Beim letzten Auftritt in der Coface Arena bekam der 1. FC Köln die Fehler seiner jüngeren Vergangenheit schmerzlich zu spüren. Doch seitdem ist viel passiert am Geißbockheim, die Zukunft soll mit neuem Personal auf und neben dem Platz wieder am Glanz der älteren Vergangenheit anknüpfen.
Seit dem letzten Besuch der Geißböcke in Mainz sind knapp eineinhalb Jahre und drei Trainer vergangen. Ståle Solbakken erlebte im April 2012, Dienstagsabends, sein letztes Spiel als Kölner Coach. Eine 0:4-Niederlage, die den FC endgültig in den Abstiegskampf schickte. Drei Spiele später fand sich das Gründungsmitglied der Bundesliga nach einer enttäuschenden Rückrunde in der Zweitklassigkeit wieder. Ein Schicksal, das den dreimaligen Deutschen Meister seit 1998 schon fünfmal ereilte. Die folgende Saison war dann auch ganz dem Wiederaufbau gewidmet, Holger Stanislawski trat „ohne den Druck, aufsteigen zu müssen“ die Mission „Umbruch“ an. Stärkere Einbindung eigener Jugendspieler und umfangreicher Abbau personeller Altlasten hieß das konkret. Zumindest letzteres funktionierte und dank der Treffer von Anthony Ujah (13), Christian Clemens (6) und Abwehr-Urgestein Kevin McKenna (5) wurden die Domstädter in der Schlussphase der Saison fast doch noch zum Aufstiegskandidaten. Es reichte für Platz fünf und auch für Stanislawski, der überraschend seinen Rücktritt erklärte. Die Zeichen standen also wieder auf Anfang, die Torschützen des Vorjahres drohten allesamt auszufallen: Ujah schien nicht finanzierbar, Clemens war bereits verkauft und McKenna drohte nach einem Knorpelschaden das Karriereende. Auch die Suche nach einem neuen Trainer gestaltete sich in der breiten Öffentlichkeit des Kölner Boulevards FC-typisch alles andere als einfach, reihenweise gab es von Absagen namhafter Kandidaten zu berichten.
Doch ebenso FC-typisch herrscht am Geißbockheim längst wieder Aufbruchsstimmung. Der neue Trainer heißt Peter Stöger, österreichischer Überraschungsmeister mit Austria Wien und ähnlich wie damals Solbakken per Ablöse an den Rhein gelotst. Anthony Ujah wurde fest verpflichtet, ihm zur Seite stehen neben Hoffnungsträger Kacper Przybylko Daniel Halfar von 1860 und Maurice Exslager vom MSV. Für die Außenpositionen kamen Marcel Risse und der zuletzt an die Wolverhampton Wanderers ausgeliehene Slawomir Peszko, dessen Rückkehr medial nicht minder kurios begleitet wurde wie die vorherige Trainersuche. Den Königstransfer hatte sich Jörg Schmadtke , der neue Geschäftsführer Sport aber bis zum Schluss aufgespart: Patrick Helmes kehrte nach Vetragsauflösung beim VfL Wolfsburg zu seinen Kölner Wurzeln in die zweite Liga zurück. Stöger war begeistert: "Helmes ist sicher einer, den ich in dieser Art noch nie gesehen habe. Was er schusstechnisch drauf hat, ist schon einzigartig." Zweifellos ein bemerkenswerter Transfer für einen Zweitligisten, der im Vorfeld bemerkenswert unbemerkt für eben diesen Zweitligisten über die Bühne ging. Denn dass der FC im Fußballzirkus der zweiten Bundesliga kein ganz alltägliches Phänomen darstellt, beweisen nicht nur die Neuzugänge Helmes, Risse oder Ujah, die alle auf eigenen Wunsch nach Köln gewechselt sind. Ungeachtet der Ligazugehörigkeit. Das beweisen auch die durchschnittlich mehr als 40000 Zuschauer, die zu jedem Spiel das Stadion in Köln-Müngersdorf besuchen. Ungeachtet der Ligazugehörigkeit. Ungeachtet auch der Tatsache, dass der FC seinen sportlichen Ansprüchen seit rund 20 Jahren hinterherhinkt. „Zurück in die Zukunft! Im Glanz der 80er.“ So stellte der Verein das neue Trikot vor, das an die Teams um Pierre Littbarski, Thomas Häßler und Bodo Illgner erinnert - Bis heute identitätsstiftend für die kölsche Fußballseele.
Zurück in die Gegenwart. Auch hier vermag der FC wieder zu glänzen. 4:1 gegen Erzgebirge Aue und 4:0 in Cottbus heißen die jüngsten Kampfansagen an die Konkurrenz um die Aufstiegsplätze. Und die sind der erklärte Anspruch der Kölner. Was den Pokal betrifft übte sich Stöger nach der Auslosung noch in Bescheidenheit: „Ein Wunschlos sieht anders aus, ganz klar. So sind wir eindeutig Außenseiter.“ In der Liga gehört das Understatement aber schon wieder der Vergangenheit an: "Wenn man in der Vorsaison Fünfter war, dann kann Vierter ja kaum das Ziel sein." So Schmadtke beim Amtsantritt. „Ich bin mit der Zielsetzung nach Köln gekommen, aufzusteigen." So der Trainer. „Rampenlicht ist nicht mein Ziel“, sagt er. Darin steht er in Köln auch von allein. Doch statt glühenden Kohlen und Personenkult lässt er lieber Taten sprechen. Auf dem Platz. Und da bestätigen Marcel Risse und Anthony Ujah die Erwartungen mit bislang je vier Toren, Peszko traf in zwei Spielen schon zweimal und Patrick Helmes brauchte keine zwei Minuten für sein erstes Tor in Cottbus. Ungeschlagen hat sich die Mannschaft inzwischen gefunden und steht nach dem Remis gegen den FCK am Freitag auf Rang 2 der Tabelle. Trotz 15 sieglosen Jahren in Mainz also ein leichtes Los für die Nullfünfer. Ungeachtet der Ligazugehörigkeit.