wie Lasse viel Spielpraxis bei uns bekommen hat und sein Bundesliga-Debüt feiern konnte. Auch an alle, die immer wieder bei den Profis mitmischen durften wie Timothé Rupil, David Mamutovic, Tristan Mohn, Kaito Mizuta, Lasse Wilhelm, Keanu Kraft, Juraj Hartmann, Marc Richter oder Danny Schmidt. Und an die U19-Spieler, die wir nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft schon einbauen konnten, um sie erste Erfahrungen im Herrenbereich sammeln zu lassen."
Wie fällt dein sportliches Fazit aus?
"Wir können mit unserer Punkteausbeute grundsätzlich zufrieden sein. In ein paar Spielen haben wir Punkte liegen lassen, drei weitere wurden uns abgezogen. Wir haben am Freitag noch die Chance, die Saison vor dem VfB Stuttgart auf dem achten Tabellenplatz zu beenden. Dafür werden wir uns im letzten Spiel noch einmal alles abverlangen."
Welche Herausforderungen gab es in dieser Saison?
"Zum Beispiel kurzfristige personelle Konstellationen, die wir immer wieder hatten. In einer U23 ist das nicht außergewöhnlich. Es war dennoch herausfordernd, weil wir zusätzlich auch Verletzungssituationen hatten, die wir nicht immer kompensieren konnten. Zu Abstellungen kamen Verletzungen von Stammspielern hinzu. Ein Nebeneffekt war, dass sich dadurch auch Spieler aus der zweiten Reihe sehr gut entwickeln konnten."
Wie bringt man dieses Spannungsfeld in einer U23 zwischen mannschaftlicher und individueller Entwicklung sowie der sportlichen Performance zusammen?
"Wir gehen im Trainerteam immer inhaltlich an die Sache heran. Die Trainingseinheiten der Jungs, die bei den Profis waren, haben wir uns angeschaut und im Nachhinein in Videoanalysen oder auf dem Platz wieder aufgegriffen. Dadurch konnten wir auch als Mannschaft wachsen, weil die Inhalte für alle sehr ähnlich waren. Der Austausch mit den Profis war auch in dieser Hinsicht sehr gut und hilfreich für die Entwicklung."
Welche Inhalte sind das, an denen ihr über die Saison gearbeitet habt?
"Das ist individuell auf die Spieler und ihre jeweiligen Positionen abgestimmt. Als Mannschaft geht es immer um unsere Spielphilosophie: Beispielsweise nach vorne zu verteidigen, egal in welcher Formation und Konstellation wir aufgetreten sind."
Für dich war es eine besondere Saison, weil du das Amt des U23-Cheftrainers übernommen hast und wieder an der Seitenlinie stehst. Wie hast du die Spielzeit erlebt?
"Mich hat zunächst der Gewinn der U19-Meisterschaft sehr stolz gemacht, für alle im NLZ. Das war auch in gewissem Maße ein schöner Abschluss meiner dreijährigen Tätigkeit als Junioren-Cheftrainer. Zu Beginn der Saison war ich noch an den Planungen für den kompletten Leistungsbereich involviert. Dass ich wieder in der Verantwortung am Spielfeldrand stehe, hat sich kurzfristig ergeben. Wir haben das entschieden, weil ich auch in meiner vorherigen Aufgabe nah an der Mannschaft dran war. Es war eine spannende, arbeitsreiche Saison für mich und ich freue mich schon auf die kommende. In der Zusammenarbeit mit Meikel Schönweitz kann ich mich nun voll und ganz auf die U23 konzentrieren."
Was hat die Arbeit mit der Mannschaft ausgezeichnet?
"Mir wird es schwerfallen, am Freitag zwölf der Jungs zu verabschieden. Wir sind als Mannschaft sehr eng, alle Spieler sind mir ans Herz gewachsen. Die Arbeit mit einer U23 hat immer etwas Herausforderndes. Jeder hat eigene Vorstellungen und Hoffnungen, man muss mit Themen wie der Altersgrenze umgehen. Wir sind emotional verbunden. Das ist auch ein Grund, warum wir in schwierigen Phasen Punkte geholt und uns nach Rückschlägen wieder aufgerafft haben. Die Jungs haben alles als Chance begriffen, für ihren persönlichen Weg und als Mannschaft. Der Wert dieses Teams ist immens, deswegen identifiziere ich mich so mit der Aufgabe."
In der neuen Saison bekommt der Kader in weiten Teilen ein neues Gesicht
"Ich freue mich auf die neuen Spieler, die zu uns kommen. Das macht auch den Reiz dieser Aufgabe für mich aus."
Am Freitagabend steigt das Saisonfinale im Bruchwegstadion gegen den VfB Stuttgart vor den eigenen Fans. Du hast die Wichtigkeit der Unterstützung der Zuschauer in dieser Saison schon mehrfach angesprochen. Welche Rolle spielt diese in einer U23?
"Einer der Schlüsselmomente war das Auswärtsspiel in Ulm, bei dem uns viele Fans vor Ort unterstützt haben. Wir haben ein gutes Spiel gezeigt, nur das Ergebnis hat nicht gestimmt. Die Fans haben unsere Leistung und Leidenschaft gewürdigt. Danach sind wir zum Auswärtsblock gegangen und haben uns für den Support bedankt. Dadurch ist etwas entstanden. Vor Weihnachten gab es dann das Spiel gegen Fulda, nach dem wir gemeinsam mit der Fanszene den Abschluss des Jahres begehen konnten. Wenn ich an das Flutlichtspiel gegen den FSV Frankfurt in der Rückrunde denke, bekomme ich jetzt noch Gänsehaut, das war sensationell. Ich glaube, dass auch die Fans den Wert der U23 verstehen und die Arbeit wertschätzen. Dafür sind wir sehr dankbar."
Inwiefern sind das Erfahrungen, die die Spieler weiterbringen?
"Sie sind wichtig, weil die Jungs merken, wie beflügelnd diese Unterstützung von den Rängen sein kann. Das Spiel gegen Frankfurt war das beste Beispiel. Wir hatten damals verletzungsbedingte, personelle Sorgen. Die Fans haben uns an diesem Abend zum Unentschieden getragen, am Ende hätten wir das Spiel fast noch gewonnen. Das hat Spaß gemacht."