Verein 07.09.2021 - 19:05 Uhr
WOLFGANG FRANK CAMPUS am Bruchweg
Ein Vordenker des Fußballs: Mainz 05 würdigt Trainer-Legende
Die Heimat des 1. FSV Mainz 05 heißt künftig WOLFGANG FRANK CAMPUS am Bruchweg. Der Fußball-Bundesligist hat am Dienstag, dem achten Todestag seines ehemaligen Trainers, das Areal des Bruchwegstadions mit dem Trainingsgelände der Profis und dem Nachwuchsleistungszentrum neu getauft.
Der Verein würdigt damit die herausragenden Verdienste des Fußballlehrers, der im deutschen Fußball ein Vordenker war und die Raumdeckung mit Viererkette in den deutschen Profifußball brachte. Er prägte Mainz 05 während seiner beiden Vertragszeiten von 1995 bis 1997 und 1998 bis 2000 entscheidend und beeinflusste dabei eine ganze Spielergeneration, aus der sich unter anderem Jürgen Klopp als einer der aktuell renommiertesten deutschen Trainer entwickelte.
"Wolfgang Frank hat Mainz 05 geprägt wie kein anderer Trainer vor ihm. Er hatte die Vision, das Fachwissen und den Mut, unserer im Winter 1995 auf den letzten Tabellenplatz der Zweiten Bundesliga abgestürzten Mannschaft eine neue Idee des Fußballs einzuimpfen – zu einer Zeit, als Viererkette und Pressing im deutschen Fußball fast noch Fremdworte waren. Er war damit einer der Pioniere im deutschen Fußball und führte unser Team als beste Rückrundenmannschaft zum sensationellen Klassenerhalt. Er hat im gesamten Verein darüber hinaus einen neuen Geist etabliert, der später die Grundlage für unseren Weg in die Bundesliga war", sagt Stefan Hofmann, Vereins- und Vorstandsvorsitzender. "Sein Wirken in Mainz ist unvergessen. Ihm zu Ehren nennen wir unser traditionsreiches Gelände um unser Bruchwegstadion nun WOLFGANG FRANK CAMPUS am Bruchweg. Dies ist ein Ort, an dem wir heute wie damals aus wenig viel machen, an dem wir uns trauen groß zu denken, an dem wir alle unsere Kraft in die Entwicklung unseres Fußballs stecken. Wir freuen uns, dass wir diese Idee nun dank der Unterstützung unseres Partners URANO umsetzen können."
Sportvorstand Christian Heidel, der Wolfgang Frank einst als Trainer verpflichtete, sagt: „Wolfgang Frank war ein im positiven Sinne Fußball-Verrückter, er hat den Fußball von frühmorgens bis spätabends gelebt. Er war Vordenker, Antreiber, Motivator, der konsequent seiner Vorstellung von Fußball gefolgt ist und dabei die Gabe besaß, Mannschaft und Umfeld emotional mitzureißen. Er war der Erste in Mainz, der von Bundesliga und einem neuen Stadion gesprochen hat. Er hat viele Menschen und, geprägt, die in Mainz mit ihm zusammengearbeitet haben. Er hat unser Denken über den Fußball verändert und die Vision im Verein verankert, größer zu denken als wir es gewohnt waren. Wolfgang Frank hat mir sehr viel für mein Leben mitgegeben. Er war mein Freund und es tut mir sehr leid, dass ihm als Trainer der Aufstieg von Mainz 05 verwehrt geblieben und er leider viel zu früh von uns gegangen ist. Es ist uns ein daher ein wichtiges Anliegen, dauerhaft an ihn und seine Verdienste für Mainz 05 zu erinnern."
Geboren 1951 im schwäbischen Reichenbach an der Fils, wurde er beim VfB Stuttgart ausgebildet und entwickelte sich dort zum Bundesliga-Spieler. Hier und bei seinen weiteren Stationen Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund und 1. FC Nürnberg schoss der Angreifer in 215 Bundesligaspielen 89 Tore. Frank ließ seine Karriere als Spielertrainer in der Schweiz beim FC Glarus ausklingen. Über drei weitere Schweizer Klubs fand er als Trainer den Weg zurück in den deutschen Fußball, trainierte Rot-Weiß Essen und erreichte das DFB-Pokalfinale. Im September 1995 wurde er Cheftrainer des 1. FSV Mainz 05. Mit im geistigen Gepäck: die Lehren des italienischen Startrainers Arrigo Sacchi und die Schweizer Prägung der Raumdeckung.
Als Tabellenletzter der Zweiten Bundesliga entschloss sich Frank in der Winterpause der Saison 1995/96 zu einer spektakulären Maßnahme: Er stellte seine Mannschaft taktisch auf die im deutschen Profifußball bis dahin noch verschmähte Viererkette um – mit durchschlagendem Erfolg. Als bestes Rückrundenteam der Liga schafften die 05ER noch den Klassenerhalt mit drei Siegen im Saisonfinale gegen die künftigen Bundesliga-Aufsteiger. Später, 1998, nachdem Manager Christian Heidel den Trainer in einer Nacht- und Nebelaktion von Austria Wien zurück nach Mainz gelotst hatte, gelang ihm noch einmal eine umjubelte Rettung der Mannschaft vor dem Abstieg.
Zu Wolfgang Franks Wesen gehörten damals allerdings auch große Emotionalität und beinahe quälende Ungeduld. Anfang März 1997, mit dem Team nur zwei Zähler hinter einem Aufstiegsrang liegend, trat er völlig überraschend als Trainer zurück. Er verspüre zu wenig Unterstützung für seine Ideen, die Entwicklung im Verein drohe einzuschlafen, gab er zu Protokoll. Am Ende seiner zweiten Amtszeit und nach 114 Pflichtspielen in Mainz hatten sich Trainer und Verein nach einer höchst intensiven und aufreibenden Zeit dann einfach auseinandergelebt.
Später bezeichnete Frank seinen vorzeitigen Abschied aus Mainz 1997 als einen seiner größten Fehler. Der Aufstieg in die Bundesliga, den er mit aller Macht anstrebte, blieb dem rastlosen Trainer selbst verwehrt. Auch bei keiner seiner weiteren neun Trainerstationen nach dem endgültigen Abschied aus Mainz blieb er zwei Spielzeiten am Stück.
Wahrscheinlich passte es einfach nie mehr so gut wie in Mainz. Dort hat man ihn in bester Erinnerung behalten. Eine Erinnerung an die Zeit, in der Wolfgang Frank die Mainzer zu Fußballfans machte, die Zeit der Fan-Sonderzüge, der dramatischen Überlebenskämpfe und des aufkeimenden Wir-Gefühls eines Vereins und seiner Stadt.
Wolfgang Frank verstarb am 7. September 2013 nach schwerer Krankheit in Mainz, im Alter von nur 62 Jahren.