Profis 10.11.2022 - 12:30 Uhr
Unterlegen in allen Basis-Aspekten
Bo Svensson musste Auftritt beim 0:1 auf Schalke erst einmal verdauen
Martin Schmidt war bedient, als er unmittelbar nach dem Abpfiff vor der TV-Kamera diesen Auftritt seiner Mannschaft erklären sollte. "Zu wenig getan in allen Bereichen", sagte der Sportdirektor des 1. FSV Mainz 05 knapp nach der 0:1-Niederlage am Mittwochabend beim FC Schalke 04. Die Mainzer kassierten an diesem 14. Spieltag der Bundesliga-Vorrunde die dritte Niederlage in Folge. Nach einer ernüchternden Vorstellung, mit der so niemand hatte rechnen können. "Man muss konstatieren, dass der Sieg zurecht an Schalke geht", so Schmidt weiter.
Später, in der Mixed Zone, konkretisierte der Schweizer die Mängel, die das Team des FSV in der mit über 58.000 Zuschauern gefüllten Gelsenkirchener Arena offenbart hatte: "Die Bereitschaft hat gefehlt", monierte der 55-Jährige, der zudem die Zweikampfstärke und das unsaubere Spiel im eigenen Ballbesitz kritisierte. "In allen Bereichen mussten wir uns geschlagen geben. Mit und gegen den Ball, in der Passgenauigkeit. Wir haben übers ganze Spiel keine einzige Großchance herausgespielt. Ich denke, wir waren in allen Belangen schlechter als der Gegner. Wir wussten, dass es nur über Kampf und Kompaktheit gehen würde. Dass wir Druck nach vorne und Wucht entwickeln müssten. Das aber haben wir im ganzen Spiel nicht geschafft."
Bo Svensson sprach später in der Pressekonferenz von einem "sehr verdienten Sieg für Schalke. Wir haben zu keiner Zeit das auf den Platz gebracht, was man von uns erwarten kann. Schalke war uns überlegen in allen Basis-Aspekten des Spiels. Wir haben genau gewusst, wie die Anfangsphase hier laufen würde und waren nicht dafür bereit. Das war insgesamt ein sehr enttäuschender Auftritt von uns. Das muss man einfach so sagen. Einstellung. Mentalität. Wir reden in den letzten zwei, drei Tagen über nichts anderes. Und trotzdem verlieren wir jeden Zweikampf, jeden zweiten Ball. Der Gegner spielt drei Bälle über die Abwehr und läuft allein aufs Tor. Dann muss ich sagen, ist das für mich ein klares Signal, das man nicht bereit ist für die Aufgabe", fand der 05-Cheftrainer deutliche Worte dafür, was seine Mannschaft über 96 Minuten abgeliefert hatte. Die drei Niederlagen, die das Team nun hintereinander zu beklagen habe, müsse man allerdings getrennt voneinander betrachten, erklärte der 43-Jährige. "Bayern lasse ich außen vor. Da tun sich viele Mannschaften schwer. Wolfsburg war 70 Minuten ein gutes Spiel von uns. Heute aber muss ich ganz klar sagen, dass das viel zu wenig war. Es war ein Spiel, das ich erst einmal verdauen muss", betonte der Däne enttäuscht.
Neuer Impuls für die Abwehrkette
Die Gastgeber hatten sich völlig konträr dazu präsentiert. Sie eroberten mit ihrer giftigen Zweikampfführung im Mittelfeld den Ball, bemühten sich um schnelles Spiel nach vorne, bevorzugt mit Simon Terodde als Zielspieler. Den 34-jährigen Stürmer zu kontrollieren, gelang der Mainzer Abwehr nicht. Vor allem nicht, als Alex Kral einen halbhohen Pass in die Spitze spielte und Terodde sich von Alexander Hack löste, der ins Leere trat. Edimilson Fernandes kam nicht mehr hinterher, und Terodde schob den Ball an Robin Zentner vorbei zum frühen Tor des Tages ins Netz. Nach zwei weiteren Großchancen ersetzte Svensson Hack durch Stefan Bell. "Er war nicht besonders gut. Das passiert mal", sagte der Trainer. Sein Gefühl sei aber auch gewesen, dass die Abwehrkette dringend einen Impuls gebraucht habe, um das zweite Gegentor zu vermeiden.
Der 05-Sportdirektor bemühte sich nachher darum, das Ganze vom taktischen Ansatz her zu erklären. "Wir kamen mit dieser Manndeckung über den ganzen Platz nicht klar. Wir haben immer wieder Bälle in geschlossene Räume gespielt. Es ging nicht vorwärts. Wir kamen nie in die Tiefe. Wir haben uns auf Zweikämpfe eingelassen, wo wir auch im Hintertreffen waren." Die Schalker, so Schmidt, hätten das Mainzer Team mit dem typischen Stil von Thomas Reis niedergerungen, den der Trainer auch vorher in Bochum gepflegt habe. "Und wir hatten kein Rezept dagegen. Wir waren nicht präsent bei den langen Bällen, haben im Zentrum keine Bälle erobert. Unser Spielfeld war viel zu groß. Weil wir keine Kompaktheit hatten, landeten die Bälle alle beim Gegner. Und wenn wir den Ball hatten, konnten wir nichts damit anfangen, haben wir es unsauber gespielt. Dazu passt dann an einem solchen Tag auch, dass man den Gegner durch individuelle Fehler hinten noch einlädt und das Gegentor selbst verschuldet."
Die Mainzer reisten deshalb ohne Punkte und ziemlich verkatert nach Hause. "Das ist etwas, das Mainz 05 nicht auf sich sitzen lassen darf. Das ist etwas, das unser Team in vier Tagen wieder zurechtzurücken muss. Denn das sind nicht wir", sagte der Sportdirektor. "Wenn das nicht radikal geändert wird am Sonntag gegen Frankfurt, dann wird es sehr schwer." Im letzten Bundesligaspiel des Jahres vor der WM-Pause empfangen die 05ER im Rhein-Main-Duell in der MEWA ARENA Eintracht Frankfurt. "Wenn sich jeder Spieler von uns am Limit bewegt, können wir jeden Gegner schlagen, wenn wir aber nachlassen, sind wir wieder normal und Durchschnitt. Dieses Nachlassen darf nicht sein", so Schmidt. "Bo wird den Spielern in der Analyse nicht viele Szenen zeigen müssen. Da wird es eher um die Haltung gehen und die Art und Weise, wie wir Spiele angehen müssen. Wenn wir uns da festsetzen wollen, wo wir hinwollen, im vorderen Mittelfeld, auf einem Top-Ten-Platz, dann brauchen wir mehr Konstanz und dass man auch Mittel gegen die Spielweise des Gegners hat. Die hatten wir diesmal nicht."