Profis 02.03.2022 - 19:30 Uhr
Bell: "Das wird eine große Aufgabe"
Der FSV-Routinier spricht über die vermeintliche Auswärtsschwäche der 05ER & das kommende Heimspiel gegen Borussia Dortmund
Der Krieg in der Ukraine, der vor einer Woche begann, ist ein Thema, das niemanden in der Bevölkerung kalt lässt. Das gilt ebenso für Bundesliga-Profis. Es dürfte wohl kaum eine Kabine in den deutschen Profi-Ligen gebe, in der darüber nicht gesprochen und diskutiert wird. Auch deshalb, weil viele Fußballer im Laufe der Jahre Spieler kennengelernt haben, die aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft nun in dieses Drama involviert sind. "Das beschäftigt uns natürlich wie alle anderen auch. Wir kriegen alles mit in den Nachrichten. Auch die Aktionen und Entscheidungen, die jetzt im Fußball passieren. Ich würde uns aber nicht so wichtig nehmen in dieser Thematik. Es ist einfach eine schlimme Situation. Da hängen so viele Themen dran", sagte Stefan Bell am Aschermittwoch in einer Medienrunde.
Der Innenverteidiger des 1. FSV Mainz 05 ist bekanntermaßen jemand, der in vielen Bereichen eine eigene Meinung hat und diese öffentlich vertritt. Doch im Ukraine-Konflikt sieht sich auch der Routinier als jemand, der wie derzeit sehr viele Menschen machtlos zusehen und trotzdem ihrem Beruf nachgehen müssen. Deshalb beschränkt sich der 30-jährige Stammspieler und Leistungsträger derzeit weitgehend darauf, über Dinge zu reden, mit denen er sich auskennt. Beispielsweise mit der Situation seiner Mannschaft nach der 1:3-Auswärtsniederlage beim FC Union Berlin und vor dem Bundesliga-Heimspiel am Sonntag (15:30 Uhr, live auf DAZN und 05ER.fm) in der MEWA ARENA gegen Borussia Dortmund.
Allerdings ist die anhaltende Mainzer Auswärtsschwäche (das 1:3 war die neunte Niederlage im zwölften Spiel in der Fremde), nichts, mit dem sich der Abwehrspieler groß beschäftigen möchte. So etwas könne sich in den Köpfen festsetzen, je mehr darüber gesprochen werde: "Das ist ein Grund dafür, warum ich mich eigentlich wenig damit beschäftige, weil es nicht hilft", sagt Bell. "Ich glaube aber nicht, dass die Auswärtsschwäche so tief festsitzt in der Mannschaft. Das ist eher ein Thema fürs Umfeld. Wir haben ja auch schon Auswärtsspiele gewonnen. Und wir spielen zu Hause auch nicht mit 120 Prozent, obwohl wir so eine gute Serie haben."
Leistungsbild ausgeglichener als Ergebnisse
In den vergangenen Wochen sei das Leistungsbild zwischen Heim- und Auswärtsspielen ausgeglichener als die Ergebnisse gewesen. "Ich denke, dass wir in der Bundesliga im Mittelfeld ein sehr enges Leistungsniveau haben. Die mentale Einstellung des Spielers, aber auch die Mannschaftszusammenstellung ist sehr wichtig. Wir haben letzte Saison in der Rückrunde gesehen, was das ausmachen kann. Ich glaube auch nicht, dass die Partie in Berlin so schlecht war und ohne Selbstvertrauen. Das Spiel war trotz der frühen Führung ausgeglichen und chancenarm, Mittelfeld-lastig ohne Highlights. Und wir haben in beiden Hälften zu früh ein Gegentor bekommen." Mit dem Platzverweis sei es schwer gewesen, zurückzukommen gegen eine Mannschaft, die so gut verteidigen könne. Und die dermaßen vom Publikum unterstützt wurde. "Die Unterstützung helfe", sagt Bell und sie habe Einfluss, wenn die Mannschaft eine Spielweise zeige, die von der Intensität und den Zweikämpfen lebe. "Bei Union ist es sowieso speziell und einzigartig mit Stehplätzen auf drei Seiten."
In Berlin hatte erneut der VAR, die Video-Überprüfung, im Mittelpunkt der Diskussionen gestanden. "Im Moment sind es ständig die Abseitsentscheidungen, denen die klare Linie fehlt. Das Hauptthema, das sonst immer besonders schwierig war in der Beurteilung, ist in dieser Saison etwas klarer geworden. Man gesteht den Verteidigern wieder mehr normale Körperhaltungen zu als vorher, was ich gut finde", betont Bell. "Wir haben vor der Saison immer die Regelschulungen. Das ist ein wichtiger Baustein. Manchmal habe ich das Gefühl, dass man da auch bei den TV-Kommentatoren ansetzen müsste, weil die ja Meinung machen und dabei häufig gefühlt Wissen verbreiten von vor fünf Jahren. Und da wundere ich mich nicht mehr, dass wir Diskussionen haben über Auslegungen."
Wenn man auf die drei 05-Spiele schaue mit den drei Video-Überprüfungen, müsse man sagen, dass so etwas wie in Freiburg nicht passieren dürfe, weil solche Fehlentscheidungen problematisch seien für die Akzeptanz. "Das Tor, was uns gegen Leverkusen aberkannt wurde, hätte zählen müssen. Das wurde meines Wissens beim DFB auch als Fehlentscheidung bewertet, weil Moussas Eingreifen nicht entscheidend war. Diesen Maßstab hat Schiedsrichter Dankert jetzt bei uns in Berlin angelegt, und das finde ich dann auch in Ordnung", so der frühere 05-Kapitän.
Wieder ein Spektakel liefern
Am Sonntag kommt nun Borussia Dortmund nach Mainz. Wegen der Entscheidungen in Berlin muss Bo Svensson gegen den Spitzenklub eine neue Defensive basteln. Dominik Kohr und Alexander Hack sind gesperrt. Bell bekommt einen neuen Nebenmann. "Wir hatten in dieser Saison bestimmt schon zehn verschiedene Fünferketten auf dem Feld und haben es dafür eigentlich ganz gut hinbekommen. Deshalb glaube ich, dass wir es auch jetzt wieder schaffen, die Ausfälle zu kompensieren", glaubt der Routinier. "Das Ziel ist, dem Publikum ein ähnliches Spektakel zu liefern, wie gegen Leverkusen. Dass es mutig wird, unterhaltsam und auch offensiv. Ich denke, es wird ein ähnliches Spiel werden. Das wird eine große Aufgabe, aber wir sind trotzdem selbstbewusst.“
Als großes Plus sieht der Verteidiger die Rückkehr der Zuschauer ins Stadion. "Es macht auf jeden Fall einen großen Unterschied, dass wir zu Hause jetzt wieder die Rückendeckung haben von den Zuschauern. Das ist schon etwas, was wir alle fast vergessen hatten in den Geisterspielen. Was es ausmacht, vor einem Publikum zu spielen, das sich mitreißen lässt", erklärt der 30-Jährige.
Ein Spiel, wie das beim 3:2 gegen die Leverkusener zuletzt? "Ich denke, was uns da und in anderen Heimspielen der Vorrunde so stark gemacht hat, waren Disziplin und Geschlossenheit. Es ist auch wichtig, dass wir es schaffen, wenn wir so hoch stehen, wenige Konter zu kriegen. In der Beziehung sind wir schon extrem diszipliniert, finde ich", sagt Bell.