Profis 22.12.2022 - 10:05 Uhr
Weiland: "Babatz hat schon als Zehnjähriger bei uns übernachtet"
05-Legenden-Adventskalender: Türchen Nummer 22
Zehn Wochen ohne Bundesliga-Fußball unserer 05ER - das dauert viel zu lange, oder? Wir wollen diese Zeit mit gemeinsamen Erinnerungen überbrücken und haben uns etwas Besonderes ausgedacht: Der diesjährige Adventskalender steht ganz im Zeichen der 05-Legenden.
Passend zur früheren Rückennummer eines Ehemaligen präsentieren wir euch auf unserer Website täglich Mainzer Fußball-Geschichte und Geschichten zu unseren ehemaligen Profis. Unseren bewährten Adventskalender mit täglich neuen Gewinnchancen von Mainz 05 und unseren Partnern erreicht ihr auch über die Story auf unserem Instagram-Kanal.
Präsentiert wird der Kalender auch in diesem Jahr von Haupt- und Trikotsponsor Kömmerling.
Niclas Weiland kam 2001 ebenso wie sein Bruder zum damaligen Zweitligisten 1. FSV Mainz 05. Niclas, der ältere der Weilands, von Tennis Borussia Berlin, Dennis, zwei Jahre jünger, vom VfL Osnabrück. Beide Brüder setzten ihre sportlichen Duftmarken am Bruchweg, Niclas hinterließ dabei aber insgesamt den nachhaltigeren Eindruck. "Mir ist das erst später bewusst geworden", erzählt der 50-jährige Ex-Profi rückblickend, "ich bin im Sommer 2001 gekommen und war dadurch tatsächlich die erste Saisonverpflichtung von Jürgen Klopp." Der war im Februar Trainer geworden und hatte den Klassenverbleib gesichert. "Es gab ja nur drei Neuzugänge: Dennis und ich sowie Sven Christ. Und ich weiß noch, dass sie damals einen Spielertypen wie mich gesucht haben. Weil es bei mir direkt passte, glaube ich, dass ich der erste von uns war, der am Bruchweg unterschrieben hat. Auch wenn das sicher nur eine Randnotiz ist."
Erstes Treffen in einer Eisdiele
Weilands Klub, TB Berlin, hatte sich damals mehr oder weniger in der Auflösung befunden. "Vielleicht erinnern sich die Leute noch daran, wie das war mit dieser Göttinger Gruppe, die zu jener Zeit alle möglichen Vereine und Veranstaltungen gesponsert hatte, und wie es schnell zu Ende ging, weil sich das Ganze doch eher als ein Schneeballsystem herausstellte", sagt er rückblickend. "Dann kam das Angebot aus Mainz und ich empfand es als gute Sache. Ich weiß noch genau, dass ich von Berlin nach Frankfurt geflogen bin, wo ich mich am Flughafen zum ersten Mal mit Kloppo getroffen habe zum Austausch. Übrigens in einer Eisdiele. Und dass Teammanager Axel Schuster, der uns am Flughafen abgeholt hat, nicht in Weisenau am Zementwerk vorbei in die Stadt gefahren ist, sondern über Kastel reinfuhr, damit der Eindruck von Mainz besser war. Und Kloppo, gegen den ich ein Jahr vorher noch gespielt hatte - in diesem legendären Schneespiel bei Tennis Borussia war er sogar mein direkter Gegenspieler gewesen -, sagte mir bei diesem ersten Treffen am Flughafen, dass von seiner Seite alles klar sei. Und so fing es an."
Bekannte Gesichter am Bruchweg
Am Bruchweg gab es dann das große Wiedersehen. Mit seinem Bruder Dennis und natürlich mit Christoph Babatz, der schon ein Jahr beim FSV spielte. Alle drei stammten aus der Jugendabteilung des SV Grasdorf. "Grasdorf ist der alte Ortskern unserer Heimatstadt Laatzen mit dem Fußballverein. Christoph war da früh hin gewechselt, denn er kam aus einem noch kleineren Dorf, es war die nächste Steigerungsmöglichkeit für ihn. Dennis und Christoph haben alle Auswahlmannschaften zusammen durchlaufen, und Chris hat schon als Zehnjähriger bei uns übernachtet. So lange kennen wir uns. Man kannte die Familie, die Eltern, Geschwister und so weiter."
Als 17-Jähriger gab Niclas dann sein Zweitligadebüt für Hannover 96, stieg später mit dem FC St. Pauli auf, spielte jedoch kaum, ging zurück zu 96, war bei deren Aufstiegsspielen gegen Cottbus dabei und wurde mit dem Zweitligisten Pokalsieger. "Ich habe immerhin ein Spiel gemacht und darf mich deshalb auch als solcher bezeichnen."
Und auch beim FSV sollte es gut losgehen in der neuen Umgebung. Im ersten Jahr war er mehr oder weniger Stammspieler, traf zwar nur einmal, bereitete aber sechs Tore vor. Dass er in eine gute Mannschaft gekommen war, sei ihm sehr schnell klar gewesen, berichtet Weiland. "Ich wusste, das wir zwei sehr gute Stürmer haben mit Blaise Nkufo und Michael Thurk. Das war schon auffällig. Ich kannte Jürgen Kramny aus der Jugendnationalmannschaft. Dann hat es sich so entwickelt, dass sich Manuel Friedrich, den ich vorher nicht kannte, zu einem Leistungsträger entwickelte. Es war eben auch so, dass wir sehr schnell zueinander gefunden haben. Natürlich spielte der Erfolg eine gewisse Rolle, aber wir hatten auch einfach Typen drin, die gut drauf waren. Ob das Sandro Schwarz war, ob das Voronin war auf seine Art und Weise. Thomas Ziemer, der anfangs mein Zimmer-Kollege war. Das waren alles Typen. Voronin war unser super Edeljoker, immer brandgefährlich, wenn er eingewechselt worden ist, das war dann jedes Mal wie so ein Push für die Mannschaft. Er war nur schwer zu verteidigen", erinnert sich der 05-Rechtsaußen.
Starkes Bundesliga-Debüt
Wegen einer schweren Verletzung verpasste Weiland die komplette Hinrunde seiner zweiten Saison, meldete sich dann mit zwei Toren und einer Vorlage beim 5:1 in Mannheim zurück. 2004 schoss der Rechtsaußen den Führungstreffer beim 4:1 gegen den MSV Duisburg, das den Endspurt einleitete, der die 05ER nach zwei gescheiterten Anläufen doch noch in die Bundesliga führte. Dort war er als Pressing-Monster und viermaliger Torschütze im ersten halben Jahr ein Schlüsselspieler. Weiland, damals Stammspieler auf der Rechtsaußen-Position, galt in Jürgen Klopps Trainerzeit am Bruchweg als der Pressing-Stürmer schlechthin, der immer drauf ging, der mit seiner Schnelligkeit im Anlaufen, seinen Ballgewinnen, seinen Sprints am Flügel und seiner Torgefährlichkeit zu den tragenden Säulen der Mannschaft zählte.
Er selbst sieht diesen Aspekt zwei Jahrzehnte später etwas differenzierter. "Ich glaube, vieles von dem, was über Pressing, Anlaufen und Zustellen so geschrieben wird, sollte man nicht so hoch hängen. Man muss auch immer das richtige Gefühl dafür haben. Das war das, was Klopp und Zeljko Buvac wollten. Es ist immer leichter, wenn das vorne jemand im richtigen Moment auslöst, sieht, ob es geht oder nicht. Doch wenn man das nur alles nur aufs Pressing begrenzt, dann ist das zu wenig. Man qualifiziert sich nicht für eine Bundesliga-Mannschaft, nur, weil man gut anlaufen kann. Wir haben das als Gruppe insgesamt gut hinbekommen. Für diese Zeit war das wahrscheinlich mehr als ausreichend. So muss man es einfach sehen. Wir konnten den Gegner sehr gut unter Druck setzen. In der Bundesliga ist das etwas schwieriger geworden, aber auch dort waren viele überrascht, wie wir das hinbekommen haben. Viele haben gesagt, ganz oben wird es in der Form nicht mehr funktionieren, hat es aber."
2006 beendete Weiland schließlich seine Karriere. "Es waren insgesamt fünf super Jahre in Mainz", sagt der Ex-Profi rückblickend. "Es waren die schönsten fünf Jahre meiner Laufbahn. So muss ich es sagen, weil ich ein Teil des Ganzen war. Diese Jahre, inklusive der Nichtaufstiege haben eine Generation Fußballer geprägt, aber auch ganz stark den Verein. Was bei Mainz 05 so besonders war“, beschreibt er heute wie folgt: "Man war an etwas beteiligt, das sich im Aufbau befand, man war dabei, als etwas entstanden ist. Unser Teil dieser 05-Geschichte war es, so etwas aufzubauen. Das war großartig. Ich weiß nicht, ob die Typen so waren, oder ob die Situationen einen dann so zusammenschweißen. Vielleicht ist es etwas von beidem. Es war eine super Zeit."
Zuspruch von allen Seiten
"Man hat gespürt, wie der Zuspruch von den Fans und von den Mainzern generell immer mehr zugenommen hat. Nicht nur die anderthalb Stunden im Training oder beim Spiel. Wir waren ja überall das Gesprächsthema hoch zehn. Auch bei uns im Privatleben. Dazu diese ständigen Wünsche nach Karten von allen Seiten. Die Plätze waren bekanntlich begrenzt. Und die Leute haben einem die Geschichten erzählt, wie lange sie für Karten angestanden, oder wie sie sich welche besorgt haben. Die Zeit war intensiv und wunderschön", sagt der damalige 05-Spieler.
Weiland hat nach dem Ende seiner Laufbahn – und 15 Treffern in 111 Pflichtspielen für den FSV - ein Sportstudium absolviert und arbeitet heute in einer Praxis für Physiotherapie in Kostheim.