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Profis 30.01.2017 - 11:24 Uhr

Spätes Glück dank defensiver Balance

05er verarbeiten frühen Rückstand gegen BVB und verdienen sich das Remis in der Schlussphase

Keine drei Minuten waren am Sonntag gespielt in der OPEL ARENA, da war der Matchplan von 05-Trainer Martin Schmidt in der Partie gegen Borussia Dortmund bereits über den Haufen geworfen worden. Jean-Philippe Gbamin hatte den Ball auf Höhe der Mittellinie an André Schürrle beziehungsweise Gonzalo Castro verloren, Ersterer das Leder beim folgenden Konter weitergeleitet auf Marco Reus, der keine Probleme hatte, Jonas Lössl auszugucken und zum 0:1 aus Sicht der Gastgeber einzuschieben. Der Ansatz, die Wucht der Angriffe der mit Talent und Klasse gesegneten BVB-Offensive zunächst einzudämmen, war in der Folge unbrauchbar, die Hypothek des Rückstands gegen ein Top-Team in den verbleibenden 87 Minuten überaus hoch. Umso bemerkenswerter darf das Comeback der 05er eingeordnet werden, die zwar einige Zeit brauchten, den frühen Schock wegzustecken, sich das späte 1:1 durch Danny Latza in Minute 83 aber vor allem nach der Pause mehr als verdienten.

"Denkbar schlecht", so Schmidt, sei der Auftakt für sein Team gewesen. Nach der Pause habe sich aber jeder Einzelne gesteigert. Der Punktgewinn gegen den BVB verleihe Selbstvertrauen, wenn auch der Trainer betonte, dass "wir uns darauf nichts einbilden. Denn wir hatten auch das nötige Glück". Ohne Zweifel, die Borussia hätte bei der einen oder anderen Umschaltgelegenheit im ersten Durchgang das 2:0 nachlegen können - "das wäre so etwas wie eine Vorentscheidung gewesen", fand nicht nur BVB-Trainer Thomas Tuchel. Da die Gastgeber aber auf der letzten Linie nach dem Gegentor weitestgehend fehlerfrei blieben und sich mit zunehmender Spieldauer auch weniger Ballverluste im Spielaufbau leisteten, war es der Gegner, der sich im Verlauf des zweiten Durchgangs fast ausschließlich auf Ergebnissicherung konzentrierte und nur noch selten zu Entlastungsangriffen wie durch Schürrle (61.) kam. 

Ramalho-Einwechslung leitet Wende ein

Chancen waren zwar auch auf der Gegenseite rar gesät (lediglich drei Torchancen in 90 Minuten notierten die Statistiker jeweils), doch die solide defensive Basis ermöglichte es den 05ern eben in der Schlussphase, noch einmal zurück zu schlagen. Nicht zuletzt dank der Einwechslung von André Ramalho, der der Mittelfeld-Zentrale zusätzliche Stabilität verlieh und den vorletzten Pass vor dem Ausgleich gab. (Schmidt: "In der zweiten Halbzeit hatten wir deutlich mehr Zugriff - auch durch die Einwechslung von André Ramalho. Es war kein Zufall, dass er am 1:1 beteiligt war.") Levin Öztunali verarbeitete diesen gekonnt, setzte Latza punktgenau in Szene, so dass dieser aus vollem Lauf nur noch den Kopf hinhalten musste - die Erleichterung über das erste FSV-Tor im Jahr 2017 war greifbar, so dass die Welle der Euphorie von den ausverkauften Rängen in den Schlussminuten, die die 05er dominierten, auch auf den Rasen überschwappte. Der nach dem Ausgleich durchaus noch mögliche Sieg wäre unter dem Strich vielleicht des Guten zu viel gewesen, hatten die Gastgeber klare Torchancen doch erst innerhalb der letzten zehn Minuten herausgespielt. Diese hatten es dennoch in sich, scheiterten doch nach dem Latza-Tor sowohl der eingewechselte Aaron Seydel (90.) wie auch de zweite Joker Pablo De Blasis (90.+2) aus aussichtsreichen Positionen. 

Dank des erkämpften Punktes war der Matchplan am Ende eben doch auch ein Stück weit aufgegangen. Mittels langer Bälle war das Pressing des BVB weitestgehend unterbunden worden. Weltklasse-Spieler wie Marco Reus oder Pierre-Emerick Aubameyang kamen so nur selten zur Geltung. Nachdem in der Vorwoche beim 0:0 gegen Köln in Anthony Modeste bereits ein anderer der Top-Torjäger der Liga torlos geblieben war in der OPEL ARENA, kommen die 05er dem Ziel, defensiv stabiler aufzutreten, so Stück für Stück näher. "Wir wollen Kontinuität in unser Defensivverhalten bekommen", unterstrich Schmidt nach der Partie gegen Dortmund. "Wir werden zunehmend stabiler, haben gut gegen den Ball gearbeitet und gegen einen der Großen der Liga gepunktet." Dank der Verpflichtung von Bojan Krkić und der Rückkehr des gegen den BVB letztmals gesperrten Jhon Córdoba dürfte es in den kommenden Spielen nun vermehrt darum gehen, auch in der Offensive wieder mehr Ausrufezeichen zu setzen, ohne dabei die defensive Balance zu vernachlässigen. Der Konkurrenzkampf am Bruchweg wird sich in den kommenden Tagen und Wochen somit nochmals verschärfen - eine Tatsache, die leistungsfördernd wirken dürfte und die Mainzer dem Fernziel eines einstelligen Tabellenplatzes näherbringen soll. Schließlich sei dieser nach Ansicht von Schmidt in der Saison 2016/2017 ein "erstrebenswertes Ziel".