Profis 14.07.2022 - 13:50 Uhr
Svensson über Fulgini, Teambuilding und die Kapitänsfrage
Der Mainzer Chefcoach lässt seine ersten Eindrücke aus Grassau Revue passieren
Die Zufriedenheit war Bo Svensson bereits während und nach der ersten Einheit, die der Kader des 1. FSV Mainz 05 auf dem Gelände des ASV Grassau absolvierte, anzusehen. Ein gutes Hotel mit allem Drum und Dran, mehrere Rasenplätze in Top-Zustand, viele Möglichkeiten für Spieler und Staff auch abseits des Platzes. Die perfekten Trainingsbedingungen möchte der 42-Jährige in der einwöchigen Arbeitswoche zwischen Chiemsee und Bergen optimal nutzen.
Svensson hat 27 Feldspieler und drei Torhüter dabei, alle aktuellen Neuzugänge, einige Spieler aus dem NLZ-Bereich. Nach dem Einstieg der Nationalspieler, die etwas länger Urlaub machen durften, um den Kopf freizubekommen und auch mental etwas Abstand zu gewinnen von der heimischen Trainingsstätte und dem Team, geht es nun in Grassau mit voller Kraft los. Mit etlichen Trainingseinheiten, häufig zweimal am Tag, und dazu zwei Testspielen gegen starke internationale Gegner.
Fulgini-Verpflichtung hatte Priorität
"Der Kader wird nach dem Trainingslager sicher etwas anders aussehen, aber jetzt ist es gut, dass wir diese Menge an Spielern haben. Wir haben die Anzahl, die ich gerne haben wollte. Das hat uns die Erfahrung aus dem vergangenen Jahr gelehrt. Ich weiß, wo die Jungs körperlich stehen. Wir können an die Inhalte gehen. Das werden wir auch machen und die Zeit nutzen", so der Chefcoach.
Svensson zeigte sich in Grassau erneut hoch erfreut über die Verpflichtung von Angelo Fulgini und davon, dass der französische Mittelfeldspieler im Chiemgau gleich mit der Mannschaft loslegen konnte. Die Verpflichtung des Offensivmannes, der unter anderem die Lücke schließen soll, die Jean-Paul Boetius hinterlassen hat, habe Priorität gehabt, erklärte der 42-Jährige. "Mit ihm haben wir eine wichtige Lücke geschlossen. Wir brauchen diese kreativen Spieler wie ihn, aber auch Aymen Bakok für unser Spiel in Mittelfeld und Angriff, damit wir unterschiedliche Lösungen für diverse Aufgaben haben, dass wir Flexibilität kriegen. Wir brauchen die Mischung für die einzelnen Aufgaben, die Flexibilität für unterschiedliche Impulse."
Auch Jae-sung Lee ist in Grassau dabei. Der Koreaner werde jedoch am Freitagabend gegen Besiktas Istanbul in Kufstein noch nicht auflaufen. "Ich bin froh, dass er es geschafft hat, jetzt da zu sein. Wir können ihn ohne Probleme voll belasten. Wir wissen, was er zu leisten in der Lage ist, wenn er frisch ist in Kopf und Beinen. Er ist jetzt da, wo ich ihn haben wollte."
Vom Trainingsplatz bis zur Eistonne
Tägliches Teambuilding
Die übrigen 05-Nationalspieler haben seit zwei Wochen individuell gearbeitet und geben jetzt richtig Gas. "Klar wäre es geil, sie vom ersten Tag an dabei zu haben. Das würden sie auch aushalten, aber irgendwann kommt das Risiko, dass die Jungs einbrechen", so Svensson, der in der täglichen Arbeit keine Rücksicht auf die Qualität der beiden Testspielgegner nimmt. "Wir wollten diese gute Qualität, damit wir uns messen können, trotzdem brauchen wir die Trainingsinhalte. Es wird auch keiner 90 Minuten lang spielen, 45 Minuten schafft die alle richtig."
Ein großes Thema in dieser Phase der Vorbereitung ist das Zusammenwachsen des neuen Bundesligakaders. Der Trainer betont stets, wie wichtig es ist, dass sich das Team schnell findet. "Das Gruppengefühl, das Füreinander da sein, das brauchen wir für die Liga genauso, wie gute Trainingsinhalte und gute Spieler. Das pflegen wir."
So etwas wie Teambuilding mache er mit dem Kader jeden Tag sagte Svensson scherzhaft. Das passiert im täglichen Miteinander. Dazu kommen etliche Termine neben dem Platz, wie das Treffen mit Partnern und Sponsoren, der Grillabend mit den an- und mitgereisten Fans. Ein zusätzliches, spezielles Teambuilding-Event sei ebenfalls geplant.
Ihm sei es jedoch auch wichtig, dass viel miteinander geredet, sich gegenseitig zugehört werde, dass Dinge besprochen und angegangen würden. "Wir werden nicht erfolgreich in der Bundesliga spielen, nur, weil wir gut trainieren und die richtige Taktik haben. Ich habe der Mannschaft zum Start in Grassau gesagt, so, wie wir Fußball spielen wollen, so, wie wir erfolgreich sein wollen, ist die Chance deutlich größer, wenn wir ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Ich mache mir nicht jeden Tag Gedanken darüber, welche Optionen wir im letzten Drittel oder so etwas haben. Ich mache mir mehr Gedanken darüber, was zu tun ist, damit die Gruppe funktioniert. Das ist für uns besonders wichtig", betonte der Däne. "Der 05-Kader hat Persönlichkeiten verloren. Wir versuchen nun, die richtige Mischung zu finden, dass die unterschiedlichsten Persönlichkeiten zusammenwachsen und uns stärker machen. Jeder bringt Qualitäten mit. Die Akzeptanz der unterschiedlichsten Persönlichkeiten ist für uns sehr wichtig."
Kapitänsfrage derzeit nicht akut
Nach dem Weggang von Moussa Niakhaté muss auch ein neuer Kapitän gefunden werden, den Svensson bestimmen, aber über den Zeitpunkt noch nicht sprechen will. "Wenn ich spüre, dass es für die Gruppe wichtig ist, es zu wissen, werde ich entscheiden", sagte er. "Im Moment ist es nicht das beherrschende Thema. Für mich spielt es eine größere Rolle, dass wir mehr Spieler haben, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Wer am Ende die Binde trägt, ist jetzt nicht die zentrale Frage." Auf die Frage, wie viele Kandidaten denn überhaupt für den Job in Frage kämen, sagte Svensson lachend: "30".