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Profis 03.03.2023 - 15:00 Uhr

Weiper: "Hier spielen zu dürfen, ist sehr besonders"

Das 05-Eigengewächs über sein erstes Profi-Tor, elf Jahre Mainz 05 & die laufenden Abiturprüfungen - "Ich erinnere mich, dass ich ein gutes Gefühl hatte"

Fast ungläubig blickt Weiper nach seinem historischen Treffer auf die Ränge der Arena.

Viele derjenigen, mit denen er zuletzt noch die Schulbank gedrückt und fürs Abitur gepaukt hatte, waren hautnah dabei am vergangenen Freitag, als Nelson Weiper historisches gelang und er sich einen "Traum erfüllte", indem er für seinen FSV den 4:0-Endstand gegen Borussia Mönchengladbach markierte. Während der 17-jährige Nachwuchs-Torjäger Zeit brauchte, "das zu realisieren", ließ ihn ein Großteil der knapp 33.000 Fans, inklusive seiner Klassenkameraden, in der MEWA ARENA hochleben und die erste Humba seiner noch jungen Karriere anstimmen.

Rund 36 Stunden nach seinem bisherigen Karriere-Highlight steht Weiper letzten Sonntag am Rande eines verschneiten Kunstrasenplatzes im Süden Münchens. Bereit für seinen nächsten Einsatz, heiß auf die nächsten Treffer. Doch sie werden nicht fallen, weil das Spiel der U19, Tabellenführer der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest, bei der SpVgg Unterhaching kurzfristig dem Wetter zum Opfer fällt.

Aus Mainz nach Unterhaching: Weiper (re. vorne) am vergangenen Sonntagmorgen mit den Teamkollegen der U19.

Ärgerlich, aber verschmerzbar, wenn man seine Freunde auf der langen Rückfahrt um sich weiß: "Es gibt fast nichts Besseres, als deine engsten Kumpels jeden Tag zu sehen, mit ihnen Fußball zu spielen und Spaß zu haben", betont der Stürmer. Das Besondere an diesem Jahrgang, gespickt mit Spielern, die er seit vielen Jahren kennt? "Wir sind ein echtes Team, jeder unterstützt jeden. Hinzu kommen super Einzelspieler, die Spiele entscheiden können. Dass wir uns alle gegenseitig alles gönnen, zeichnet die Mannschaft aber vor allem aus." Am Samstagmittag (12.30 Uhr) kann sich das Team von Benjamin Hoffmann im Bruchwegstadion im Duell mit Verfolger Karlsruher SC die Staffelmeisterschaft und so die Teilnahme an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft sichern. Ob mit oder ohne einen ihrer Top-Torjäger – acht Treffer gelangen Weiper in sieben Partien – ist unklar. Nicht ausgeschlossen, dass er bei den Profis gebraucht wird, die diesmal am gleichen Tag (Samstag 15.30 Uhr in der MEWA ARENA) gegen die TSG Hoffenheim gefordert sind. Es ist eine Situation, die der Jung-Profi kennt, schließlich blickt er zwei Wochen vor seinem 18. Geburtstag auf bewegte Jahre und Monate zurück. 

Groß geworden als 05ER

 

Bundesliga-Torschütze & Abiturient

2012 – André Schürrle, den er soeben als jüngster 05-Bundesliga-Torschütze abgelöst hat, hielt ebenjenen Rekord damals schon seit fast drei Jahren - war der Junioren-Nationalspieler, im Alter von sieben Jahren, an den Bruchweg gewechselt und schnürt seither in seiner Heimatstadt die Fußballschuhe. Immer im Hinterkopf und als klares Ziel vor Augen: Der Sprung in den Profi-Bereich, Seite an Seite mit den Vorbildern auflaufen. "Ich bin jetzt in meinem elften Jahr hier, habe alle Junioren-Jahrgänge durchlaufen. Ich bin hier geboren, Teil dieses Vereins, der 05-Familie. Hier spielen zu dürfen in unserem Stadion und vor unseren Fans, ist sehr besonders", sagt Weiper, der nach seinen schriftlichen Abiturarbeiten zu Jahresbeginn mitten in den Vorbereitungen auf die mündliche Prüfung steckt. Eine Belastung auf mehreren Ebenen, die er weggesteckt hat, wenngleich er zugibt, dass es phasenweise "anstrengend" gewesen sei. Herausforderungen, die er gemeistert, die sportliche Leitung sowohl im Nachwuchsleistungszentrum als auch im Profi-Bereich begeistert hat und seiner Einschätzung nach gut durchs Abitur gekommen ist. Die Ergebnisse stehen noch aus. "Alles in allem ist es gut gelaufen", resümiert er das Erlebte nüchtern.

Zwischenzeitlich war der Angreifer, in enger Absprache mit dem Klub, auf die Bremse getreten und hatte neben dem Winter-Trainingslager mit den 05-Profis auch auf einen DFB-Lehrgang verzichtet. "Das war dem Verein, aber auch mir sehr wichtig. Es gibt die Momente, in denen die Schule wichtiger ist als der Fußball. Jonas Schuster (Anm. d. Red.: Pädagogischer Leiter) als enger Begleiter ist hier für das gesamte NLZ und als Ansprechpartner für alle Spieler sehr wichtig." Es ist ein Weg, der sich beim FSV über Jahre bewährt hat, wie das Beispiel Weipers zeigt.

Informationen zur Rolle von Schule und Ausbildung im NLZ am Bruchweg finden sich hier.

Erreicht hat Weiper mit dem bevorstehenden Schulabschluss und ersten Erfahrungen als Bundesliga-Profi zunächst erste Etappenziele. Dass weitere Reifeprüfungen ihn erwarten, weiß auch Weiper, der bescheiden bleibt und seine bislang so positive Entwicklung vorantreiben will: "Ich möchte mich immer verbessern und höre natürlich gerne Lob. Das Einzige, was aber wirklich zählt, ist immer weiter Gas zu geben und mich täglich zu verbessern - der Rest kommt dann von allein."

Zu den Lobenden gehörte am vergangenen Freitagabend nicht zuletzt Cheftrainer Bo Svensson, der das Talent nach dem Schlusspfiff als einer der Ersten in den Arm genommen und ihm gratuliert hatte. "Wir glauben an ihn, niemand bekommt hier eine Freikarte. Nelly hat noch einen langen Weg vor sich, der aber sehr gut werden kann, wenn er mit seiner Nase in der Spur bleibt", so der Däne gegenüber dem SWR.

Zum ersten von bislang drei Erstliga-Einsätzen kam Weiper im Herbst 2022 in Freiburg.

Komisch, aber cool

Seinen Torriecher jedenfalls hat Weiper schonmal auf höchstem Niveau unterstrichen, wenngleich ihm die eine oder andere Erinnerung an die Momente rund um das Tor fehlen, wie er schmunzelnd zugibt: "Was mir durch den Kopf gegangen ist nach dem Tor, weiß ich überhaupt nicht mehr. Ich erinnere mich, dass ich ein gutes Gefühle hatte, als Aarón zur Flanke angesetzt hat, musste dann nur noch meinen Kopf hinhalten und wusste, dass der Ball reingeht. Danach war nur Jubel und Ekstase, an mehr erinnere ich mich nicht", so das Eigengewächs, das wenige Minuten später aber wieder klar denken konnte, als die Fans ihn zur Humba baten und für den nächsten Gänsehaut-Moment sorgten: "Es war insgesamt sehr krass, vor allem, dass die Fans meinen Namen gerufen haben. Erstmal war das komisch, aber dann sehr cool da oben zu stehen."

Und damit an gleicher Stelle, wo er bei seinen ersten Besuchen in der MEWA ARENA als Fan einst Stürmer wie Shinji Okazaki oder Eric Maxim Choupo-Moting oder aber viele seiner Vorgänger, denen der Sprung aus dem NLZ gelungen war, begeistert verfolgt hatte. Ein zusätzlicher Ansporn, wie er unterstreicht: "Man hat natürlich immer auf die Jungs geschaut, die aus dem eigenen Nachwuchs kamen und nach und nach zu Stammspielern geworden sind. Das möchte man dann selbst auch erreichen und arbeitet hart auf das Ziel und solche Momente hin."

Feiern vor den Mitschülern

Arbeit, die sich auszahlt und für die Weiper unter anderem darauf verzichtet, die derzeit anstehenden "Mottowochen" an der IGS Bretzenheim mit den Klassenkameraden zu verbringen. "Natürlich wäre ich gerne dabei, aber ich darf hier sein und als Profi Fußball spielen, besser geht es nicht." Zumal viele seiner Mitschüler am vergangenen Freitag auf der Tribüne dabei waren und, neben seiner Familie, zu den ersten Gratulanten zählten. "Das war cool, denn sie alle haben sich mit mir gefreut." Sie alle konnten sich bei der Gelegenheit von Nelsons Fähigkeiten beim Feiern überzeugen. Denn dies, so Weiper, sei ansonsten "nicht so mein Ding". Ausnahmen in der MEWA ARENA bestätigen diese Regel.