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Profis 22.01.2025 - 18:30 Uhr

Stolz & ambitioniert wie an Tag eins

Wenige Tage nach seinem 100. Pflichtspiel-Einsatz als Mainzer spricht der 05-Kapitän über den Umgang mit seiner derzeitigen Joker-Rolle, Voraussetzungen für internationale Träume und verrät, weshalb ihn die Fans des FSV beeindrucken

Für seinen Jubiläumseinsatz hätte sich Kapitän Silvan Widmer angenehmere Begleitumstände ausmalen können. Schließlich zeigten die 05ER beim 1:2 bei Union Berlin einen ihrer schwächsten Auftritte der vergangenen Monate, woran auch der Schweizer in der letzten halben Stunde nichts mehr ändern konnte. Wenige Tage nach der Partie spricht der 31-Jährige über seine Joker-Rolle, 3,5 Jahre Mainz 05 und Saisonziele mit dem FSV. 

Allen voran erfülle ihn das Erreichen dieses Meilensteins mit "Stolz", erklärt der Außenverteidiger ungeachtet des Spielverlaufs in der Hauptstadt. Vielmehr reflektiert er die gesamte Zeit als 05ER seit seiner Ankunft am Bruchweg im Sommer 2021, mehr als die Hälfte dieser nunmehr 42 Monate geht er als Kapitän voran, führt das Team auf und neben dem Rasen. "Als ich damals Kapitän wurde, war das für mich eine große Ehre. Daran hat sich nichts geändert gegenüber Tag eins. Es bedeutet mir sehr viel und ich versuche als Mensch und Spieler 100 Prozent in diese Aufgabe zu investieren", umschreibt Widmer sein Rollenverständnis, an dem sich auch in den vergangenen Monaten, in denen er in erster Linie als Einwechselspieler in der Schlussphase gefragt ist, nichts verändert hat. Zumal er die Leistungen der Mannschaft wie auch der Konkurrenten auf seiner Position anerkennt und die Entscheidungen des Trainers "nachvollziehen" kann. Zurückgeworfen worden war Widmer nach einer EM-bedingt verkürzten Sommerpause durch eine Blessur, die ihn zusätzlich Teile der wenigen Vorbereitungswochen kostete. "Jeder Sportler wird mir zustimmen: Man möchte natürlich immer auf dem Platz stehen. Die Anderen haben es derzeit aber auch einfach verdient. Ich mache das Beste aus der Situation, versuche die Entscheidung zumindest jede Woche so schwer wie möglich ausfallen zu lassen, gebe jeden Tag alles – das ist auch meine Pflicht."

Im November 2021 gelang dem Außenbahnspieler gegen Mönchengladbach sein erster von sieben Bundesliga-Treffern (11 Assists) für den FSV.

Internationale Hochrechnungen

Neben allen persönlichen Ambitionen, wieder mehr Spielanteile zu bekommen, freut sich der Kapitän vor allem über die Entwicklung der Mannschaft und eine Saison, in der das Wort "Abstiegskampf" aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in den Mund genommen werden muss. Das tue gut und mache Lust auf mehr. "Wir alle wissen, wie die Tabelle vor einem Jahr ausgesehen hat und wie emotional die Aufholjagd im Frühjahr. Da haben wir uns viel erarbeitet, Selbstvertrauen gewonnen. Wir brauchen und dürfen uns also nicht verstecken und kleiner reden als wir sind. Wir stehen heute meiner Meinung nach verdient da, wo wir stehen." Aus Sicht Widmers seien noch zwei bis drei Siege beziehungsweise "sieben, acht Punkte" nötig, um die Klasse so früh wie selten zuvor zu sichern. Und dann? "Wenn uns das gelungen ist, dann – und das sage ich nicht nur hier – werden wir uns intern besprechen und Ziele setzen, die wir erreichen wollen und für realistisch halten. Je früher desto besser, dann können wir die internationalen Ränge angreifen", so der Schweizer. In seinen ersten beiden Jahren als Mainzer war die Qualifikation ebenfalls in Reichweite gewesen, am Ende auf Platz acht (2021/22) und neun (2022/23) allerdings jeweils knapp verpasst worden. 

Dass Leistungen wie jüngst in Berlin mit Blick auf derlei Ziele im Hinterkopf nicht reichen dürften, sei dem gesamten Team bewusst. "Uns wurde vor Augen geführt, dass es gegen jeden Gegner schwierig wird, wenn nicht jeder Einzelne ans Limit geht", erinnert der Profi an die Basics, die den FSV in jeder Partie auszeichnen müssen, um die Voraussetzungen für Erfolge zu schaffen. Schon am Samstagnachmittag (15.30 Uhr, live auf SKY & 05ER.fm) gegen Stuttgart gelte es, die ureigenen 05-Tugenden von Sekunde eins an abzurufen und die Fans in der voraussichtlich ausverkauften MEWA ARENA mitzunehmen. "Ich gehe von einem hart umkämpften Spiel aus gegen eine sehr gute Mannschaft, die viel Ballsicherheit ausstrahlt. Wir werden von der ersten Sekunde an Vollgas geben, genauso wie die Fans. Wenn alle zusammenhalten, werden wir unsere Chance haben. Wir spielen zuhause und wollen diese drei Punkte hierbehalten", so Widmer unmissverständlich.

"Egal wie weit, egal zu welcher Uhrzeit"

Neben dem Vertrauen in das Potenzial des Teams sieht der Kapitän im Übrigen ein weiteres Faustpfand für den weiteren Saisonverlauf, nämlich den unbändigen Support der 05-Fans, die die Auslastung der heimischen Arena merklich in die Höhe treiben und sich nebenbei auch deutlich reisefreudiger als in den Vorjahren präsentieren. Eine Entwicklung, die auch der Schweizer Nationalspieler wahrnimmt und sich begeistert zeigt: "Ich nehme den Support sehr stark wahr und wir alle wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Es macht große Freude, zu sehen, dass die Fans da sind und im besten Fall mit ihnen zu feiern. 'Egal wie weit, egal zu welcher Uhrzeit', muss man ja schon sagen", führt er exemplarisch die Partien in Kiel und bei St. Pauli vor vollbesetzten Gästeblöcken im hohen Norden zu nicht gerade fanfreundlichen Anstoßzeiten an. "Unter diesen Bedingungen auswärts zu spielen und zu gewinnen, ist sehr besonders. Mein ganz persönliches Highlight als Mainzer aber war Wolfsburg im vergangenen Mai. Aus emotionaler Sicht war es das mit Abstand wichtigste Spiel in meiner Zeit hier. Da steckte so viel drin, 6.000 Mainzer oder sogar standen bedingungslos hinter uns - das bleibt unvergesslich und macht uns stolz, wenn wir die Fans, die so viel investieren, begeistern können."