Patrick Pflücke von Dynamo Dresden, Ilker Yüksel von Holstein Kiel – immer wieder liest man von Zugängen des Nachwuchsleitungszentrums aus den entlegensten Winkeln der Republik. Dabei sind das nur Ausnahmeerscheinungen. Repräsentativ sind Namen wie Manuel Schneider, Kapitän der U23 und seit den ersten Tritten gegen den Ball Nullfünfer. Oder Shawn Parker, der sich von der U13 in den Profikader gearbeitet hat. Denn die Talentsichtung im Mainzer Fußball-Nachwuchs findet vor allem zu Hause in Mainz statt.
Und das hat gute Gründe: Die regionale Verwurzelung und die Wahrnehmung der sozialen Verantwortung machen längere Fahrtstrecken auch schon mal zum Ausschlusskriterium im Nachwuchs der Nullfünfer. Eine Internats-Unterbringung im Kolping-Haus ist nach dem Mainzer Selbstverständnis frühestens ab der U16 möglich und auch da die absolute Ausnahme. Jüngere Fußballer dauerhaft aus dem gewohnten Umfeld zu reißen, wie andernorts durchaus üblich, kommt für die Verantwortlichen nicht in Betracht. Aber auch vor der eigenen Haustür wird der „Kampf um die Talente“ angesichts der Konkurrenz aus Frankfurt, Kaiserslautern oder Hoffenheim immer größer. Viel Arbeit für Uwe Brinkmann, den sportlichen Leiter der U8 bis U14-Mannschaften, der „alle regionalen Talente auf dem Zettel“ haben muss. Allein aus dem jüngsten Jahrgang, der in Mainz die U8 bildet, sieht Brinkmann „schnell auch mal 200 Spieler im Jahr“. Und das nur bei Sichtungstrainings am Bruchweg. „Das gezielte Scouting ist zwar ein wichtiges Instrument für das Erkennen von Talenten, aber vor allem in den jüngeren Jahrgängen kann man oftmals nur bei Sichtungs- oder Probetrainings die wirklich relevanten Dinge überprüfen und im direkten Vergleich bewerten.“ Natürlich sei die Spielintelligenz und das Ballgefühl wichtig, aber grundlegende Kriterien, die ein Talent ausmachen sind auch messbare Faktoren wie Schnelligkeit und technische Grundfertigkeiten, auf denen man in der Ausbildung aufbauen kann.
„Jeder Spieler braucht eine Waffe“, sagt Brinkmann, „die eine Fähigkeit, die ihn von den anderen abhebt.“ Fast genauso wichtig ist aber auch „der richtige Trainer zum richtigen Zeitpunkt“. Denn Quereinsteiger wie Hans-Peter Briegel, der erst mit 17 Jahren zum Fußball kam, „wird es heute und sicher auch in Zukunft nicht mehr geben“. Dafür hat sich im Jugendfußball inhaltlich zu viel bewegt, „auch in den untersten Jahrgängen wird unser Niveau immer höher. Nach zwei, drei Jahren wird der Sprung dann schon immens groß, nicht nur athletisch sondern auch im grundlegenden taktischen Bereich ist das nur noch sehr schwer aufzuholen“. Eine Entwicklung, die der frühere DFB-Stützpunkttrainer selbst mitgestaltet hat. Auch Stefan Hofmann, der sportliche Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, kommt aus der Talentförderung. „Wir haben eine andere Perspektive, einen anderen Ansatz als im Profi- oder Aktivenbereich. Jugendtraining darf kein Abbild des Erwachsenentrainings sein, stattdessen sollen die Jugendlichen mit altersgerechten Reizen auf das vorbereitet werden, was sie später erwartet. Diese inhaltlichen Ansätze müssen auch konzeptionell Niederschlag finden, denn guter Jugendfußball muss wachsen. Das kann man nicht von heute auf morgen entstehen lassen.“
Mit dem Jugendfußball in Mainz ist auch das Nachwuchsleistungszentrum und dessen Netzwerk immer weiter gewachsen, die Kooperationspartner spielen mitunter eine wichtige Rolle in der Talententwicklung: „Bei unseren Partnervereinen können Jungs an verschiedenen Standorten quasi zuhause von unseren Inhalten profitieren, bleiben aber im wichtigen familiären Umfeld und haben ohne die weiten Fahrtstrecken mehr Freizeit.“ Das bedeutet auch ein Stück mehr Kindheit, ohne von der Talentförderung ausgeschlossen zu sein. Versprechungen gibt es im seriösen Jugendfußball nicht, die Lebensgrundlage neben dem Platz hat im Nullfünfer-Nachwuchs auch deshalb immer die höchste Priorität. Zwar ist der Weg aus dem Grundlagenbereich ab der U8 in die A-Junioren-Bundesliga in Mainz nicht ungewöhnlich, aber „verlässliche Prognosen sind in dem Alter kaum möglich. Und auch im Profifußball ist ein 20-Jähriger ja noch lange nicht fertig ausgebildet“.
Die nächste Möglichkeit, sich selbst von den Inhalten im Mainzer Nachwuchsleistungszentrum überzeugen zu lassen, bietet sich für talentierte Fußballer der Geburtsjahrgänge 2002 bis 2006 schon im nächsten Monat. Zum offenen Sichtungstraining (hier anmelden) laden die Nullfünfer grundsätzlich jeden Nachwuchskicker ein, „ein bisschen sportliches Talent sollte aber schon vorhanden sein“, schmunzelt Brinkmann angesichts der Einheit über 90 Minuten, die verschiedene Bewegungs- aber auch Spielformen umfassen wird. Für Brinkmann ein sinnvolles Instrument, um im nächsten Schritt, der probeweisen Teilnahme am regulären Training, den Vergleich herzustellen: „So können wir jedem die Chance bieten, sich uns vorzustellen und auch sich selbst ein Bild von unserer Arbeit zu machen, ohne den Trainingsbetrieb jede Woche zu beeinträchtigen.“ Jetzt anmelden!