Profis 24.09.2019 - 16:37 Uhr
Wie in den Neunzigern am Bruchweg
Aggressiv geführte, giftige Zweikampf-Trainingseinheit erinnerte den 05-Coach an die Zeiten von Neustädter, Schmidt und Akrapovic
News DetailansichtDie vermeidbare 1:2-Niederlage auf Schalke hat bei den Profis des 1. FSV Mainz 05 offenbar das Gefühl hervorgerufen, dass nun Schluss sein muss mit diesen unnötigen Punktverlusten. Als Reaktion darauf hat sich am Dienstag im Training eine neue, aggressive und interne Kampfeslust breitgemacht. „Das hat mich an frühere Zeiten am Bruchweg erinnert und zwar positiv“, sagte Sandro Schwarz, der die Auseinandersetzungen zwar hin und wieder moderieren musste, aber mit dem Schuss Gift mehr im Training durchaus zufrieden war.
Der 05-Trainer sprach von Zeiten „mit Peter Neustädter, Lars Schmidt und Bruno Akrapovic“, die er selbst als Juniorenspieler hatte beobachten können. Schwarz nannte damit drei kampferprobte 05-Haudegen und Führungsspieler aus den 90er Jahren, die durchaus als Aggressive Leader bezeichnet werden dürfen und die dem Mitspieler auch schon mal an den Kragen wollten, wenn’s nötig war. „Du musst immer aufpassen, dass du nicht überdrehst. In der einen oder anderen Situation war es heute schon heikel und mehrfach einen Tick drüber. Es hat aber auch Spaß gemacht zu sehen, wenn die Spieler so scharf aufeinander losgehen, wenn‘s ums Gewinnen geht. Das brauchen wir“, sagte der 40-Jährige anschließend in der Medienrunde am Bruchweg.
Schwarz: „Schlechter Schiri“
Es war eine höchst intensive Spielform auf ganz engem Feld, in der jeder nicht richtig verteidigte Ball ein Tor war oder zumindest Torgefahr provozierte. Die Folge waren bisweilen harte Fouls „und ein Cheftrainer, der als schlechter Schiri nicht alles abpfiff. Dann schaukelt sich das hoch“, wie Schwarz augenzwinkernd sagte. Die Gemüter erhitzten sich, die Stimmung war auf dem Siedepunkt. „Es war eine geile Intensität“, sagte der 05-Trainer, der auf dem Platz nicht einschritt, nur, als es notwendig wurde, mal ein Machtwort sprach und nach dem Training das Gemüt des einen oder anderen Streithahns kühlen musste. „Alles wieder gut. Einige haben sich schon kurz vor Schluss auf dem Feld wieder vertragen. Du musst den klaren Kopf behalten. Diese Aggressivität tut uns gut, das Laustarke, die verbale Konfrontation.“
Alles Elemente, die das Team brauche. Das habe man nicht zuletzt auf Schalke gesehen. „Das ist ja nichts Strukturelles bei uns, aber 20 Meter vor dem Tor musst du Zug entwickeln, Abschlüsse haben und aufs Tor schießen. Auf der anderen Seite aber auch 20 Meter vor dem eigenen Tor harte Zweikämpfe führen und die Dinge verteidigen.“ Wie beim 1:2, das zwei Minuten vor dem Ende die Niederlage besiegelte. „Das sind unsere Themen im Moment.“
Knapp 550 Tempoläufe
Die 05er wären beim FC Schalke mit dem Punktgewinn zufrieden gewesen, auch wenn aufgrund der zweiten Hälfte mehr drin gewesen wäre. Stattdessen gab’s die Last-Minute-Niederlage durch Amine Harit. „Du brauchst die Intensität, darfst nichts wegschenken, nichts verschlafen“, betonte Schwarz. „Du musst dich besser verhalten. Das hat nichts mit Wachheit zu tun, sondern mit deinem individuellen taktischen und Zweikampfverhalten. Das ist der Punkt. Das war in Freiburg so, jetzt in Gelsenkirchen und in der Entstehung des Freistoßes gegen Gladbach. Da treffen wir die falsche oder die nicht konsequente Entscheidung. Das kostet uns Punkte.“
120 Kilometer Laufleistung haben die 05er in Gelsenkirchen abgespult. 250 Sprints. Insgesamt knapp 550 Tempoläufe. Das sind Spitzenwerte. „Wir brauchen das für uns, müssen an den Anschlag gehen und die Grenzen nach oben schrauben.“ Auffällig dabei auch für den Trainer ist die Diskrepanz zwischen Training und Spiel. „Es ist in der Tat so, dass wir in den Trainingseinheiten bissiger, konsequenter sind. Wir müssen das in den Spielen immer wieder abfordern. Wir haben da zuletzt ordentliche Schritte gemacht, auch auf Schalke. Es ist aber noch keine Verlässlichkeit da, dass wir die Sachen, die wir im Training immer abrufen, auch im Spiel konsequent über 90 Minuten auf den Platz bringen.“ Das nennt man dann Entwicklungsprozess.
Gefehlt haben am Dienstagmorgen Danny Latza (muskuläre Probleme) sowie Alexander Hack, der sich im Training das Knie überstreckt hat.