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Profis 26.07.2014 - 09:10 Uhr

Alles eine Frage der Balance

05-Trainer Kasper Hjulmand ist kein Freund der starren Systeme, aber der optimalen Positionierung

Beobachtet sein Team genau: Kasper Hjulmand

Nicht nur das Wetter ist sonnig in Birmingham, auch die Laune des Trainers. Kasper Hjulmand lacht viel, als er das Fazit des Sommertrainingslagers 2014 seiner Mannschaft zieht. Alles in allem ist der Däne sehr zufrieden – nicht nur den Trainingsbedingungen im St. George’s Park, sondern vor allem mit der sportlichen Leistung seines Teams in den vergangenen vier Wochen. Und der emotionalen: „Wir sind eine Einheit – das gibt mir ein gutes Gefühl.“

Wer in den vergangenen vier Wochen die Trainingseinheiten der 05er verfolgt hat, der hat sie schnell erkannt, die Handschrift Kasper Hjulmands: „Natürlich sind Druck und Aggressivität im Pressing auf dem Platz absolut wichtig. Das Anlauf- und Zweikampfverhalten ist die Grundbasis des Spiels und jeder taktischen Ausrichtung, und natürlich ist auch das nach wie vor wichtiger Inhalt im Training. Diese Basis ist hier in dieser Mannschaft aber schon gelegt. Wir haben in den vergangenen Wochen mehr Wert auf Positionsverständnis und die Schnelligkeit im eigenen Spiel gelegt. Die ersten Früchte dessen haben wir schon beim Spiel gegen Besiktas Istanbul ernten können“, freut sich Hjulmand, der seiner Mannschaft außerordentlichen Lernwillen und Ehrgeiz bescheinigt. Frühes Anlaufen und gezieltes Umschalten sind weitgehend verinnerlicht, nun wird an den Feinheiten gefeilt.

Die Balance, sie muss stimmen für den dänischen Fußballlehrer. Es müsse ein Gleichgewicht geben zwischen schnellem Umschaltspiel und Ballkontrolle. In starren Spielsystemen oder Prozentzahlen in der Statistik lasse sich diese Balance nur schwer einfangen. „Alles in entweder defensiv stehen und schnell umschalten oder offensiv mit viel Ballbesitz aufzuteilen, ist mir persönlich zu einfach. Die Entscheidung muss schnell und situativ getroffen werden: ist vorne Platz, soll man den Ball auch auf Angriff spielen. Ist vorne kein Platz, geht der Ball zurück. Wenn der Gegner wie heute im Testspiel Burton Albion hinten sehr kompakt steht, muss man den Balllaufen lassen, um die Defensive des Gegners aus der Balance zu bringen“, so Hjulmand. Dies sei nach Meinung des Trainers inbesondere für kleine Vereine in der Bundesliga wie Mainz 05 wichtig. „Wir können die Gegner nicht allein durch schiere individuelle Qualität beeindrucken – wir müssen uns auf dem Platz situativ immer wieder neu ausrichten, um den Gegner zu überraschen und uns ihm entsprechend entgegenzustellen.“

Essentiell dafür ist auch die maximale Flexibilität im Spielsystem „Grundsätzlich bin ich kein Fan von starren Systemen – diese sieht man ohnehin immer nur beim Anstoß. In der Vorwärtsbewegung wird das 4-2-3-1 zum 3-5-2, und in der Defensive wieder anders. Es kommt auch hier auf die Balance an – jede Spielsituation erfordert eine andere Positionierung der Spieler auf dem Platz“, sagt Hjulmand. Sein Ziel: Die Spieler müssen auf dem Platz das Spiel lesen und daraus direkt den nächsten Schritt vorhersehen - am besten im Kollektiv. „Das ist unser Ziel – und da haben wir auch schon viele Fortschritte gemacht, wie man in den vergangenen Testspielen gesehen hat. Gegen Besiktas beispielsweise sind wir viel häufiger mit guten Kombinationen ins letzte Drittel des Feldes gekommen als noch im Test gegen Kaiserslautern“, so Hjulmand.  

Doch genau auf den letzten Metern vor dem Tor sieht der Trainer noch das größte Verbesserungspotential. „Es gibt immer Möglichkeiten, sich zu verbessern, und wir sind auch noch in einer sehr frühen Phase im Aufbau dieser Mannschaft“, sagt Hjulmand, „im Bereich Torgefahr haben wir noch Arbeit vor uns. Aber das ist auch sehr natürlich, besonders wenn Spieler wie Shinji Okazaki oder Ja-Cheol Koo gerade erst von der WM in unser Training zurückgekommen sind und sich auch erst einmal wieder hineinspielen müssen. Wenn die Pässe im letzten Drittel besser sitzen, können wir uns mehr Torchancen erarbeiten und diese dann hoffentlich auch verwerten.“

Die Chancen stehen gut – auch wenn der Kader noch nicht voll im Saft steht. Hjulmand: „Einige Spieler konnten die Vorbereitung nicht komplett absolvieren. Da wir aber keine schweren Verletzungen zu beklagen haben und auf allen Positionen eine gesunde Konkurrenzsituation herrscht, ist die Ausgangssituation gut für uns. Zwar sind wir physisch, taktisch oder technisch noch nicht bei 100 %, aber wir sind bereit für das Europa-League-Spiel kommende Woche.“